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Mittsommersehnsucht

Mittsommersehnsucht

Titel: Mittsommersehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
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hatte Andrea versprochen, zumindest noch eine Woche in Norwegen zu bleiben und mit Carina deren Urlaubstage zu verbringen.
    Als sie endlich in ihrem Zimmer war, sank sie stöhnend aufs Bett. »Das waren zwei Mojito zu viel«, murmelte sie und tastete nach ihrer Handtasche, die sie auf den kleinen Nachttisch gestellt hatte. Vorsorglich wollte sie vor dem Einschlafen ein Aspirin nehmen – es konnte nicht schaden, dem Kater, den sie morgen sicher hatte, vorzubeugen.
    »Mist!« Die Handtasche fiel zu Boden, und der Inhalt verstreute sich über den hellgrauen Teppichboden des Hotelzimmers. Es dauerte, bis Andrea alles wieder eingeräumt hatte. Irgendwie drehte sich der Raum. Oder … drehte sie sich?
    »Nie wieder Mojito«, nahm sie sich vor und stopfte als Letztes die Puderdose und eine kleine Packung Papiertaschentücher in die Tasche zurück.
    Erst als sie wieder auf dem Bett lag, zuckte sie zusammen: Der kleine Troll, den sie seit Wochen mit sich führte, war verschwunden. Aber bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, fielen ihr auch schon die Augen zu.
    »Nie wieder Mojito.« Mit einem Seufzer richtete sich Andrea auf. Ihr Blick fiel auf das Kleiderbündel neben dem Bett. Die Handtasche lag ebenfalls auf der Erde. »Mein Troll!« Mit einem Ruck setzte sie sich auf und begann erneut nach der kleinen Figur zu suchen.
    Aber auch jetzt, da sie wieder nüchtern war, blieb die Holzfigur verschwunden.
    Beim Frühstück trafen sich Carina und Andrea wieder. Die junge Kommissarin war bester Laune. »Na, gut geschlafen?«
    »Wie eine Tote. Die haben allerdings keinen Kater mehr.«
    Carina lachte. »Sag so etwas nicht in meiner Gegenwart.«
    »Na ja, in meinem Beruf sehe ich auch oft Leichen.«
    »Stimmt auch wieder.« Mit Genuss biss Carina in ein Croissant. »Was machen wir heute?« Unternehmungslustig sah sie Andrea an. »Warst du schon mal auf dem Ulriken?«
    »Ja.«
    »Dann fahren wir eben mit der Drahtseilbahn auf den Fløien. Ich war noch nie oben. So viel Zeit hab ich mir nie genommen. Meist bin ich ja nur schnell aufs Schiff zu Knut.« Ein verliebtes Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Man hat sicher einen tollen Blick über die Stadt, die Hügel ringsum und den Fjord.«
    »Einverstanden. Aber erst mal brauche ich noch einen Kaffee.« Andrea trank die dritte Tasse, und langsam kehrten die vom Mojito verschütteten Lebensgeister zurück. »Wann siehst du Knut wieder?«
    »Erst in einer Woche. Ich hab ja Urlaub und fahre hoch nach Tromsø. Ein Teil meiner Möbel kann bei ihm untergestellt werden, bis ich weiß, wo ich auf den Lofoten wohnen werde.«
    »Frag doch mal Evelyn. Sie kennt sicher viele Leute.«
    »Ich warte erst den genauen Einsatzort ab. Und jetzt will ich nicht mehr vom Job reden, sondern mit dir die Stadt erkunden.«
    Sie verbrachten einen herrlichen Tag in Bergen, und es war wie ein kleines Wunder, dass ununterbrochen die Sonne schien und sich die Hafenstadt, die sich so gern »das Tor zum Norden« nannte, von ihrer schönsten Seite zeigte.
    Die beiden schlenderten von der Domkirche aus hinüber zum Fischmarkt, wo sie sich fangfrische Krabben schmecken ließen. Auf der anderen Hafenseite standen, glänzend im Sonnenlicht, die alten, gelb, braun und rostrot bemalten Holzhäuser der Bryggen.
    »Das alles haben einst die Deutschen aufgebaut«, erzählte Carina.
    »Ich weiß. Es war die ›Deutsche Brücke in Bergen‹. Man nannte die Häuser so, weil sie zum Ent- und Beladen der Schiffe direkt an den Hafen gebaut wurden. Jonas hat mir mal ein altes Buch zu lesen gegeben, darin stand unter anderem, dass die Gesellen der damaligen Handwerker einen besonders brutalen Härtetest bestehen mussten. Er erinnert mich ein bisschen an die Äquatortaufe der Seeleute. Die Jungen wurden mit einem Tau unter dem Schiff durchgezogen, von älteren Gesellen verprügelt oder im Rauchspiel über qualmendem Feuer aufgehängt und regelrecht geräuchert. Es hat eine Weile gedauert, bis die Dänen im 17. Jahrhundert dieses Treiben verboten.«
    »Meine Güte, bist du klug. Das alles hab ich nicht gewusst.«
    »Angelesenes Wissen.« Andrea lachte. »Ich musste ja oft die Wartezeit am Flughafen überbrücken.«
    »Komm, wir gehen mal rüber. Danach zeige ich dir was, das du nicht kennst.«
    »Und das wäre?«
    »Ein ganz besonderes Schiff. Ich habe heute in der Zeitung gelesen, dass die alte Lofoten im Hafen liegt. Das ist noch ein Hurtigruten-Schiff der alten Generation. Sie fährt als Nostalgie-Schiff nur noch zu besonderen

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