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Mittsommersehnsucht

Mittsommersehnsucht

Titel: Mittsommersehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
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man mir schon eine gute Position angeboten. Aber es ist auch eine Stellung auf den Lofoten frei, die auch reizvoll ist. Obwohl …« Sie zögerte, dann gestand sie: »Ich mag es nicht, dass es im Winter so lange dunkel ist. Man muss hier im hohen Norden geboren sein, um das zu ertragen. Viele meiner Landsleute tun sich schwer damit.«
    »Woher kommst du denn?«, fragte Andrea.
    »Ich stamme aus Narvik, habe aber lange in Oslo gewohnt und dort auch meine Ausbildung gemacht. Aber seit drei Jahren bin ich wieder hier im Norden. Da kenne ich wenigstens ein paar Leute. Und in der Stadt ist es ja doch recht hell«, fügte sie lächelnd hinzu.
    Andrea sah sie interessiert an. »Du hast noch gar nicht erzählt, was du machst.«
    »Ich bin bei der Polizei. Genauer gesagt beim Morddezernat.«
    »Eine Kriminalbeamtin! Das hätte ich nicht gedacht.«
    Carina grinste. »Es ist oft von Vorteil, dass man mir das nicht zutraut. Man nimmt mich nicht ernst, weil ich noch so jung bin. Aber frag mal ein paar der schweren Jungs, wie verbissen ich mich in einen Fall reinknien kann.«
    »Das glaube ich dir unbesehen.«
    Carina schlug die Decke zurück und stand auf, da das Schiff langsam in den Hafen einlief. Sie stellte sich an die Reling, sah Andrea aber weiterhin an. »Weißt du, dieser alte Mann mit dem kranken Samenmädchen … irgendwie kommt der mir auch bekannt vor. Ich glaube fast, dass ich sein Bild vor einiger Zeit auf alten Fahndungsfotos gesehen habe. Na ja, ich hab Urlaub, und wahrscheinlich ist es auch nur Einbildung.«
    »Ole ist bestimmt nicht kriminell. Er kümmert sich so rührend um Kim und wirkt total aufrichtig. Ich glaube nicht, dass er ein Verbrechen begangen hat.«
    »Sicher hast du recht.« Carina lachte schon wieder übermütig. »Du fährst doch bestimmt mit den anderen Touristen zum Nordkap. Soll ich mitkommen?«
    »Gern. Ich kann Gesellschaft brauchen.«
    »Dann los, beginnen wir mit dem Touristenprogramm.« Carina zog Andrea die Decke fort. »Du wirst dich wundern, wie viele Busse hoch zum Plateau fahren, auf dem die Weltkugel angebracht ist. Und es gibt Rentiere zu sehen, die du auch streicheln kannst, wenn du willst.« Sie kicherte. »Auch hier oben weiß man, wie man den Besuchern das Geld aus der Tasche ziehen kann.«
    »Ich dachte, die Rentiere sind jetzt alle auf einer Sommerweide draußen auf einer Insel. Das hab ich jedenfalls gelesen.«
    »Ja, mehr als viertausend Tiere werden jedes Jahr nach Magerøya gebracht. Früher mussten sie schwimmen, heute bringen Armeeboote sie rüber. Das ist immer ein besonderes Ereignis. Aber als Touristen-Attraktion gibt es auf dem Weg zum Nordkap zwei, drei Samenfamilien, die mit einem Dutzend Tiere dort bleiben. Sie zeigen ihre Hütten und verkaufen Souvenirs. Es ist ein bisschen wie Disneyland im hohen Norden.«
    Andrea lachte. »Ich freu mich trotzdem drauf, das alles zu sehen. Aber bevor ich von Bord gehe, muss ich noch mal in meine Kabine und festere Schuhe anziehen. Wo treffen wir uns?«
    »Draußen an der Gangway. Ich warte auf dich.«
    Zehn Minuten zuvor war das Wetter noch sehr angenehm gewesen. Als Andrea nun das Schiff verließ, kam Wind auf und trieb kleine Dunstwolken wie Schleier vor sich her. Eine starke Bö riss ihr fast den Schal, den sie nur locker umgelegt hatte, vom Hals. Im letzten Moment gelang es ihr, ihn festzuhalten und zusammenzuknoten.
    Auf dem Pier standen die meisten der Passagiere bereits in kleinen Gruppen zusammen, drei große Reisebusse parkten nur fünfzig Meter entfernt. Mit ihnen würden sie über die Nordkapstraße hinauf zum Plateau fahren, wo nicht nur die gigantische Weltkugel stand, sondern wo sich auch die große, in den Felsen geschlagene Nordkap-Halle befand. Der Reiseleiter hatte gestern erklärt, hier gäbe es Andenkenläden, eine Poststation und einen Raum mit interessanten Video-Vorführungen. Sogar eine ökumenische Kapelle hatte man hier, am Ende der Welt, eingerichtet.
    Der wärmende Burberry-Schal war festgeknotet, und Andrea ging die ersten Schritte über die Gangway. Da bemerkte sie Kim und Ole, die hinter einem Schuppen hervorkamen und ihr zuwinkten. Kim hopste vergnügt auf einem Bein über die Steine, und Andrea wollte schon warnend rufen, sie möge vorsichtiger sein, als die beiden auch schon wieder verschwunden waren. Es war, als hätten die feinen Nebelschleier, die sich immer enger um den Schuppen zusammenschoben, sie verschluckt.
    »War das nicht Kim dort hinten?« Sie stellte sich zu Carina und wies in

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