Modemädchen Bd. 2 - Wie Marshmallows mit Seidenglitzer
aufs Klo will, um zu heulen. Ich will raus auf die Straße und lachen. Und Krähe geht es genauso.
Wir sind uns noch nicht sicher, was wir angerichtet haben. Aber aus einem seltsamen Grund fühlt es sich gut an.
Wir treffen uns in Edies Zimmer.
Überall stehen Körbe mit Pralinen und Teddybären von Leuten, die ihr zu dem Preis gratulieren. Das ist ein bisschen seltsam, denn wer Edies Blog liest, weiß, dass sie weder auf Pralinen noch auf Teddybären steht. Körbeweise Taschenrechner oder Lehrbücher oder Schachspiele wären passender gewesen. Doch davon gibt es keine.
Sie sieht mich an. »Sag das noch mal«, sagt sie.
Ich habe ihr von der ganzen Sache mit Paolo und der Marke und dem holzigen Konferenzsaal berichtet, aber der Teil, den sie immer wieder hören will, ist, wie Krähe am Ende rausgegangen ist. Wir haben es ihr schon fünf Mal erzählt, aber sie kriegt einfach nicht genug davon.
»Das hast du für mich getan?«, fragt sie.
Krähe zuckt die Schultern. Edie interpretiert es als ja und drückt sie so fest, dass Krähe keine Luft mehr kriegt.
»War es ungefähr so?«, fragt Jenny, trippelt durchs Zimmer und dreht sich mit großer Geste auf dem Absatz um. Dieser Tage nutzt sie jede Gelegenheit zum Schauspielen.
»Nein«, sagen wir. »So war es nicht.«
Natürlich haben wir Edie nicht gebeten den Text von Miss Teen auf ihre Seite zu stellen oder das Banner runterzunehmen. Genauso gut könnten wir sie bitten in Unterhose durch London zu laufen. Außerdem wäre es sowieso zu spät. Ihre Website bekommt ständig neue Besucher und die wissen längst, was Edie wirklich denkt.
Inzwischen haben sich zwei der Hilfsorganisationen gemeldet, die Edie unterstützt, und gesagt, dass die Spendenbereitschaft über Nacht merklich zugenommen hat, und vielen Dank. Unsere SCHULDIREKTORIN hat Edie eine E-Mail geschickt, um sie zu loben. Und Phil von No Kidding hat praktisch einen Aufsatz geschrieben, wie toll Edie ist, und sich noch mal dafür entschuldigt, dass sie sich vor Weihnachten auf ihre Site gehackt haben. Ich wette, der kommt sich jetzt schön blöd vor.
Wir überschlagen uns vor Bewunderung für all das Feedback, das sie bekommt, doch Edie will immer noch über das Miss-Teen-Meeting reden.
»Und wie geht es jetzt weiter? Mit Mr Elat?«
Ich imitiere Krähes Schulterzucken. Wir wissen es nicht. Das einzig Unangenehme daran, mit erhobenem Kopf aus einem Meeting hinauszulaufen, ist, dass das Meeting ohne euch weitergeht und hinter eurem Rücken alle möglichen wichtigen Dinge entschieden werden und ihr abwarten müsst, bis man euch informiert.
Wir werden alle etwas stiller. Niemand will aussprechen, was wir denken, nämlich dass wir uns fragen, ob Krähe und ich überhaupt noch einen Job in der Modebranche haben. Und wenn nicht, na und. Dann habe ich eben mehr Zeit, für die Abschlussprüfungen zu lernen.
Edies Mutter steckt den Kopf durch die Tür und bricht netterweise das Schweigen.
»Morgen Mittag machen wir ein großes Familienessen. Nach all der Aufregung braucht Edie was Leckeres. Habt ihr Lust zu kommen?«
Man könnte meinen, Edie hätte eine überambitionierte Mutter, die sie ständig dazu drängt, die Beste in Mathe zu sein und Sprintrekorde zu brechen, aber so ist es nicht. Im Gegenteil, Edies Mutter ist total entspannt und macht sich eher Sorgen, dass Edie übertreibt und nicht genug isst und nicht so viel Popmusik hört »wie deine anderen netten Freundinnen«. Allerdings hat Edies Mutter leider nur ein Gericht für besondere Anlässe und das ist Pizza, und wer ihre Pizza jemals probiert hat, weiß, warum Edie so dünn ist. Trotzdem ist es lieb, dass sie uns einlädt.
Jenny sagt, es tut ihr leid, aber sie hat ein Notfalltreffen wegen ihres Stücks. Krähe steckt gerade mitten in mehreren Kleidern, darunter die letzten Änderungen für das Kleid, das Sigrid Santorini in Italien tragen will. Edie sieht mich verzweifelt an. Bis jetzt hat sie ihre Mutter überzeugen können, dass alle ihre Pizza lieben und gar nicht genug davon bekommen. Ich würde ja gerne aushelfen, aber diesmal habe ich auch schon etwas vor.
»Tut mir echt leid«, murmele ich. »Ich habe morgen ein Date.«
Ich sage es so leise wie möglich. Solange Jenny im Raum ist, habe ich keine Lust auf dieses Thema.
»OOH, EIN DATE?«, fragt Edies Mutter. Das Gute ist, sie glaubt mir und nimmt es nicht persönlich. Das Blöde ist, sie will unbedingt Details wissen. »Mit einem Jungen?«
»Na ja, irgendwie schon«, murmele ich noch
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