Model-Ich (German Edition)
Womit hat sie mehr verdient als ich? Dem Selbstbewusstsein ist es auch nicht gerade zuträglich, wenn man mitbekommt, dass man im Paket vermittelt wurde. Das ist ein Deal, den Agenturen für Schauen machen, wenn ein Kunde ganz unbedingt ein bestimmtes Mädchen buchen will. Ja, heißt es dann, die könnt ihr haben. Aber nur, wenn ihr noch fünf andere von uns dazunehmt. Der Kunde lässt einen dann durchaus spüren, dass er einen eigentlich gar nicht wollte. So will man natürlich auch nicht an Jobs kommen.
Es konnte mir keiner je erklären, wie es zu diesen Gehaltsabstufungen (unter ähnlich erfolgreichen Models) kommt. Ich
konnte mir auch nicht ganz erklären, wie ich von dem Geld, das ich verdiente, leben sollte. Aber bevor ich diesen Gedanken zum ersten Mal hatte, steckte ich schon tief drin in der Mühle.
Ich war bei mehreren Agenturen, und bei jeder hatte ich Schulden. Die entstehen schneller, als man sich über die ersten Aufträge freuen kann. Um gute Fotos für die Mappe zu bekommen, muss ein Model für Test-Shootings zur Verfügung stehen. Für diese Shootings gibt es keinen Auftraggeber oder Abnehmer, sie werden allein gemacht, damit der Fotograf, der Stylist und das Model aktuelle, hoffentlich schöne Bilder haben und beschäftigt bleiben. Eine Lücke im Lebenslauf kommt nicht gut an. Es ist nicht ungewöhnlich, dass das Model einen Teil der Kosten trägt und zumindest für den Druck der Bilder zahlt. Ohne die finanzielle Unterstützung der Agenturen könnte man sich das nicht leisten. Sie zahlen für Flüge, Kurierkosten, Miete, Taschengeld (ja, Taschengeld. Wie sollen es die Agenturen sonst nennen, wenn man 23-Jährigen jede Woche 100 Dollar zum Leben gibt? Ein Witz, wäre noch eine Möglichkeit) und alles andere, was nötig ist, um aus einem Mädchen ein Model zu machen. Auf Vorschuss, versteht sich. Sobald man die ersten richtigen Gagen verdient, muss man die Schulden bei der Agentur begleichen – und fängt wieder bei null an.
Agenturen sind eigentlich die Angestellten eines Models. Oft kommt es einem aber umgekehrt vor. Man hat ständig das Gefühl, man ist ihnen verpflichtet und muss alles dafür geben, im Geschäft zu bleiben. Gleichzeitig ist man darauf angewiesen, dass sie sich darum kümmern, dass man arbeitet und bezahlt wird.
Ich habe in meiner Karriere acht Agenturen durchlaufen (drei in New York, zwei in Mailand, noch mal zwei in Paris und eine Mutteragentur in Deutschland), alle davon waren eher klein, was den großen Vorteil hatte, dass man mich dort kannte und sich für mich einsetzte. Bei anderen Agenturen, die Hunderte Mädchen
in der Kartei haben, ist man oft bloß eine Nummer und geht leicht unter.
Wie wichtig die Unterstützung ist, habe ich bei meiner Zusammenarbeit mit Eres gemerkt. Die Kampagne für die französische Wäschefirma ist ein Prestigejob und für mich war es der erste richtig lukrative Auftrag. Ich führte einen regelrechten Freudentanz auf, als der Anruf kam. 50 000 Mark! Wahnsinn! Eine so unglaubliche Summe hatte ich noch nie bekommen. Ich ahnte, dass ich einen Wendepunkt in meiner Karriere erreicht hatte, nicht nur finanziell.
Als ich auch für die nächste Kampagne von Eres gebucht wurde, hatte ich in der Zwischenzeit die Agentur gewechselt. Plötzlich war es so gut wie unmöglich, an mein Geld zu kommen. Keiner fühlte sich so recht verantwortlich und es war mir selbst überlassen, monatelang immer wieder anzurufen und zu nerven, bis der Betrag endlich überwiesen wurde. Ein Model ist oft das letzte Glied in einer langen Kette von Leuten, die bezahlt werden wollen. Zuerst überweist der Kunde an eine Werbeagentur, die wiederum bezahlt die Modelagentur und dann erst ist man selbst an der Reihe. Wartezeiten von vier oder fünf Monaten sind keine Seltenheit.
Eine gute Beziehung zu seiner Agentur ist enorm wichtig und als ich nach zehn Jahren meine deutsche Mutteragentur verließ, war es für mich wie eine Scheidung. Mein damaliger Booker hatte sich als PR-Berater selbstständig gemacht, und weil wir gut miteinander gearbeitet hatten, beschloss ich, mit ihm zu gehen. Ich war an einem Punkt angekommen, an dem ich jemanden brauchte, der mich als Eva Padberg vertrat, nicht als Model mit blonden Haaren und blauen Augen. Ein bisschen bin ich vor mir selbst erschrocken. Willst du das wirklich machen? Nach zehn guten Jahren? Aber ich hatte den Entschluss gefasst. Wir trennten uns per Anwalt, aber, so war mein Gefühl, nicht im Bösen.
Es war ein Schock, als ich
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