Modemädchen Bd. 1 - Wie Zuckerwatte mit Silberfäden
sage ich.
»Genau meine Größe«, antwortet Jenny eigensinnig. »Das gibt es selten.«
»Aber sie kosten über VIERHUNDERT Pfund! Für gebrauchte Schuhe, in die schon andere ihre Hühneraugen gesteckt haben!«
»Und sie sind viel zu hoch!«, platzt Edie heraus. »Du brichst dir das Genick.«
»Sie sind entzückend«, erwidert Jenny. »Wirklich, Nonie, ein bisschen von dem Geld auszugeben, das ich mit dem verdammten Film verdient habe, ist das Einzige, was mir in letzter Zeit halbwegs gute Laune macht. Freu dich, dass es kein Gin ist. Übrigens kann ich sehr gut auf hohen Absätzen laufen, Edie. Und sie machen meine Beine länger.«
Edie und ich sehen uns schulterzuckend an. Es ist Jennys Geld, und wenn ihre Mutter ihr erlaubt es auszugeben, können wir sie nicht aufhalten. Außerdem ist es ziemlich cool, eine Freundin zu haben, die ein Paar echte Christian Louboutins besitzt. Ich habe die berühmten roten Sohlen noch nie aus der Nähe gesehen. Sie sind wirklich herrlich. Falls Louboutin jemals eine flache, billige Stiefelversion mit Schnürsenkeln macht, wäre ich sehr in Versuchung.
Als ich nach Hause komme, brenne ich darauf, allen von Jennys Schuhen zu erzählen und wie gut Krähes Sachen sich auf dem Markt verkaufen, aber ich komme nicht dazu. Mum ist in der Küche und sieht ganz aufgelöst aus, während sie versucht sich zu erinnern, wo sie das feine Porzellan aufbewahrt. Dafür kann es nur einen Grund geben – und der ist bedeutsamer als ein Paar Louboutins.
Meine Großmutter ist zu Besuch.
Vorsichtig bewege mich in Richtung Wohnzimmer und stecke den Kopf durch die Tür.
Granny sitzt in unserem größten Sessel mit dem Rücken zum Fenster, so dass das Licht ihre perfekte Frisur beleuchtet. Sie hält sich kerzengerade, die Fesseln gekreuzt. Ihr Blick ist, wie immer, eisig.
»Ich wohne im Ritz«, erklärt sie. »Wenigstens habe ich dort einen Blick auf den Park. Wie ich sehe, ist mein Zimmer hier mit Beschlag belegt worden.«
»Hallo, Granny. Schön, dass du da bist.«
»Was hast du da an, Kind? Du siehst aus wie ein Topfkratzer.«
Ich trage einen silbernen Netz-Minirock, den Jenny mir ausL.A. mitgebracht hat, über einem grauen T-Shirt-Kleid und eine silberne Blume im Haar. Es hätte noch viel schlimmer kommen können. Ich hätte den Badeanzug anziehen können.
»Gib mir einen Kuss.«
Ich küsse ihre gepuderte Wange mit dem charakteristischen Duft nach Arpège von Lanvin. Granny, das muss man sagen, sieht toll aus, wie immer. Sie hat erstklassige Wangenknochen, den schnellen Stoffwechsel der Chathams – also kein Gramm zu viel –, einen teuren Friseur und einen angeborenen Sinn für das, was ihr steht. Heute trägt sie ein tailliertes lila Jersey-Kleid, eine Kette aus riesigen Türkisen und lila Lackpumps von Bally.
»Schönes Kleid, Granny.«
»Natürlich gefällt es dir, Schätzchen. Du hast Geschmack. Das heißt, du wirst welchen haben, wenn du aus dieser Metallic-Phase herausgewachsen bist. Ich bin hier, um deine Freundin Krähe kennenzulernen. Deine Mutter hat mir viel von ihr erzählt. Übrigens, Sally braucht Ewigkeiten, um Tee zu machen, und ich warte hier schon seit Stunden. Wärst du so nett, mich vorzustellen?«
Ich bin verblüfft. Granny hat noch nie eine Freundin von mir kennenlernen wollen. Es hat sie nicht die Bohne interessiert, als Jenny das erste Mal von den Dreharbeiten mit Hollywoods heißestem Paar zurückkam, und sie spricht überhaupt nur mit ihr, weil Granny Sir Lionel noch aus den Siebzigern von irgendwelchen Partys kennt. Mit Edie hat sie sich ein bisschen mehr Mühe gegeben, doch seit sie festgestellt hat, dass sie keine gemeinsamen Freunde oder Verwandte haben, hat sie ihr nicht mehr viel zu sagen. Edie wiederum hält Granny für komplett unzurechnungsfähig und weigert sich, allein mit ihr in einem Zimmer zu sein,was auch keine Basis für eine gute Beziehung ist. Ich kann mir also schlecht vorstellen, was Granny mit einem kleinen schwarzen Mädchen aus Afrika, das mit seiner Tante in einer winzigen Wohnung in der Nähe der Gloucester Road lebt, zu reden hat.
Aber natürlich bin ich neugierig. Ich will Granny gerade nach unten bringen, als ich merke, dass Krähe die ganze Zeit hinter mir im Flur gestanden und Granny mit der Spur eines Lächelns im Gesicht beobachtet hat. Also führe ich sie ins Wohnzimmer, und Granny streckt ihr die Hände entgegen.
»Mein liebes Kind! Was für eine Freude! Sally hat mir so viel von dir erzählt. Ich habe deine wundervollen
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