Modemädchen Bd. 1 - Wie Zuckerwatte mit Silberfäden
Bauch und macht ein Kreuzworträtsel, und es sieht so aus, als hätte sie, nachdem sie in ein rosa Seidenhöschen geschlüpft ist, keine Lust mehr gehabt, sich anzuziehen.
»Hat sie nicht gesagt«, murmelt Harry.
Ich werfe ihm einen wissenden Blick zu. Er heißt so viel wie: »Ich bin keine Expertin, aber soweit ich weiß, finden Frauen es nicht so toll, wenn ihr Freund für den Hintern einer anderen Frau schwärmt.«
Harry zuckt die Schultern. »Es ist Kunst«, sagt er.
Na klar.
Vielleicht hat Zoe auch gedacht: »Was für reizende Seidenschlüpfer. Genau solche will ich auch.« Aber das bezweifle ich.
Der Samstag ist da. Jenny wird geschniegelt und gestriegelt, enthaart und braun gesprüht, in ihren neuen extraanliegenden Super-BH gepresst und noch stundenlang für ihren Blitzauftritt auf dem roten Teppich gefoltert. Harry, Edie und ich sind auf dem Weg nach Notting Hill zu Krähes Schulbasar.
Wir nehmen die U-Bahn, wo wir die Sitzplätze meiden und an den Türen stehen bleiben. Verschiedene Leute beäugen mein Outfit. Ich starre herausfordernd zurück. Keiner traut sich etwas zu sagen.
»So«, sagt Harry und lächelt Edie freundlich an. »Was macht der Masterplan? Welt schon gerettet?«
»Noch nicht«, antwortet sie und ihre Wangen färben sich pfirsichrosa. Sie ist es gewohnt, dass mein Bruder sie mit ihren Plänen zur Weltherrschaft, oder »Frieden«, wie sie es nennt, aufzieht.
Als sie mir das erste Mal von der UNO erzählt hat, fand ich es ziemlich cool.
»Wie Angelina Jolie!«
»Angelina Jolie ist nicht bei den Vereinten Nationen«, hat sie mir genervt erklärt. »Sie repräsentiert die UNO manchmal. Wenn sie nicht gerade Filme dreht oder Kinder adoptiert.«
Offensichtlich findet Edie Angelina Jolie nicht ganz so toll wie ich. Ich verstehe den Unterschied zwischen dabei sein und »nur« repräsentieren nicht ganz, aber egal was es ist, Edie will mehr tun als La Jolie und möglicherweise weniger Kinder adoptieren.
Und während Angelinas Weg dahin Schauspielunterricht beinhaltet hat (nehme ich an), beinhaltet Edies Weg alles, was ihr einfällt, um beim Aufnahmegremium von Harvard Eindruck zu schinden. Zum Beispiel: in allen Fächern zu den Besten zu gehören, im Laufklub zu laufen, im Debattierklub zu debattieren, im Schachklub Schach zu spielen und ihre eigene Website einzurichten, mit der sie wohltätige Vereine unterstützt und ehrenamtliche Arbeit fördert. Ich glaube, vor ein paar Jahren, in der Grundschule oder so, hatte sie ab und zu ein bisschen Freizeit, aber ich würde nicht drauf wetten.
Normalerweise mische ich mich nicht mehr ein. Edie schüttelt den Kopf über mein oberflächliches Leben und mein »ungesundes« Interesse für Modemagazine, umgestylte Klamotten und Promis. Anscheinend ist es sinnlos, ihr zu erklären, dass ich mich nicht freiwillig weigere, in allen Fächern die Beste zu sein und an den Schachweltmeisterschaften teilzunehmen; es ist einfach nicht mein Ding. Und die freie Zeit, die mir bleibt, weil ich keine Mathestunden für Fortgeschrittene oder Orchesterproben habe (ach ja, Orchester hatte ich vorhin vergessen), kann ich gut gebrauchen, um meine T-Shirts und Leggings aufzupeppen unddaran zu arbeiten, nicht wie alle anderen Vierzehnjährigen in London auszusehen.
Heute habe ich einen kurzen geblümten, im Nacken gebundenen Hosenanzug an, den ich neulich abends nach der Schule kreiert habe. Er soll an Liza Minnelli in Cabaret erinnern, an die Dreißigerjahre und Stepptanz, und ist geschnitten wie ein altmodischer Badeanzug. Das Teil ist echt cool und bequem, allerdings habe ich nicht bedacht, dass ich vielleicht auch mal aufs Klo muss, was generalstabsmäßige Planung erfordert. Harry war sehr charmant, als ich heute Morgen darin aufgetaucht bin. Mum hat nur gelacht, was nicht unbedingt schmeichelhaft war. Von Edies Outfit wäre sie wahrscheinlich begeistert. Es ist hellblau und nett und praktisch und LANGWEILIG.
Ich bekomme weiter schiefe Blicke, als wir in Krähes Schule auftauchen. Der Basar findet auf dem sogenannten Sportfeld statt, eine seltsame Bezeichnung für die große, von einem hohen Zaun umgebene Betonfläche, doch heute geht es zu wie auf einem Volksfest, überall Fähnchen und Gedränge und lächelnde Menschen. Auf einem Banner am Zaun steht: »Willkommen in der St. Christopher’s School«, und es gibt Dutzende von Ständen, an denen alles Mögliche verkauft wird, von alten Büchern bis zu Schmuck und selbst gebackenem Kuchen.
Harry holt
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