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Modemädchen Bd. 1 - Wie Zuckerwatte mit Silberfäden

Modemädchen Bd. 1 - Wie Zuckerwatte mit Silberfäden

Titel: Modemädchen Bd. 1 - Wie Zuckerwatte mit Silberfäden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Bennett
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an, hole Schlüssel, Geldbeutel, Telefon und Monatskarte aus dem Rucksack und stecke sie in meine Handtasche, ein kleines altes Ding aus den Vierzigern, das ich aus einem Secondhandladen habe. Mit einer neuen Handtasche würde ich mich nicht tot sehen lassen. Nicht mal mit einer von Jennys abgelegten Gratishandtaschen.
    In der U-Bahn frage ich mich, ob ich das Richtige tue, aber ich beschließe, dass ich keine Wahl habe. Falls es nicht funktioniert, gibt es keinen Notfallplan. Ich habe nur diese eine Hoffnung.
    Ich steige in Notting Hill Gate aus und gehe den gleichen Weg zu Krähes Schule wie damals im Sommer. Am Nachmittag ist es fast leer. Die Einzigen, die noch da sind, sind ein paar Lehrer, die Arbeiten korrigieren müssen, und die Putzkolonne. Nervös laufe ich durch verschiedene Korridore, folge dem Geräusch eines Staubsaugers und finde schließlich eine Frau in einem Kittel über einer weiten schwarzen Hose, die gerade mit einem Klassenzimmer fertig ist.
    »Kennen Sie Florence Lamogi?«, frage ich.
    »Lamogi?« Dann fällt mir ein, dass Florence geheiratet hat, als sie nach England kam. Ich weiß nicht, wie sie jetzt mit Nachnamen heißt. Ich weiß nicht einmal sicher, ob sie noch hier arbeitet. Zu meiner Erleichterung fällt der Frau etwas ein.
    »Ach, Flo! Flo ist wahrscheinlich oben. Naturwissenschaften. Zwei Stockwerke über uns.«
    Ich danke ihr und laufe, so schnell ich kann, die Treppen hinauf.
    Florence rennt mich fast um, als sie mir mit einem Eimer voller Putzmittel entgegenkommt.
    »Nonie! Hast du mich erschreckt! Was tust du hier?«
    »Hallo, Florence. Tut mir leid. Es ist nur … Ich muss Sie was fragen.«
    Sie sieht mich forschend an, doch sie sagt nichts. Zügig gehen wir zusammen die Treppe runter, Florence voraus und ich hinterher.
    »Ich muss los«, erklärt sie schließlich und stellt den Eimer in einen Schrank. »Ich habe noch einen zweiten Job.«
    Sie zieht den Kittel aus und nimmt ihre Jacke aus dem Schrank. Ich frage, ob ich sie begleiten darf, und sie ist einverstanden. Kurze Zeit später sind wir draußen in der kalten Abendluft.
    »Also, es geht um Krähe.« Ich kichere nervös. Natürlich geht es um Krähe. Worum sollte es sonst gehen?
    So weit, so schlecht. Ich weiß nicht genau, wie ich es sagen soll. Ich habe geübt, aber mir ist nichts Überzeugendes eingefallen. Wie bittet man jemanden, einem etwas zu erzählen, was er nicht erzählen will? Falls da was ist, das er nicht erzählen will, und nicht mal das weiß ich sicher …
    »Hier lang«, sagt Florence.
    Eilig gehen wir zurück in Richtung U-Bahn.
    »Ich will wirklich nicht neugierig sein. Es ist nur so – ich glaube, wir können es nicht verstehen. Was passiert ist, bevor Krähe hierherkam. Was genau passiert ist. Ich frage mich … Also, Edie hat sich gefragt … Als Krähe jede Nacht von zu Hause wegmusste … Also, ich habe zu Krähe gesagt, dass sie Glück hatte, weil niemandem aus ihrer Familie was passiert ist, und sie hat mich so seltsam angesehen. Und da habe ich mich gefragt …«
    »Was?«, zischt Florence und sieht mich an, ohne langsamer zu werden, wobei sie die Leute, die ihr entgegenkommen, fast umrennt. Sie ist überhaupt nicht so wie sonst.
    Ich hole tief Luft.
    »Ich meine, die Rebellensoldaten … Haben sie …? Ist doch jemandem etwas passiert? Einer Freundin? Oder einer Tante oder so was?«
    Florence schweigt. Mit gesenktem Kopf marschiert sie weiter, bis wir die U-Bahn-Station erreichen. Dann bleibt sie stehen. EinSchwall warmer Luft erfasst uns beide, der von unten kommt. Passanten rempeln uns an, auf dem Weg nach Hause oder wo immer sie sonst hinwollen. Der Lautsprecher meldet stolz, dass es (ausnahmsweise) keine Verspätungen gibt.
    Während er seine Ankündigungen macht, murmelt Florence plötzlich etwas, dann dreht sie sich um und geht.
    Ich halte sie an der Jacke fest.
    »Tut mir leid. Ich habe Sie nicht verstanden.«
    Sie sieht ärgerlich aus und fast ein bisschen, als hätte sie Angst.
    Sie murmelt es noch einmal, und dann verschwindet sie die Treppe zur U-Bahn hinunter, so schnell sie kann.
    Krähes Bruder. Ich glaube, das hat sie gesagt.
    Sie haben Krähes Bruder mitgenommen.

  
    Vier Stunden später kommt Florence von ihrem zweiten Job nach Hause.
    Wir sitzen zusammen in dem kleinen Wohnzimmer in der Gloucester Road. Nur das Licht in der Küchenzeile brennt. Der Schein erreicht uns kaum. Aus irgendeinem Grund sitzen wir nicht auf dem Sofa. Wir sitzen zusammengesunken auf dem

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