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Model-Ich (German Edition)

Model-Ich (German Edition)

Titel: Model-Ich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Padberg
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gerade erst am Anfang. Vielleicht habe ich deshalb immer noch Sachen in New York eingelagert. Da ist ein Sessel, ein Esstisch, meine zwei Stühle vom Flohmarkt und wer weiß, was sonst noch alles. Ich brauche die Sachen nicht mehr, aber irgendwie ist es schön zu wissen, dass ich diese Zeitkapsel dort drüben noch habe.
    Bis zu meinem letzten Besuch hatte ich sogar noch ein Konto dort. Als ich es eröffnete, hatte ich mich zum ersten Mal wie eine echte New Yorkerin gefühlt. Jetzt wollte ich wissen, ob nach so vielen Jahren nicht doch noch Geld drauf war. War es. Und zwar knapp 3500 Dollar! Ich nahm das Geld, machte das Konto dicht und dann ging ich mit meinen Freundinnen zum Shopping. Auch das kann man in New York sehr gut machen.

ORIGINAL UND FÄLSCHUNG
    EINE LIEBLINGSFRAGE VON JOURNALISTEN: Erkennst du dich, wenn du Bilder von dir siehst?
    Ja, wen denn sonst? Ich war immerhin dabei, als das Foto gemacht wurde. Aber ich verstehe schon, worauf die Frage abzielt: Wie viel an den Bildern ist echt? Kleiner Trost, nicht viel. In Werbekampagnen oder Modestrecken stelle ich ein Image dar. Das ist nicht die Eva, die ich von Urlaubsbildern und Partyschnappschüssen kenne. Es ist eine Inszenierung und ich weiß, wie viel davon geschickte Pose, gutes Styling und gnädige Beleuchtung ist. Da werden Windmaschinen angeschmissen, Kleider am Rücken noch enger zusammengesteckt, Bikinihöschen mit Haarspray am Hintern festgeklebt und Paketklebeband zum Pushup-BH umfunktioniert. Kurz, es wird geflunkert, was das Zeug hält. Das Geheimnis guter Wimperntusche ist nicht etwa die Tusche, sondern die drei Lagen falscher Wimpern, die man in der Werbung dafür trägt. Ich beneide mich selbst ständig um die Frisuren, die ich auf Fotos von mir habe. Sie bestehen fast ausschließlich aus Extensions.
    Es gab mal eine Zeit, da hatte ich langes, volles, kastanienbraunes Haar – dann kamen die Stylisten mit ihren eigenen Vorstellungen davon, was schön ist. Der Erste war Paul Rowland, ein sogenannter »Modelmacher« und eine Ikone in der New Yorker Agenturszene, dessen Vision es war, die neue Carolyn Bessette Kennedy zu finden. Er war gut mit ihr befreundet und nach ihrem Tod versuchte er, jedes Mädchen, das ihr nur entfernt ähnlich
sah, in sie zu verwandeln. So wurde ich, vor einem durchaus makabren Hintergrund, zur Blondine. Beschweren kann ich mich darüber nicht. Als Blondine bekam ich auf einmal mehr Jobs als je zuvor. Dieses Experiment gelang besser als einige andere, die auch an mir durchgeführt wurden. Auf die grünen Strähnen, die mir ein Haarstylist in einem schnellen Färbejob über dem Waschbecken verpasste, hätte ich beispielsweise gut verzichten können.
    Zwischen mir und der Frau mit meinem Namen, die auf irgendwelchen Plakaten und in Werbespots zu sehen ist, bleibt immer eine Distanz. Ich hatte nie den Eindruck, dass meine Arbeit mir gehört. Derjenige, der dafür bezahlt hat, hatte einen größeren Anspruch auf mein Gesicht und meinen Körper. Häufig habe ich die Fotos, die von mir gemacht wurden, nie gesehen (ein italienisches D Magazine kriegt man eben nicht so leicht am Erfurter Zeitungskiosk). Es ist ein mieses Gefühl, keinen Beweis für die eigene Arbeit zu haben. Als hätte ich es umsonst gemacht. Als sei ich anonym. Ob nun ich auf einem Bild zu sehen war oder ein anderes Mädchen, das schien egal zu sein. Als Model fühlt man sich oft austauschbar. Deshalb finde ich die Beschreibung Topmodel auch so lächerlich. Sie bedeutet nichts, sie ist ein leerer Titel. Es gibt immer ein Mädchen, das schöner, besser, bekannter ist. Das soll nicht heißen, dass ich auf meine Arbeit nicht stolz bin. Aber ich stand noch nie morgens vor dem Spiegel und dachte: Na, du Topmodel.
    Mein Spiegelbild hat Falten um die Augen und einen Pickel auf der Stirn, ein bisschen blass sieht es aus und die Haare, ach die Haare. Dieses mutmaßliche Topmodel ist auf Bildern dagegen bis in die letzte Pore retuschiert. Auf machen Fotos erkenne ich mich sogar nur an der Frisur wieder, die ich während des Shootings hatte.
    Fotos werden nachbearbeitet. Das ist kein Skandal, sondern der Standard. Nur wie gewöhnlich muss der Anblick perfektionierter
Taillen und Teints schon geworden sein, wenn so etwas passiert, wie vor einiger Zeit in einer Ralph-Lauren-Kampagne? Da wurden in mehreren Motiven die Models so schmal gezaubert, dass ihre Taillen weniger Umfang hatten als ihre Köpfe. Die Bilder sind sicher bei zig Leuten über den Schreibtisch

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