Mittwinternacht
malen.»
Und
?
, dachte sie.
Also war es Dobbs, oder nicht? Es war dieser verflixte Dobbs – es konnte gar nicht anders sein. Dobbs hat mir eine Falle gestellt.
Ihr war beinahe schwindelig vor Müdigkeit. Sie wusste, dass sie später, wenn sie wieder aufwachte, unheimlich wütend sein würde, aber ihr Zorn war irgendwie noch unklar und weit entfernt.
Und so klang auch ihre Stimme durchs Telefon. Sie hatte so leise gesprochen, dass sie selbst nicht wusste, ob sie die Worte vielleicht nur gedacht hatte. «Dann komme ich morgen, Sophie. Vielleicht so um zehn? Halb elf?»
Sie hörte die Antwort nicht mehr, war sich nicht einmal bewusst, dass sie den Hörer auflegte.
Sie hatte keine Träume, Gott sei Dank.
14
Der erste Exorzist
Sie stand am oberen Ende des Treppenhauses im Torhaus und rieb sich die Hände, damit sie wieder warm wurden. Es schien über Nacht Winter geworden zu sein. Die gewachste Jacke fühlte sich so dünn an wie eine Mülltüte. Es half nichts, sie musste sich einen ordentlichen Mantel besorgen, sobald sie Zeit hatte.
Als sie vor der Bürotür stand, wusste sie nicht, ob sie lachen oder weinen oder sich heimlich davonmachen sollte.
Die weißgestrichene Holztür schmückte eine kurze schwarze Buchstabenfolge in Frakturschrift. Darüber ein einfaches schwarzes Kreuz.
In ihrem Kopf kicherte Hochwürden Charlie Headland.
«Klingt alles mehr nach Geheimdienst …»
Es war zu spät, um sich davonzumachen. Sophie – graues Kostüm, Perlenohrringe, adretter weißer Dutt, Lesebrille an einer Kette um den Hals – stand in der benachbarten Tür.
«Merrily! Guten Morgen. Haben Sie auch den Schnee gesehen? Ich bin sicher, dass es heute früh ein bisschen geschneit hat. Unglaublich, nicht?»
«Muss ich mich irgendwo eintragen? Oder durch einen Metalldetektor gehen?»
Sophie lächelte süßsauer. «Das war eine spezielle Anweisungvon Michael. In gewisser Hinsicht sieht es sehr elegant aus, finde ich.»
«Sophie, das sieht aus wie der Eingang zu einer verdammten Leichenhalle.»
«Oh.» Sophie wirkte etwas verstimmt. Sie stand auf der Seite des Bischofs, ganz gleich, wer gerade Bischof war.
Auf dem Schreibtisch im Büro standen einige Neuzugänge. Ein Mac und ein Drucker und etwas, das Merrily für einen Scanner hielt.
«Meine Güte», sagte sie. «Ich benutze einen Computer eigentlich nur als Schreibmaschine.»
«Keine Sorge», sagte Sophie merklich kühler. «Ich werde eine Zeitlang auch für Sie die Sekretariatsdienste übernehmen. Michael möchte, dass ich eine Grenzfragen-Datenbank anlege, in der die unterschiedlichen Fälle aufgenommen, klassifiziert und nach regionalen Gesichtspunkten aufgeschlüsselt werden. Er möchte auch, dass ich den Leiter des Sozialdienstes, den Vorsitzenden des Gesundheitsamtes, die Wohlfahrtsorganisationen, die sich um psychische Störungen kümmern, und die Polizei zu einer Sitzung einlade.»
Merrily ließ sich auf den Schreibtischstuhl fallen. «Was?»
«Und Sie sollen eine E-Mail -Adresse bekommen, eventuell auch eine Website.»
Merrily schaute den dunklen Computerbildschirm an, als wäre er eine Kristallkugel, in der sie Huw Owens müdes, zerfurchtes Gesicht heraufbeschwören könnte.
«Ich will nicht, dass irgendetwas hochkommt. Vor den Toren ballt sich zu viel negative Energie. Ich will die Türen verrammeln und die Ketten vorlegen.»
Ihre neue Sekretärin stand am Fenster, die Hände sittsam vor dem Tweedrock gefaltet.
«Sehen Sie … Sophie», Merrily befeuchtete sich mit der Zungenspitze die ausgetrockneten Lippen, «bei den Fällen hier, den Grenzfragen, ist Unauffälligkeit sehr wichtig. Ich würde nicht soweit gehen, ‹geheim› zu sagen, aber es besteht das Risiko, dass wir damit Zeitverschwender, Fanatiker und Spinner anziehen und … andere lästige Elemente. Der Bischof scheint diese grundlegende Tatsache nicht recht durchdacht zu haben.»
«Der Bischof misst der Beratung für spirituelle Grenzfragen einen sehr hohen Stellenwert bei, Merrily.» Sophie ließ sich auf dem Besucherstuhl nieder. «Wissen Sie … Ich würde mir darüber an Ihrer Stelle keine Sorgen machen. Michael ist sehr jung für einen Bischof, und er glaubt vielleicht, dass er in diesem Amt etwas Besonderes leisten muss, dass er die Kirche auf ihrem Weg ins einundzwanzigste Jahrhundert unterstützen muss. Aber er ist dabei sehr intelligent und verfügt über einen Hintergrund, den er gerne etwas herunterspielt. Sein Vater und ein Onkel waren Bischöfe … sein
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