Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Titel: Mode ist ein glitzernder Goldfisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Smale
Vom Netzwerk:
dass ein Laut aus meinem Mund kommt. »Du hast der Modelagentur meine Telefonnummer gegeben?«
    Â»Du bist auf der Clothes Show so schnell davongerannt, dass du es, glaube ich, vergessen hast. Gut, oder?« Toby grinst mich an, und der gelbe Bommel hüpft fröhlich auf und ab. »Jetzt wird die ganze Welt dich so sehen, wie ich dich schon lange sehe. Ich war dem Trend schon immer einen Schritt voraus.«
    Ich zeige auf das zerkratzte Wort auf meiner Schultasche. »Und was, wenn sie mich so sieht, wie die in der Schule mich sehen, Toby? Was dann?«
    Toby denkt ein paar Augenblicke darüber nach. »Dann brauchst du, glaube ich, eine größere Tasche.« Und er schlägt auf das Schlagzeug auf seinem T-Shirt: Bum, bum, drummmm.
    Plötzlich bin ich mir nicht mehr so sicher, ob das mit dem Waschsalon so eine gute Idee war. »Ich gehe nach Hause.«
    Â»Okay. Soll ich dir in ein paar Schritten Entfernung folgen?«
    Ich sehe ihn stirnrunzelnd an, doch er scheint es nicht zu bemerken.
    Â»Ãœbrigens«, fügt er hinzu, »hat Nat dir erzählt, was sie gestern gemacht hat? Sie war toll, Harriet. Wie Boudicca, allerdings ohne Streitwagen. Und ohne Pferde und Schwerter, aber trotzdem: Es war Furcht einflößend.«
    Kurz vor der Tür halte ich inne. »Nat?«, frage ich ganz durcheinander. »Was redest du da?«
    Â»Sie hat gehört, was die in Englisch mit dir gemacht haben, und ist richtig ausgeflippt. Sie ist in den Umkleideraum marschiert, wo Alexa sich für den Hockey-Club umziehen wollte, und hat rumgebrüllt wie eine Wilde.« Toby unterbricht sich. »Was ich allerdings nicht gesehen habe, denn sie wollten mich nicht reinlassen. Anscheinend ist dieser Raum nur für Mädchen, und ich bin kein Mädchen, Harriet. Lass dir versichert sein. Da können Ben und Alexa sagen, was sie wollen. Ich bin ein ganzer Kerl.«
    Das Blut gefriert mir in den Adern, und das nicht nur, weil Toby gerade die Formulierung ein ganzer Kerl benutzt hat.
    Â»Und weißt du, was das Beste war?«, fügt Toby hinzu, der anscheinend gar nicht merkt, dass sämtliche Muskeln in meinem Gesicht inzwischen in einer Mischung aus Schuldgefühlen und Entsetzen zucken. »Willst du wissen, was sie noch gemacht hat?«
    Â»Was?«
    Â»Ehrlich, du wirst es nicht glauben.«
    Ich bin so nervös, dass ich ihn anknurren könnte. »Erzähl«, brülle ich fast durch den ganzen Waschsalon. »Erzähl mir endlich, was sie gemacht hat.«
    Â»Sie hat Alexa den Pferdeschwanz abgeschnitten, Harriet. Schnapp, ab. In voller Länge. Mit einer Schere. Und dann hat sie gesagt: ›Wollen doch mal sehen, wie’s dir gefällt, wenn alle über dich lachen‹, und ist davongestürmt.« Toby lacht. »Anscheinend sieht Alexa jetzt ein bisschen aus, als wäre sie auch ein ganzer Kerl.«
    Hölle. Stöhnend lege ich mir eine Hand über die Augen. Das ist die Schulversion der Ermordung von Erzherzog Franz Ferdinand in Sarajevo im Juni 1914, was zur russischen Mobilmachung geführt hat. Was dazu geführt hat, dass Deutschland Russland den Krieg erklärt hat. Was zum Ersten Weltkrieg geführt hat.
    Nat hat gerade einen Krieg für mich angezettelt. Um mich zu verteidigen. Meinetwegen.
    Und ich bin es nicht wert.
    Mieser kann man sich gar nicht fühlen. Ich habe neue Höhen der Selbstverachtung erreicht (oder Tiefen, je nachdem, wie rum man die Latte anlegt). »Ich … ich …«, sage ich leise und halte mich am Türgriff fest. »Ich muss wirklich nach Hause, Toby.«
    Und dann stürme ich zur Tür hinaus, so schnell meine Beine mich tragen.

36
    I ch laufe den ganzen Weg nach Hause.
    Okay, das stimmt nicht. Ich laufe nicht den ganzen Weg nach Hause. Ich wollte nur, dass ihr denkt, ich könnte den ganzen Weg nach Hause laufen, wenn es sein müsste. Denn wahrscheinlich könnte ich es.
    Ich laufe den größten Teil des Weges, und dann geht’s auf Pfadfinderart weiter (zwanzig Schritte gehen, zwanzig Schritte laufen). Es kommt mir trotzdem noch so vor, als könnte ich nicht schnell genug von dem fortkommen, wovor ich weglaufe. Hauptsächlich vor mir.
    Was mache ich bloß? Ich bin dabei, meine beste Freundin zu enttäuschen, während sie mich mit Zähnen und Klauen verteidigt, meine Stiefmutter zu hintergehen, die mich nur beschützen will, und – je nach dem, wie dämlich ich mich beim Modeln

Weitere Kostenlose Bücher