Modemädchen Bd. 1 - Wie Zuckerwatte mit Silberfäden
auf dem roten Teppich stehen. Neben dem NEUEN TEENAGER-SEXGOTT. Als DIE DAME AN SEINER SEITE?«
»Pssst. Sag es niemand.« Kichern. »Und noch was.«
»Was? George Clooney will dich adoptieren?«
»Nicht ganz. Chanel. Bietet. Mir. Ein. Kleid. An. Nächste Woche gehe ich hin, um mir eins auszusuchen.«
Ich sinke wie ein nasser Sack auf den Jackenhaufen. Er fällt um. Mit mir.
Mehrere Tipp-Ex-Worte auf meinen Converse bieten sich an, in verschiedenen Sprachen.
Sobald ich wieder Luft bekomme, versuche ich es noch mal.
»Also gut. Du gehst mit Joe Yule. Als seine Begleitung. IN CHANEL.«
Selbst als ich es ausspreche, klingt es nicht so, als könnte es wahr sein.
Zwei Neuankömmlinge betreten das Zimmer, sehen mich in dem Mantelhaufen liegen, werfen mir einen vernichtenden Blick zu und lassen ihre Jacken auf mich fallen. Jenny, die Mode- undAusgehpuppe der Stars, ist so freundlich, mir aus dem Durcheinander rauszuhelfen.
»Wir müssen es Edie sagen«, erkläre ich irgendwann. »Ich kann das nicht für mich behalten.«
»Nur zu.« Jenny grinst. »Ich meine, Joe wird es wohl auch seinen Fans und … Leuten sagen.«
Sie sieht aus, als würde sie vor Glück gleich platzen.
Edie kommt zu spät. Orchesterkonzert. Als ich sie im Gedränge finde, laufe ich zu ihr und erzähle ihr die Neuigkeiten. Wie ich braucht sie einen Moment, bis sie die Information verarbeitet hat. Und selbst dann sieht sie alles andere als überzeugt aus.
»Tut mir leid. Ich habe Jenny so lieb wie du, aber, du weißt schon, sie ist Jenny, und Joe ist ein Filmstar. Er kann sich praktisch jede Frau auf der ganzen Welt aussuchen. Und er hat eine Freundin.«
Kaum bin ich wieder zu Hause, sehe ich mir auf YouTube die letzte Herbst/Winter-Kollektion von Chanel an. Die Sachen sind natürlich betörend schön. Lauter Grau- und Silber- und Schwarztöne. Fantastische Proportionen. Wahnsinnig elegant. Ganz My Fair Lady .
Jenny kann ich mir in nichts davon vorstellen, aber mein Hirn ist wahrscheinlich noch von der Kirschtomate und dem gelben Hosenanzug getrübt.
Da ich schon am Computer sitze, googele ich mal wieder Joe, um zu sehen, was es Neues gibt. Und plötzlich ist das Internet voll von Geschichten über die Trennung von Joe und Lila Riley.
»Lila in Tränen, Freunde trösten sie am Telefon.«
»Joe so Cool verkündet: Es ist vorbei.«
»Lila sagt, sie hat Schluss gemacht.«
»Wer ist die umwerfende Kollegin, auf die Hollywoods heißester Herzensbrecher angeblich ein Auge geworfen hat? Gerüchte kursieren, der Teenager-Liebesgott hätte sich bei Dreharbeiten Hals über Kopf in eine unbekannte Sexbombe verliebt.«
»Es gibt keinen Dritten«, erklärt ein Pressesprecher für Joe und Lila. »Auf Grund ihres beruflichen Engagements haben die beiden einvernehmlich entschieden, einander größten Freiraum zu lassen. Mehr haben sie dazu nicht zu sagen.«
In der Nacht träume ich, dass Jenny eine Kirschtomate ist, und Karl Lagerfeld geht mit ihr über den roten Teppich. Er schwenkt sie dermaßen herum, dass er sie versehentlich dabei zerdrückt. Gleichzeitig posiert Edie für die Fotografen Arm in Arm mit Joe Yule, der angezogen ist wie der Springer auf einem Schachbrett. Hektisch versuche ich allen Leuten zu erklären, dass sie dort eigentlich nichts zu suchen haben. Als ich aufwache, bin ich sehr erleichtert.
Wir hören nie Auslandsfunk, aber anscheinend tun es eine Menge anderer Leute. Millionen. Ein paar Tage nach der Sendung ruft der Produzent an und erklärt, sie können selbst nicht glauben, wie viele Anrufe und E-Mails von Leuten eingegangen sind, die von Krähes Geschichte berührt sind und helfen wollen. Edies Website ist so überladen, dass sie zwischenzeitlich zusammenbricht (was eine Katastrophe sein muss, hätte ich gedacht, aber tatsächlich ist sie darüber noch glücklicher als letztes Jahr, als sie in Mathe mehr als die volle Punktzahl bekommen hat).
Doch es geht nicht nur um Kindersoldaten. Mit jedem Tag kommen mehr E-Mails, in denen die Leute Krähe viel Glück für die London Fashion Week wünschen. Sogar aus Uganda. Wir erfahren, dass es in Kampala genauso viele Nachwuchs-Designer gibt wie in Kensington. Wer hätte das gedacht?
Während Krähe so was wie eine Berühmtheit wird, kommenauf einmal überall Gerüchte über Henry Lamogis Verbleib auf. Leute, die in Flüchtlingslagern arbeiten, oder Leute, die Leute kennen, die dort waren, alle scheinen einen Hinweis zu haben. Er ist noch bei den Rebellen. Er ist tot. Er
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