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Mittsommersehnsucht

Mittsommersehnsucht

Titel: Mittsommersehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
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Andrea schob die hellgelbe Bettdecke zurück und schwang die Beine aus dem Bett. In vielen langen Nächten, in denen sie in der Klinik Dienst gemacht hatte, hatte sie gelernt, gleich hellwach zu sein, wenn man sie rief. Sie trug nur ein knielanges Sleep-Shirt mit einem albernen Herz auf dem Bauch, doch das kümmerte sie nicht. Als sie es kaufte, hatte sie das Shirt witzig gefunden und sich vorgestellt, dass Jonas und sie erst über das kitschige Herz lachen würden, anschließend würde er es ihr ausziehen. Und dann …
    »Was ist passiert?« Der Weg zur Tür war etwas mühevoll, da das Schiff schwankte. Es herrschte starker Seegang, doch davon hatte sie bislang nichts mitbekommen.
    Knut, der Erste Offizier, lächelte entschuldigend. »Nicht böse sein, aber du verschläfst einen der Höhepunkte der Reise. In einer knappen halben Stunde sind wir am Geiranger-Fjord. Und den solltest du unbedingt sehen.«
    »Natürlich! Danke, dass du mich geweckt hast.« Andrea fuhr sich kurz durch das Haar. »In fünf Minuten bin ich an Deck.«
    Knut lächelte. »Ich muss auf die Brücke, habe Dienst bei diesem Sturm. Aber ich wollte dich persönlich wecken. Und – keine Sorge, bei Windstärke sieben passiert gar nichts. Da liegt das Schiff ganz ruhig.« Er tippte sich kurz an die Mütze, dann war er schon fort.
    Na, ruhig ist anders, dachte Andrea, während sie sich anzog und dabei zweimal fast umgefallen wäre. So etwas kann auch nur ein Seemann behaupten. Die Stabilisatoren waren zwar nützlich, doch ganz konnten auch sie die Wellen bei der stürmischen See nicht ausgleichen.
    So wie etliche andere Passagiere hielt sich Andrea an den hellen Handläufen fest, die entlang der Gänge angebracht waren. Eine junge Frau versuchte im Gehen ihre Wetterjacke anzuziehen, doch sie stolperte und wäre gefallen, wenn Andrea sie nicht festgehalten hätte.
    »Danke.«
    »Du solltest dir noch die Schuhe richtig zubinden.« Andrea wies auf den rechten Turnschuh der Fremden.
    »Ach, du liebe Güte … ich komme mal wieder zu spät. Knut wird sauer sein.« Sie bückte sich, dabei fiel der dicke blonde Pferdeschwanz über ihre rechte Schulter. »Knut ist der Erste Offizier – und mein Freund.« Sie richtete sich auf und schob eine Haarsträhne hinters Ohr.
    »Er ist sehr nett. Er hat mich geweckt, sonst hätte ich glatt verschlafen.«
    »Ach so …« Der Zopf wurde schwungvoll wieder auf den Rücken befördert. Die Freundlichkeit war aus den Augen der jungen Norwegerin verschwunden. Ganz deutlich war ihre Eifersucht spürbar.
    Andrea lächelte. »Wir haben uns durch einen Taxifahrer kennengelernt, der mich im letzten Moment aufs Schiff gebracht hatte.«
    »Dann weiß ich, wer du bist. Hei, ich bin Carina.« Die Kühle aus ihren Augen war sofort wieder weg. »Komm mit, ich weiß einen windgeschützten Platz.« Unbekümmert nahm sie Andrea beim Arm und zog sie mit sich.
    Als das Schiff in den Stor-Fjord einlief, wurde das Wetter zum Glück besser, die See beruhigte sich. Andrea wusste, dass der weltberühmte Geiranger-Fjord eine Fortsetzung des großen Stor-Fjords war. Auch, dass er seit einigen Jahren zum UNESCO -Weltnaturerbe gehörte, hatte sie gelesen. Voller Spannung schaute sie, so wie die meisten der Mitreisenden, hinauf zu den steil aufragenden Felswänden rechts und links. Auf den höchsten Bergspitzen glitzerten noch weiße Schneekuppen. Unzählige Gebirgsbäche stürzten als schäumende Wasserfälle in die Tiefe. Langsam nur schob sich das Schiff, das in den Nationalfarben Norwegens gestrichen war, durch das tiefdunkle Wasser des Fjords. Der dunkelblaue Kiel hob sich kaum von der Farbe des Wassers ab.
    Zwischen den hohen Berghängen schimmerten in sanftem Grün Hochalmen, wie man sie aus den Alpen kannte. Ein paar vereinzelte Holzhäuser klebten an den Hängen, es war kaum vorstellbar, dass sie bewohnt waren.
    Andrea war fasziniert wie selten zuvor. Sie konnte kaum den Blick abwenden. So wie sie waren die meisten der Reisenden beeindruckt von dieser überwältigenden Landschaft, die das Wasser vor zweieinhalb Millionen Jahren geschaffen hatte. Sogar Carina, die eine Weile munter von sich, Knut und ihren Zukunftsplänen erzählt hatte, wurde stiller und stiller angesichts der Schönheit der Natur.
    Erst als sie den Rückweg antraten, schaute sich Andrea um und bemerkte Ole, der, unbeeindruckt von der imposanten Fjordlandschaft, auf einer schmalen Bank im Schatten saß und an einem Stück Holz schnitzte.
    »Da sind die ›Sieben

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