MM-City Wien: Das Reisehandbuch zur Donaumetropole - kompakt, übersichtlich, informativ (German Edition)
1930 feierlich eröffnete Karl-Marx-Hof das architektonisch spektakulärste, international bekannteste und sozialgeschichtlich bedeutendste Volkswohnungsbauprojekt desRoten Wien. Der gut einen Kilometer lange, pfirsichrot und ockergelb kolorierte „Superwohnblock“ zwischen der Heiligenstädter Straße und den Gleisanlagender Franz-Josephs-Bahn integriert weitläufige Gartenhöfe mit Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten, Wasch- und Badehäusern. Sein dominierender Mittelteil ist von emporragenden Turmaufbauten gekrönt, hohen Durchgangsbögen zum dahinter liegenden (U-)Bahnhof durchbrochen und an seinen Fassaden mit Keramikskulpturen von Josef Riedel verziert. Die Steinfiguren symbolisieren die sozialistischen Werte Freiheit, Fürsorge, Aufklärung und Körperkultur und werden von Otto Hofners frei stehender Bronzeplastik „Der Sämann“ auf dem rasenbepflanzten Vorplatz ergänzt. Der heißt „Platz des 12. Februar“, weil der Bürgerkrieg zwischen Sozialdemokraten und Austrofaschisten hier besonders blutig tobte und Letztere die „rote Festung“ am 12. Februar 1934 scharf beschossen.
Das alles und noch viel mehr erfährt man seit Frühjahr 2010 in der eigentlich längst überfälligen Dauerausstellung Das Rote Wien in den einst als Gemeinschaftsbad und Wasserdepot genutzten oberen Geschossen eines der beiden Waschsalons des Karl–Marx-Hofes, die übrigens bis heute in kollektivem Betrieb sind. Sie erzählt vornehmlich mit Text-, Bild-, Ton- und Filmdokumenten die Geschichte des Roten Wien (siehe Gesch. S. 29 f.) und akzentuiert dessen kommunale Bautätigkeit, Bildungs- und Kulturarbeit, Fest- und Feierkultur.Do 13–18, So 12–16 Uhr und nach Voranmeldung, 3 €. Karl-Marx-Hof, Waschsalon Nr. 2,Halteraugasse 7, Tel. 0664/88540888, www.dasrotewien-waschsalon.at .
Beethoven-Wohnungen : Im damals ebenerdigen Weinhauerhaus an derDöblinger Hauptstraße 92 verbrachte der 1792 endgültig nach Wien übergesiedelte gebürtige Rheinländer Beethoven den Sommer 1803. Weil er hier u. a. die 3. Sinfonie komponierte, ist es als Gedenkstätte Eroicahaus ausgewiesen. Auf sein Domizil am hübschen Heiligenstädter Pfarrplatz verweist heute nur noch eine Informationstafel an der Hauswand des Weingasthauses Mayer am Pfarrplatz (s. u.).
Gleich um die Ecke findet man des Komponisten Haus an derProbusgasse 6, das mit einem idyllischen Innenhof gesegnet ist. Weil der Musiker, der 1827 zunächst auf dem Währinger Friedhof begraben und unterdessen auf den Zentralfriedhof überführt wurde, dort einen nie abgesandten (als Faksimile ausgestellten) Brief an seinen Bruder verfasst haben soll, in dem er seine beginnende Taubheit eingestand, firmiert es auch unter „Heiligenstädter Testament-Haus“.
Eroicahaus : Nur auf Anfrage, Tel. 5058747-85173; Heiligenstädter Testamenthaus : Di–So, Fei 10–13, 14–18 Uhr, 2 € , www.wienmuseum.at .
Orientalisches Flair: Insektenpulverfabrik Zacherl
Insektenpulverfabrik Zacherl : Die bunt gemusterte, reich mosaikverzierte, mit verspielten Türmchen und einer Kuppel geschmückte ehemalige Fabrik an derNusswaldgasse 14 erinnert an ein Märchenschloss aus Tausendundeiner Nacht. Weil sein Bauherr Johann Evangelist Zacherl, der hier ein Insektenpulver namens „Zacherlin“ herstellte, den Rohstoff für sein Produkt aus Persien bezog, hatte er die Architektenbrüder Mayreder 1892/93 mit dem Bau eines Firmensitzes im orientalischen Stil beauftragt.
Villa Wertheimstein : In der in der zweiten Hälfte der 1820er Jahre erbauten, vom gleichnamigen Park umgebenen Villa an derDöblinger Hauptstraße 96, wo heute das Döblinger Bezirksmuseum untergebracht ist (Sa 15.30–18, So 10–12 Uhr), gingen vom Ende des 19. bis zum Beginn des 20. Jh. namhafte Dichter, Denker, Maler und Musiker ein und aus. Sie kamen auf Einladung der Gattin des zweiten Hausbesitzers, Josefine von Wertheimstein, die in ihrem Salon u. a. Hans Makart, Arthur Rubinstein oder Hugo von Hofmannsthal empfing.
Haus Knips : Eine der letzten Stadtvillen vom ZeichentischJosef Hoffmanns, der sich bei ihrem Entwurf (1924/25) an den Wohnhäusern des Wiener Biedermeier orientierte und sie als zweigeschossigen, geschlossenen Baukörper mit angegliedertem eingeschossigem Wirtschaftsgebäude konzipierte. Blickfänge der schlichten und distinguiert anmutenden Villa in derNusswaldgasse 22 sind die mit filigranen Diamantmotiven dekorierte, mausgrau verputzte Fassade mit ihren großen, diagonal gesprossten
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