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Modemädchen Bd. 2 - Wie Marshmallows mit Seidenglitzer

Modemädchen Bd. 2 - Wie Marshmallows mit Seidenglitzer

Titel: Modemädchen Bd. 2 - Wie Marshmallows mit Seidenglitzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Bennett
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aber die Hauptsache ist, er ist wieder da. Jetzt müssen wir wirklich zusehen, dass wir hier wegkommen.
    Doch bevor wir gehen, holt Harry sein Handy aus der Tasche. Die Kinder scharen sich um ihn, um es zu bewundern. Ich frage mich schon, ob er es ihnen schenken will, aber das tut er nicht. Er macht Fotos von ihnen. Er fängt mit Sanjay und Ganesh und Lakshmi an, doch bald wollen unbedingt alle mit aufs Bild. Dann nennt er Sanjay den Namen unseres Hotels und sagt ihm, sich in vierzehn Tagen dort einzufinden.
    »Es wird ein Umschlag für dich da sein. Und außen wird dein Foto kleben, damit die Leute wissen, wem sie ihn geben sollen. In dem Brief steht, wie wir euch helfen. Finde jemanden, der dir beim Lesen hilft. Okay? Jemanden, dem du vertraust.«
    Wen, frage ich mich. Walt Disney?
    Sanjay sieht uns alle an und schüttelt auf diese unentschieden indische Art den Kopf. Ich weiß nicht, ob er Harry glaubt. Was können vier Touristenkinder schon tun, die so plötzlich aus dem Nichts auftauchen? Doch offensichtlich ist Sanjay jemand, der gerne glaubt, dass alles gut wird.
    »Ja, Sir«, stimmt er zu. Er wiederholt die Anweisungen. »Das ist ein leichter Auftrag. Du kannst dich auf mich verlassen, Sir.«
    Endlich gehen wir. Der Abschied von Lakshmi fällt mir schrecklich schwer. Ich ertrage den Gedanken nicht, dass ich sie wahrscheinlich nie wiedersehe. Ich überlege, was ich ihr noch schenken kann. Dann fällt mir die Goldkette ein, die Mum mir vor Jahren geschenkt hat. Rasch nehme ich sie ab und gebe sie ihr. Vielleicht kann sie sie verkaufen und sich etwas Warmes zu essen davon kaufen. Ich nehme sie in den Arm und sie hält mich fest. Doch ihre Arme sind so leicht, dass ich sie kaum spüre.
    Auf dem Rückweg durch den Basar bekomme ich kaum etwas mit von den Gassen, dem Lärm, dem Gestank und der Hitze. Krähe bleibt ganz nah bei mir. Ich glaube, sie weiß, dass ich ihren tröstenden Arm zum Festhalten brauche.
    »Was ist das eigentlich für ein Plan, den du hast?«, fragt Edie Harry.
    »Welcher Plan?«
    »Na, der Plan, der in dem Brief stehen wird. Der Brief, den Sanjay abholen soll.«
    »Ach das. Keine Ahnung. Was sollen wir tun? Ich habe gehofft, dass uns bis dahin was einfällt. Vielleicht kann dein Phil uns helfen.«
    Mein Bruder. Ich habe ihn so lieb. Und jetzt weiß ich, dass meine Angewohnheit zu improvisieren genetisch bedingt ist. Schön, dass ich nicht die Einzige bin.

»Und, wie war es in Agra? Ihr habt nicht mehr angerufen! War alles in Ordnung? Ich will alles wissen.«
    Ich sitze bei Mrs Patil im Wagen und plötzlich wünschte ich, wir würden Kopfrechnen üben.
    Wir hatten total vergessen, dass uns die Patils auch wieder zum Flughafen bringen würden. Und wir hatten erst recht vergessen, dass sie einen ausführlichen Bericht von allem verlangen würden, was wir unternommen haben. Natürlich ist es für Harry und Krähe noch unangenehmer, denn sie fahren im anderen Wagen bei Mr Patil mit. Und wir wissen nicht, ob er von der Kinderarbeit weiß. Es ist schwer vorstellbar, dass er Bescheid weiß, nachdem wir ihn in seiner blitzblanken Fabrik mit all den glücklichen gesunden erwachsenen Mitarbeitern und den Hightech-Maschinen gesehen haben und nachdem wir seine eigenen niedlichen Kinder kennengelernt haben, die so gut im Kopfrechnen sind.
    Vielleicht war es jemand anderes, der beschlossen hat, dass Svetlanas Kleid zu kompliziert war, um es billig in der Fabrik herzustellen. Vielleicht war es irgendein Nachwuchsmanager, der mit Ganeshs Bossen gesprochen, das Geschäft eingefädelt und die Profite eingesackt hat. Vielleicht war es jemand, dem wir nie begegnet sind. Vielleicht sind die Patils, wenn wir ihnen erzählen, was wir gesehen haben, furchtbar entsetzt und sorgen ganz schnell dafür, dass die Bosse im Gefängnis landen.
    Vielleicht aber auch nicht. Nur eins ist sicher: Wir wissen nicht, was wir tun sollen, und wir wissen nicht, wem wir vertrauen können. Es ist besser, den Mund zu halten, bis wir wieder in London sind. Denn dort können wir uns von Edies Netzwerk an Freunden in Hilfsorganisationen helfen lassen.
    Also erzähle ich eine Stunde lang von Armreifen und Nintendo-Spielen und Mangoeis und klinge wie der oberflächlichste Teenager, der je einen Fuß nach Mumbai gesetzt hat. Edie unterstützt mich mit einem zehnminütigen Vortrag über die wunderwunderschöne Architektur. Als wir am Flughafen ankommen, stürzen wir praktisch aus dem noch fahrenden Auto, so eilig haben wir es, zur Passkontrolle

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