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Mittsommersehnsucht

Mittsommersehnsucht

Titel: Mittsommersehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
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können.« Als Kirstin zögerte, wiederholte er drängend: »Schnell, sonst erkältet sich Andrea noch.«
    Die Kleine lief los, und Haakon blieb nichts anderes übrig, als sich neben die Verletzte zu hocken und auf Hilfe zu warten.
    Etwas mehr als eine Viertelstunde verging, dann durchdrang die Sirene des Krankenwagens die Stille. Fast gleichzeitig trafen Johan Ecklund und Birgit ein. Da Andrea mit seinem Wagen unterwegs gewesen war, hatte der alte Arzt einen Nachbarn gebeten, ihn schnell hinüber nach Kabelvåg zu bringen.
    Noch vor dem Notarzt kniete sich Johan neben Andrea. Er kontrollierte ihren Puls, der flach und kaum zu ertasten war.
    »Hei, Johan, lass mich mal. Ich hab alles Notwendige dabei.« Der Notarzt aus Svolvær übernahm die Erstversorgung der angeschossenen Kollegin. »Wie konnte das denn passieren?«, fragte er, während er eine Infusion legte. Dann untersuchte er die Platzwunde am Hinterkopf, aus der aber nur wenig Blut austrat. Fürs Erste legte er nur eine Kompresse darüber. Danach schnitt er Andreas Kleidung auf, damit er die Verletzung am Brustkorb genauer inspizieren konnte.
    »Und wie sieht es aus? Ist sie schwer verletzt?« Johan Ecklund beugte sich erneut über Andrea.
    Der blonde Notarzt schüttelte den Kopf. »Sieh mal … das ist wie ein Wunder.« Er wies auf ein Amulett, das auf Andreas Brust lag. Es zeigte zwei Rentiere, die sich gegenüberstanden. »Das Ding hat ihr das Leben gerettet. Hier …« Er zeigte auf das Einschussloch am Rippenbogen. »Vier Zentimeter weiter, und die Kugel hätte das Herz getroffen. So ist sie an dem Amulett abgeprallt.«
    »Das ist aus einem Stück Walzahn gemacht …« Johan fuhr sich über das Gesicht. »Ein Kunstwerk, wie es nur die Samen herstellen. Wie kommt sie nur an so was?«
    Der Notarzt zuckte nur mit den Schultern. »Der Streifschuss an der Stirn ist nicht schwerwiegend, glaube ich. Und die Verletzung an den Rippen auf den ersten Blick auch nicht. Wir werden sie versorgen und zur Beobachtung dabehalten. Nicht, dass sie doch noch Blutungen unter der Schädeldecke hat, schließlich ist sie auf einen Stein geprallt. Im schlimmsten Fall steckt auch noch die Kugel im Kopf.«
    »Ihr solltet unbedingt eine Röntgenaufnahme machen.«
    »Natürlich.«
    »Sie hatte Glück.« Johans Blick blieb noch eine Weile an dem Amulett haften. Dann ging er hinüber zu Birgit. »Andrea wird es schaffen. Sie hatte einen ganz besonderen Talisman, der hat sie gerettet.« Er erzählte Birgit, was er gesehen hatte.
    »Das war die Sippe von Kim«, murmelte sie vor sich hin.
    »Was meinst du?«
    »Nichts Wichtiges, schauen wir zu, dass wir zurückkommen. Die Sache mit dem Amulett erzähle ich dir auf dem Heimweg.«
    »Ich gehe nur noch kurz zu Haakon.«
    Birgit nickte. Sie sah zu, wie Andrea ohne weitere Verzögerung in den Krankenwagen gehoben wurde.
    Der Notarzt sprang mit einem Satz in das gelbe Fahrzeug, ein junger Sanitäter folgte. Gemeinsam würden sie Andrea während der Fahrt in die Klinik optimal versorgen.
    Johan Ecklund ging indessen zu Haakon, der sich mit dem Nachbarn des Arztes unterhielt. Die beiden lehnten am Wagen und rauchten.
    »Wie ist das passiert? Hast du eine Ahnung, Haakon?«
    »Nicht die geringste. Andrea war hier, um nach Kirstin zu sehen und bei mir die Fäden zu ziehen. Sie wollte noch kurz zu Evelyn, glaube ich.« Er wies auf die offenstehende Haustür der Malerin.
    Johan ging ein paar Schritte auf das Haus zu. »Komisch …«, murmelte er dabei.
    »Was meinst du?« Haakon folgte ihm und war noch vor ihm an der Tür.
    »Evelyn scheint nicht da zu sein. Aber die Tür ist offen. Im Atelier brennt Licht.«
    Haakon ging schneller. »Sie muss den Lärm doch gehört haben. Und ihr Wagen steht auch auf seinem Platz.« Er wies zur linken Seite des Hauses.
    »Evelyn!« Johan Ecklund stieß die Tür zum Wohnraum auf – keine Antwort. »Hei, Evelyn, wo steckst du?«
    Haakon rannte zum Atelier. »O nein …« Er taumelte und musste sich am Türrahmen festhalten. »Johan! Hierher!«
    Der alte Arzt war Sekunden später neben ihm. »Das ist doch … sie auch …« Er beugte sich über die leblose Gestalt und tastete nach der Halsschlagader. »Kein Puls.« Mühsam richtete er sich auf. »Nichts anfassen, Haakon. Ich hole die Polizisten.«
    Der Bildhauer war wie paralysiert. Mit versteinerter Miene sah er sich um.
    Auf dem Boden waren verstreut ein paar Bilderrahmen zu erkennen. Sie waren zerbrochen, so wie die Staffelei, die umgestürzt war. Die Leinwand des

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