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Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Grabmal aufgestiegen. Wir wissen,dass es dort eine Bronzeplatte gab. Und jetzt sehen Sie sich das an.»
    Huw nahm eine Broschüre mit viel kleinerer Schrift und seine Lesebrille zur Hand.
    «Diese Beschreibung der Geschichte des Grabmals stammt aus dem Jahr 1930 und berichtet davon, dass es im neunzehnten Jahrhundert schon einmal zu Restaurierungszwecken auseinandergenommen wurde. Hier wird ein Mann namens Havergal zitiert, ein Archäologe oder Antiquar, der in seinem Buch
Historische Inschriften
, das 1880 erschien, schreibt   … Können Sie das lesen?»
    Merrily hob die Broschüre ins Licht. Ein Abschnitt war mit Bleistift markiert.
     
    Dieses Grab wurde vor etwa vierzig Jahren geöffnet. Ich verfüge über einen Bericht von einem der Beteiligten, den zu veröffentlichen jedoch unbesonnen wäre.
     
    Huws Gesicht verzog sich zu einem grimmigen Strahlen. «Und? Wie finden Sie das?»
    «Was meint er mit ‹unbesonnen›?»
    «Tja, was glauben Sie? Ich würde sagen, dass die Person, die diesen Bericht geschrieben hat, eine Heidenangst hatte.»
    «Wegen dem, was sie in dem Grab gefunden haben?»
    «Genau.»
    «Aber die Gebeine waren doch schon weg, oder?»
    «Die Leute fürchten sich doch nicht vor ein paar Knochen. Damals jedenfalls nicht.»
    «Also gehen Sie von einer   … übernatürlichen Erfahrung aus?»
    «Der
Invasor
», sagte Huw. «Nehmen wir an, es war eine Erscheinung des
Invasors
in all seiner finsteren Herrlichkeit.»
    «Oh, bitte   …» Merrily erschauerte. «Abgesehen davon istdieses Mal ja nichts passiert, als sie den Schrein geöffnet haben, oder?»
    «Nein. Und warum nicht?»
    «Woher soll ich das   … Oh, Huw   … Dobbs!»
    «Und später hat er angefangen, vor und nach seinen Besuchen in der Kathedrale, in die er um jede Tages- und Nachtzeit und bei jedem Wetter ging, laut zu beten»
, hatte Edna Rees gesagt.
«Ich habe ihn um zwei oder drei Uhr morgens die Straße entlanggehen hören. Auf dem Weg in die Kathedrale oder auf dem Rückweg – manchmal ist er beinahe gerannt, fast als wäre er besessen.»
    «Dobbs hat dieses Ding exorziert?»
    Huw zuckte mit den Schultern. «Hat es festgesetzt, glaubt er – so wie dieser Kanonikus aus dem dreizehnten Jahrhundert mit Hilfe St.   Thomas Cantilupes, in dessen Fußstapfen
unser
Thomas so eifrig getreten ist. Bis ihn der Schlag getroffen hat.»
    Merrily erinnerte sich an die Atmosphäre in der Kathedrale, die gewirkt hatte, als wäre sie elektrisch aufgeladen, und daran, dass Dobbs angeblich Latein gesprochen hatte. Zu Thomas Cantilupe?
    «Dobbs hat versucht, dem Beispiel seines Vorbildes zu folgen», sagte Huw. «Hat seine Ansichten für sich behalten, jegliche Versuchung abgewehrt   … alle Frauen aus seinem Leben gedrängt. Das ergibt jetzt alles langsam einen Sinn, oder, junge Frau?»
    Das Sirren der Lampe war inzwischen beinahe unerträglich. Merrily befürchtete, die Glühbirne würde explodieren, auch wenn sie wusste, dass so etwas sehr selten vorkam.
    «Er hat seine langjährige Haushälterin rausgeworfen, wussten Sie das? Sie hatte keine Ahnung, was sie falsch gemacht hatte.»
    «Er war konsequent, Merrily, wollte sich mit Thomas Cantilupe messen können. Der hat sich mit Ausnahme der Jungfrau Maria auch alle Frauen vom Hals gehalten. Und warum das alles?Ich glaube, dass Dobbs versucht hat, den mächtigen Geist Cantilupes in sich eingehen zu lassen. Vermutlich hat er gedacht, zu zweit können sie es leicht mit dem
Invasor
aufnehmen.»
    «Das hat er Ihnen erzählt?»
    «Das habe ich seinen Worten jedenfalls entnommen. Wie Sie wissen, hat er mit dem Sprechen zurzeit gewisse Schwierigkeiten.»
    «Sie wollen also sagen, dass sich Dobbs, als endlich genügend Geld für die Restaurierung des Grabmals gesammelt war, sofort auf die Lauer gelegt hat, weil er annahm, dass bei der letzten Öffnung des Schreins etwas passiert war?»
    «Er
wusste
, dass es passiert war. Er hat mir genau erklärt, wo ich dieses Dokument finde. Er hat mir gesagt, welche Stellen in Mrs.   Leathers Buch ich lesen soll. Na gut, viel haben wir nicht, und weitere Dokumente gibt es nicht. Aber nur weil der Bericht dieses Augenzeugen nie veröffentlicht wurde, bedeutete das ja nicht, dass er nicht mündlich weitergegeben worden sein kann.»
    «Was bekanntermaßen zu unzuverlässigen Darstellungen führt. So, und was
ist
dieses Mal passiert, als sie das Grab geöffnet haben?»
    Huw lächelte. «Der alte Knabe ist kein Freund vieler Worte. Und wenn ich

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