Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Modemädchen Bd. 1 - Wie Zuckerwatte mit Silberfäden

Modemädchen Bd. 1 - Wie Zuckerwatte mit Silberfäden

Titel: Modemädchen Bd. 1 - Wie Zuckerwatte mit Silberfäden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Bennett
Vom Netzwerk:
Erzähl es mir jetzt.«
    Edie zögert. Sie ist hin- und hergerissen: Einerseits schmollt sie, weil ich beim ersten Mal nicht zugehört habe. Andererseits findet sie nichts schöner, als Leute, die keine Ahnung haben, zu belehren. Und diese Seite gewinnt.
    »Also«, fängt sie an. »In großen Teilen von Uganda ist das Leben vollkommen sicher und normal. Sogar die Queen war dort. Aber Krähe kommt aus dem Norden, nicht weit von der Grenze zum Sudan, und dort sieht es anders aus. Seit vielen Jahren kämpft die Regierung dort gegen eine Rebellengruppe, die sich Lord’s Resistance Army nennt, die ›Widerstandsarmee des Herrn‹. Die Rebellen verstecken sich im Busch und lassen Kindersoldaten kämpfen. In den schlimmsten Zeiten haben sie nachts Jungen aus ihren Häusern entführt und sie gezwungen, Menschen zu verstümmeln und zu ermorden. Sogar ihre eigenen Familien. Die Mädchen wurden gezwungen, von den Soldaten Babys zu bekommen. Deswegen mussten in den abgelegenen Dörfern die Kinder jeden Nachmittag viele Kilometer laufen, um die Nacht in einer Stadt zu verbringen, wo es Menschen gab, die sie beschützten. Das taten sie Nacht für Nacht und schliefen einfach irgendwo. Man hat sie ›Nightwalker‹, die Nachtwanderer, genannt.«
    »Und Krähe war eine davon?«
    »Ja. Deswegen haben ihre Eltern sie, so schnell es ging, hierhergeschickt. Florence redet nicht gerne vor Krähe darüber. Die Erinnerungen, du weißt schon …«
    »Und jetzt? Du hast gesagt, in den schlimmsten Zeiten. Sind die Zeiten jetzt besser?«
    Edie runzelt die Stirn. »Nicht viel. Es gibt Friedensgespräche, aber die Rebellen haben noch nicht aufgegeben. Ich habe recherchiert. Schau dir das an.« Sie zeigt auf den Bildschirm. »Tausende von Menschen haben immer noch Angst, in ihre Dörfer zurückzukehren. Oder es gibt keine Dörfer mehr, in die sie zurückkehren könnten. Sie leben in winzigen Hütten in Lagern zusammengepfercht, in ständiger Angst vor Überfällen. James und Grace, Krähes Eltern, versuchen diesen Menschen zu helfen. James ist einer von wenigen ausgebildeten Lehrer. Er will den Kindern helfen etwas zu lernen, selbst ohne Bücher und Schulbänke und Tafeln. Aber auch er lebt in ständiger Gefahr. Deswegen kann Krähe nicht zurück. Verstehst du? Ich meine, sie könnte natürlich schon, aber aus seiner Perspektive kann ein Leben in Kensington nicht schlimmer sein als das Leben im Flüchtlingslager. Was ihn angeht, hat sie riesengroßes Glück. Wenn die Lage nicht besser wird, schickt er Victoria auch hierher, sobald sie alt genug ist.«
    Es fällt mir schwer, mir das alles vorzustellen. Ich meine, ich weiß, irgendwo auf der Welt passiert immer so was, aber dass Menschen betroffen sind, die ich kenne, geht nicht in meinen Kopf. Ich kann mir schwer vorstellen, dass dieser große elegante Mann auf dem Foto beschließen muss, seine Töchter in ein fremdes Land zu schicken, wo er nicht miterleben kann, wie sie aufwachsen. Ich kann mir schwer vorstellen, dass die Krähe, die ich kenne, jeden Nachmittag ihr Bündel für die Nacht packen und kilometerweit laufen muss, nur in Begleitung von anderen Kindern. In London würde man wahrscheinlich verhaftet, wenn man so was versucht. Und ich kann mir erst recht nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn die Rebellen sie erwischt hätten. Sogeht es mir jedenfalls. Edie scheint sich das alles vorgestellt zu haben.
    »Was machst du da?«
    Edie tippt klappernd an ihrem Computer, ihre Finger fliegen über die Tastatur.
    »Ich setze ein paar neue Links auf meine Website. Du weißt doch, ich habe ein paar Links zum Thema Recycling und Frischwasser für Dörfer und so weiter?«
    »Ja.«
    »Ich will noch ein paar Seiten über ›unsichtbare Kinder‹ dazusetzen. Das sind die Kinder, die in dem Krieg ihre Heimat verloren haben. Jungen und Mädchen ohne richtiges Zuhause, ohne Schulausbildung. Viele wurden von ihren Familien getrennt. Es gibt eine Initiative, die sich für sie einsetzt. Nicht mal ich habe bis jetzt davon gehört, und dabei interessiere ich mich für solche Sachen. Das heißt, die Initiative braucht eindeutig mehr Reklame.«
    »Edie, ich sage das nicht gerne, aber wie viele Leute sehen sich deine Website überhaupt an?«
    »Ungefähr zweitausend pro Woche.«
    »Ach. Wirklich?«
    Edie redet kaum über ihre Website. Sie hat sie schon seit einem Jahr, neben Hausaufgaben, Schach, Orchesterproben und dem anderen Zeug. Sie berichtet über Themen wie Wasser und Recycling, und der

Weitere Kostenlose Bücher