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Mittsommersehnsucht

Mittsommersehnsucht

Titel: Mittsommersehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
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Schwestern‹!« Einer der Reiseleiter, ein schmaler Engländer mit blassem Teint und einer runden Brille auf der spitzen Nase, zeigte zu den sieben Wasserfällen hin. »Nicht zu verwechseln mit der Bergkette, die den gleichen Namen trägt. Doch dahin kommen wir erst in einigen Tagen.«
    So wie alle Touristen schaute Andrea fasziniert zu den Wasserfällen hinüber, die sich tosend ins Meer ergossen.
    Eine Bewegung dicht neben ihr ließ sie aufmerken. Zu ihren Füßen lag ein Stück Holz – ein kleiner, grob geschnitzter Troll. Auf seinem runden Bauch war ein Äskulapstab eingeritzt.
    Andrea runzelte die Stirn. Was sollte das? Eine Anspielung? Zufall? Niemand hier an Bord wusste, dass sie Ärztin war.
    Als sie nach Ole Ausschau hielt, war von dem alten Mann nichts mehr zu sehen.

6
    W as weißt du von dieser blonden Deutschen? Andrea heißt sie.« Carina schmiegte sich an Knut und streichelte sanft sein Knie in der dunkelblauen Wollhose.
    »Nichts, im Grunde genommen. Warum fragst du?«
    »Sie scheint nett zu sein. Aber traurig.«
    Knut zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Bengt hat sie aufs Schiff gebracht und eindringlich darum gebeten, sie mitzunehmen. Mehr weiß ich nicht.«
    »Bengt. Aha!«
    Der junge Offizier richtete sich auf. Sein Dienst war beendet, er hatte sich mit Carina auf dem oberen Deck getroffen. Zwei der hölzernen Deckstühle, die er viel lieber mochte als die hellen, pflegeleichten Liegen, die inzwischen auch auf den Postschiffen üblich waren, standen im Windschatten unter den verglasten Panoramasalons. Knut hatte zwei Decken aus seiner Kabine mitgebracht, eine Flasche Sekt und Gläser.
    Hier, wo die Passagiere keinen Zutritt hatten, konnte er hoffen, mit Carina ungestört zu sein. In der Bar herrschte noch reger Betrieb, doch viele Passagiere waren auch schon in ihre Kabinen gegangen. Der Tag, den sie in Ålesund verbracht hatten, war anstrengend gewesen. Es gab in der Hafenstadt, die weit ins Meer hinausragte, unendlich viel zu sehen. Bei einem tragischen Brand im Jahr 1904 war ein Großteil der Gebäude vernichtet worden. Danach hatte man Ålesund im reinen Jugendstil wieder aufgebaut. Bis heute waren die meisten der alten Häuser so erhalten geblieben und bildeten eine der Attraktionen der Stadt. Zusammengedrängt auf vielen Inseln standen die zwei- oder dreistöckigen Häuser, die vielfach in sattem Dunkelrot oder Ockergelb leuchteten.
    »Dein Onkel Bengt … manchmal ist er mir unheimlich«, gestand Carina und trank einen Schluck Sekt. »Wenn er mich ansieht, hab ich das Gefühl, dass er mir bis in die Tiefe der Seele schaut. Könnte ich das in meinem Job auch, dann wäre alles ziemlich einfach.« Carina war Kriminalbeamtin und hatte es trotz ihrer Jugend auf der Karriereleiter schon ziemlich weit nach oben geschafft.
    Knut lächelte und nickte. »Ja, Bengt ist ein besonderer Mensch. Herzensgut und …« Er zögerte, dann fügte er hinzu: »Meine Mutter hat behauptet, er hätte ganz besondere Gaben. Aber das ist natürlich Unsinn. Mittsommer-Märchen kannst du es auch nennen.« Er küsste sie. »Bengt selbst erzählt gern, dass einer seiner Vorfahren Rollo der Wikinger gewesen sei. Von ihm sagt man, dass er einst das Herzogtum Normandie gegründet hat.«
    »Wie bedeutsam«, spöttelte Carina.
    »Ist es – wenn es denn wahr ist.« Knut zwinkerte ihr zu. »Du weißt vielleicht nicht, dass er Stammvater von Wilhelm dem Eroberer und dem britischen Königshaus ist. Wenn das stimmt, wäre die englische Queen mit meinem Onkel Bengt verwandt.«
    »Das ist eine herrliche Geschichte.« Carina lachte. »Ab sofort werde ich Bengt mit noch größerer Achtung begegnen.« Sie trank noch einen Schluck, drehte ihr Glas in der Hand und sah hinaus in das helle Blau dieser besonderen Nacht. Wie Spinnweben schoben sich die Wolken über den Himmel, der auch jetzt noch, da der neue Tag gerade begonnen hatte, von einer weißen Sonne erhellt wurde. »Ich weiß nicht, ob dein Onkel nicht wirklich etwas Besonderes an sich hat«, sagte sie, nun ganz ernsthaft.
    Knut küsste sie. »Vergiss Bengt«, murmelte er dicht an ihren Lippen. »Wir haben Besseres zu tun.«
    »Hier?«
    »Warum nicht?« Knut schob seine Hände unter ihren Anorak, tastete sich weiter vor unter den Pulli.
    »Igitt, du hast ja Eisfinger!« Carina schob ihn lachend von sich. »An einer Abkühlung war ich nun gar nicht interessiert.«
    »Dann komm mit.« Er zog sie hoch.
    »Wohin?«
    Knut grinste jungenhaft. »Lass uns was Verbotenes

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