Mode ist ein glitzernder Goldfisch
Ehrlich, es sieht nicht immer so aus.«
»Kein Problem. Ist es nicht eh unser Strauch?«
»Dann bin ich wohl euer Untermieter.« Toby dreht am Lautstärkeregler seines Radios, das jetzt Vivaldi spielt. »Ich machâs ein bisschen leiser, damit ich die Nachbarn nicht störe.«
»Ich bin deine Nachbarin,Toby.« Ich lache noch einmal und mache es mir auf der Decke bequem. Auf dem Weg hierher habe ich die ganze Zeit beim Laufen und Skaten gewusst, dass ich ihn etwas fragen muss â etwas Wichtiges â, auch wenn ich nicht wusste, was.
Doch plötzlich weià ich es.
Ich betrachte Tobys Skelett-Handschuhe und die Mütze mit den kleinen Bärenohren, die Turnschuhe mit den Schnürsenkeln, die aussehen wie Klaviertasten, und das zerfledderte Exemplar eines Buches, das er nie wird lesen müssen, nicht mal für die Universität. Ich betrachte seine Thermoskanne und seine Decke und sein Gesicht mit der leicht glänzenden, tropfenden, feuchten Nase. Seine naive, offenkundige Freude darüber, dass ich hier bin. Und dann atme ich tief durch.
»Toby«, sage ich, »kann ich dich was fragen?«
»Klar.« Toby überlegt. »Warâs das schon? War das schon die Frage?«
»Nein.«
»Dann schieà los.«
»Okay.« Ich schlieÃe die Augen, lasse mir die Frage ein paarmal auf der Zunge zergehen, hole tief Luft und spucke sie aus. »Toby, kommst du dir manchmal vor wie ein Eisbär, der sich im Regenwald verirrt hat?«
Toby kneift nachdenklich die Augen zusammen. »Was für ein Regenwald?«
Schweigen. »Spielt das eine Rolle?«
»Absolut, Harriet. Regenwälder haben ganz unterschiedliche Vegetationen. Und das kann sich dramatisch darauf auswirken, ob man je gefunden wird. Einige haben eine erheblich dichtere Krautschicht als andere, und dann kann man nur mit den Pfoten nach den Pflanzen schlagen.« Toby wedelt mit den Händen vor seinem Gesicht herum, um es zu illustrieren.
Wieder breitet sich Schweigen aus, während ich ihn ansehe. »Das ist eine Metapher, Toby. Meine Frage war metaphorisch gemeint.«
»Richtig. Verstehe.« Toby denkt ein paar Minuten darüber nach. »In dem Fall lautet die Antwort: Klar, Harriet.«
Mein Magen schlägt Purzelbäume. Er weiÃ,wie es ist? »Und ⦠hast du manchmal das Gefühl, als ob«, ich halte inne und suche nach der richtigen Formulierung,»⦠als ob es völlig egal ist, was wir tun? Denn wir sind aus dem falschen Stoff gemacht und jeder kann es sehen?«
Toby nickt. »Und wir würden am liebsten zurückgehen â¦Â«
»⦠irgendwohin, wo Schnee liegt, wo die anderen Eisbären sein müssen â¦Â«
»⦠aber wir wissen nicht, wie â¦Â«
»⦠und so laufen wir ganz allein durch die Gegend.«
Toby und ich sehen einander ein paar Sekunden lang an. Ich zittere am ganzen Leib.
Nicht vor romantischen Gefühlen. Nur damit das klar ist. Es ist kein romantisches Zittern. Wie um das zu unterstreichen, löst sich just in diesem Augenblick ein Tropfen von Tobys Nase und landet auf seinem Schal.
Trotzdem zittere ich am ganzen Leib. Er versteht es. Ich habe gewusst, dass es richtig war, zuerst herzukommen.
»Und was machen wir jetzt?«, platze ich schlieÃlich heraus. Ich bin so aufgeregt, dass ich die Worte kaum über die Lippen bringe. »Welche Richtung schlagen wir ein? Wie kommen wir da raus, Toby?«
Vielleicht gibt es eine Karte, von der ich nichts weiÃ. Oder â wenigstens â ein Schild. So was wie einen Kompass.
Toby verzieht das Gesicht, zuckt die Achseln und wischt sich mit dem Finger die Nase ab. »Eisbären sind Furcht einflöÃend.« Er wischt sich den Finger am Mantel ab. »Sie sind die gröÃten Raubtiere der Welt, und hast du gewusst, dass ihre Haut in Wirklichkeit schwarz ist und ihr Fell durchsichtig, aber weià aussieht, weil es das Licht reflektiert?«
Ich starre ihn an, und der Magen rutscht mir in die Knie. So nah und doch so fern. »Metaphorisch, Toby.« Ich seufze. »Wir reden immer noch über metaphorische Eisbären.«
»Ich weiÃ. Das will ich damit ja sagen. Wir sind Furcht einflöÃend, Harriet.«
»Aber â¦Â«
Toby nimmt die Thermosflasche und schraubt den Deckel ab. »Keine Sorge, Harriet, wir müssen nicht hungern, wenn du dir darum Sorgen machst. Wir haben groÃe Tatzen, ich glaube, wir können
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