Modemädchen Bd. 1 - Wie Zuckerwatte mit Silberfäden
Amanda bei uns in der Küche, auf dem gleichen Stuhl, auf dem Svetlana gesessen hat. Sie trinkt selbst gemachten Cappuccino und ignoriert ihr wie verrückt summendes BlackBerry.
»Und ich hatte mir schon Sorgen gemacht«, sagt sie mit einem breiten Lächeln.
Ich versuche so zu tun, als hätte es nie ein Problem gegeben.
»Krähe ist eine von denen, die immer alles auf den letzten Drücker machen.«
Amanda grinst. »Da ist sie nicht die Einzige. Glaub mir, in unserer Branche ist das ganz normal. Gott sei Dank hat sie dich.«
Ich spüre, wie meine Wangen glühen. Wahrscheinlich habe ich mir eine von Jennys Beerenfarben zugelegt.
Dann wird Amandas Blick wieder träumerisch, so wie in den letzten zwei Stunden. »Diese aufgelösten Blütenblätterröcke. Diese Oberteile. Sie sind so filigran. Und vor allem diese Farben. So intensiv. Wie leuchtende Edelsteine. Sie muss Wochen daran gearbeitet haben.«
»Ich glaube, das hat sie. Im Kopf zumindest«, stimme ich zu.
Wie sich zeigt, hat sich Krähe von Harrys Fotos aus Indien inspirieren lassen und von einem neuen Spitzenstoff, den Skye kreiert hat. Er ist kompliziert in der Herstellung und wahnsinnig teuer in der Anschaffung. Ohne Andy Elats Sponsoring könnte sie ihn sich nie und nimmer leisten.
»Hast du schon mal daran gedacht, für sie zu modeln?«, fragt mich Amanda.
Beinahe falle ich vom Stuhl.
»Ich bin doch viel zu winzig! Und keine Wangenknochen. Schau!«
Als Beweis zeige ich ihr mein Profil. Doch sie lacht nur.
»Außerdem habe ich hinter den Kulissen viel zu viel zu tun. Die ganze Organisation. Du weißt doch, was da los ist.«
Sie sieht mich seltsam an. Ich bin mir nicht sicher, ob sie ganz überzeugt von der Vorstellung ist, einem Teenager die Organisation für eine Modenschau zu überlassen. Aber wenn Yves Saint Laurent mit einundzwanzig Dior leiten konnte, wieso sollte ich dann nicht in der Lage sein, zwölf mickrige Outfits auf einen Laufsteg zu bekommen? Wie schwer kann so was schon sein?
Die Antwort ist: schwer. Viel schwerer als gedacht.
Es wäre leichter gewesen, wenn wir nicht fast einen Monat an Vorbereitungszeit verloren hätten. Und die Tage vergehen wie im Flug. Krähe versucht zu helfen. Sie hat beschlossen, die Kollektion schlicht zu halten und nur die Art von Partykleidern zu machen, für die sie jetzt schon berühmt ist. Aber in Krähes Welt bedeutet ›schlicht‹, dass alles mit Stützstäben versehen und gerafft und häufig in mehreren Lagen daherkommt und kunstvoll verarbeitet ist. Zum Glück hat sie Yvette und ein paar ihrer Freunde aus Saint Martins, die ihr beim Zuschneiden und Nähen helfen. Ich muss dabei an all die anderen Kleinigkeiten denken, die nötig sind, um eine Modenschau auf die Beine zu stellen. Einen Ort für den Laufsteg. Models, die die Kleider tragen. Eine Idee, wie man den Ort in etwas Magisches verwandelt. Eine Einladung, die alle neugierig macht …
Währenddessen ist Edie total mit ihrer Website beschäftigt.Ich habe sie bisher schon für unermüdlich gehalten, doch jetzt ist sie zu einem hyperaktiven Terrier mutiert. Von außen sieht sie immer noch aus wie eine Adelstochter auf Prozac, aber innen drin ist sie eine Rakete an Ideen und Entschlossenheit. Sie hat sogar den Schachklub aufgegeben, um mehr Zeit für die unsichtbaren Kinder zu haben.
Ich besuche sie nach der Schule, eine Zeit, zu der sie früher immer in irgendeinem Klub oder beim Training war. Es ist eine ganz neue Erfahrung.
»Ich habe Krähe versprochen, dass wir Andy Elats Geld nicht einfach verpulvern«, sagt sie. »Wenn Krähe sein Geld nutzt, um schöne Dinge daraus zu machen, nutze ich ihre Modenschau, um ihrer Familie zu helfen und die Kampagne zu unterstützen. Nebenbei läuft die Petition weiter, aber ich kann nicht einfach nur auf den Premierminister warten.«
Resigniert wedelt Edie mit der Hand. Der Premierminister ist SOOO unzuverlässig. Dabei scheint es offensichtlich sonst nicht viel zu geben, worüber er sich sein hübsches Köpfchen zerbrechen müsste.
»Was willst du tun?«
»Ich organisiere Geld für eine neue Schule. Für James und für Victoria. Ich nutze Krähes Bekanntheit, um Leute zu mobilisieren. Harry kann mich mit den T-Shirts aufziehen, solange er will, Hauptsache, der Slogan kommt an.«
»Er hat mit dir über die Sache mit den T-Shirts geredet?«
»Das war das Erste, wovon er geredet hat. Er hat gesagt, er hat dich noch nie so sauer erlebt. Und er hat mich gefragt, ob er eins haben kann. Er will es
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