Modemädchen Bd. 1 - Wie Zuckerwatte mit Silberfäden
Modezeichner-Wettbewerb teil und gewann. Christian Dior bekam Wind davon und hat ihn sofort eingestellt. Nach drei Jahren war er künstlerischer Leiter bei Dior. Modemärchen können wahr werden.
Es stimmt, später wurde er vom Militär eingezogen und bekam einen Nervenzusammenbruch, aber es hat auch keiner behauptet, dass Mode ein Kinderspiel wäre.
»Mum?«
»Mmmm?«
Meine Mutter sieht zerstreut von dem Cappuccino und ihrem BlackBerry auf. Es ist sehr schwer, sie von einem von beiden loszueisen, wenn sie zu Hause ist, aber inzwischen habe ich eine Technik entwickelt. Es wird Zeit, meine Idee auf den Tisch zu bringen, wie wir Krähe helfen könnten.
»Du hast doch von dieser Cézanne-Ausstellung gehört?«
»Mmmm?« Ihre Augen wandern zurück zu ihrem BlackBerry, das wie wild vibriert, aber mir bleiben drei Sekunden, bevor sie die Taste drückt.
»Die Ausstellung im Courtauld-Institut? Ich würde gerne hingehen.«
Simsalabim.
Mum hebt den Kopf, BlackBerry ist vergessen, und sie starrt mich mit einem Joe-Yule-ähnlichen Laserblick an.
»Wirklich?«
»Ja. Total. Cézanne war doch einer der wichtigsten Postimpressionisten, oder? Und es ist eine einmalige Ausstellung. Ich finde es faszinierend, wie er mit Farben umgeht.«
Ich fürchte, jetzt habe ich ein bisschen dick aufgetragen. Das mit der Farbe klingt einstudiert, was es auch ist. Zum Glück merkt Mum das nicht. Tatsache ist, ihre Tochter will mit ihr über Kunst sprechen. Mit Interesse. Und Mum wittert die Chance, mich zu belehren und ihre Leidenschaft mit mir zu teilen.
»Zufällig habe ich morgen Zeit«, sagt sie. Das wusste ich – inzwischen habe ich raus, wie ich den Terminkalender in ihrem BlackBerry öffnen kann, wenn sie gerade nicht hinsieht. »Passt es dir nach der Schule?«
»Super! Tolle Idee!«
Mum versucht bescheiden zu wirken, als wollte sie nicht zu viel Lob für ihren genialen Plan. Perfekt. Es klappt noch besser, wenn sie denkt, sie hätte die Idee gehabt.
Das Problem mit meiner Mutter ist, dass sie sehr gefragt ist. Auch wenn ihr »Büro« ein Schrank im obersten Stock unseres Hauses ist, ständig ist sie unterwegs, zumindest gedanklich. Sie vertritt ein paar sehr bedeutende junge Künstler und Künstlerinnen, die sie unterstützt hat, seit sie Studenten waren, und die rufen permanent mit ihren Wehwehchen oder Fragen an; oder es rufen Käufer an, die nach dem fehlenden Stück für ihre Sammlung suchen; oder sie organisiert eine Ausstellung oder irgendein Kunst-Event. Deshalb ist es wirklich sehr, sehr schwierig, ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zu bekommen. Das BlackBerry stellt sie nur ab, wenn sie in der Kirche oder im Museum ist. Mehr oder weniger das Gleiche gilt für sie. Und weil man sich inder Kirche schlecht unterhalten kann, versuche ich mit ihr ins Museum zu gehen, wenn ich dringend mit ihr sprechen muss.
Ich habe Jahre gebraucht, um dieses Verfahren zu entwickeln, aber seitdem ist mein Leben viel leichter geworden. Und es stört mich auch nicht, dabei Cézanne und so was anzusehen. Er war ein ziemlich guter Maler, soweit ich das beurteilen kann. Natürlich muss ich mir erst mal einen zwanzigminütigen Vortrag von Mum anhören, aber sobald sie damit fertig ist, kann ich Phase zwei von Projekt Krähe starten.
Mum beginnt mit einem Gemälde des Mont Sainte-Victoire. Auf den ersten Blick ist es einfach nur ein Bild von einem ziemlich hässlichen Berg, aber als Mum mit ihrer Erklärung von Cézannes wegweisendem Umgang mit Farbe zur Darstellung von Perspektive fertig ist, ist es ein faszinierendes Bild von einem ziemlich hässlichen Berg.
Mum macht eine Pause, um durchzuatmen.
»Übrigens«, sage ich, »da ist diese Freundin von mir.«
»Ja-a?«
Ich sehe, wie Mums Hand in der Jackentasche nach dem BlackBerry tastet, bevor ihr wieder einfällt, dass sie es ausgeschaltet hat.
Ich spreche weiter. »Sie ist sehr talentiert. Sie braucht unsere Hilfe.«
Mum sieht mich skeptisch an. »Was macht sie denn?«
»Das hier zum Beispiel.« Ich trage einen Blumenrock aus bemalter Seide, den Krähe vor ein paar Tagen fertig genäht hat. Mum hat ihn schon heute Morgen mit einem halbwegs zustimmenden Blick gewürdigt.
Sie legt unverbindlich den Kopf zur Seite.
»Und sie kann zeichnen.« Ich ziehe ein Stück Papier aus der Tasche und falte es auf. Es ist übersät mit Krähes Zeichnungen von tanzenden Mädchen. Mums Gesicht hellt sich auf. Großes Talent erkennt sie mit einem Blick.
»Jedenfalls wurde sie gefragt, ob sie
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