Modemädchen Bd. 2 - Wie Marshmallows mit Seidenglitzer
mit seiner Rundumsonnenbrille. (Draußen ist es längst dunkel.)
»Meine Güte, bin ich froh, dass das vorbei ist!«, sagt Andy aufgekratzt. »Das war das schlimmste Meeting meines Lebens.« Dann sieht er uns um seinen Tisch sitzen. »Was ist passiert? Ist die Katze gestorben?«
Irgendwo finde ich meine Stimme wieder.
»Nein. Aber ich fürchte, wir können die Kollektion nicht machen. Und Edie kann ihre Website nicht ändern.«
Andy setzt sich ans Kopfende des Tischs und Paolo setzt sich ans andere Ende gegenüber. Seine Laune ändert sich mit einem Schlag und alle Heiterkeit ist verschwunden.
»Schießt los, Kinder. Was ist das für eine Geschichte?«
Wir erklären unsere Bedingungen, wenn wir mit Miss Teen weitermachen sollen. Gelegentlich meldet sich Amanda zu Wort, betont das ein oder andere oder erwähnt etwas, das wir ausgelassen haben.
»Aha«, sagt Andy, als wir fertig sind. Dann lacht er laut. »Kein Wunder, dass ihr solche Gesichter macht.« Er sieht Krähe an. »Du zeigst uns mal lieber deine Entwürfe, junge Dame. Nach dem ganzen Heckmeck, den du hier veranstaltest, müssen sie ja verdammt gut sein.«
Endlich packt Krähe ihren Rucksack aus, legt das Mood Board und den Stapel mit den Skizzenblöcken vor Amanda auf den Tisch und beginnt ihre Entwürfe durchzugehen. Ausnahmsweise muss ich nichts sagen. Ich darf mich zurücklehnen, während sie beschreibt, was sie inspiriert hat und worum es in ihrer Kollektion geht.
»Sie heißt ›Weißes Licht‹«, erklärt sie. Ihre Stimme ist leise und gedrückt nach dem Gespräch, das wir hinter uns haben, aber sie fährt tapfer fort. »Die Idee dazu kam mir, als wir im Taj Mahal waren. Alle Teile sind aus weißer Baumwolle oder Seide, für den Sommer. Inspiration war die Liebe, es sind also romantische Schnitte. Der Stoff hat mehrere Lagen und viele runde Nähte, wie meine früheren Arbeiten, aber diesmal gibt es so gut wie keinen Schmuck, bis auf wenige Stücke, die mit diesen Steinen besetzt sind. Wir kennen ein paar sehr gute Werkstätten in Indien, die das übernehmen können.«
Edie nickt dazu. Plötzlich ist sie Expertin, was internationale Stickwerkstätten angeht, und sie weiß, dass indische Stickereien – in denen Erwachsene arbeiten – die besten sind.
Aber Krähe ist noch nicht fertig. »Bei dieser Kollektion liegt der Schwerpunkt auf dem Schnitt. In der Fabrik haben sie die tollsten Schneidemaschinen. Ich glaube, die kriegen das hin.«
Amanda, Andy und Paolo beugen sich über die Entwürfe, während sie jedem Wort lauschen, das Krähe sagt, und blättern zwischen den Teilen hin und her. In nur wenigen Tagen hat Krähe Oberteile und Hosen, Kleider, Röcke, Tuniken und Leggings entworfen. Mehr als die Hälfte der Kollektion, die Miss Teen brauchen würde, und sie vermitteln ihre Vision sehr gut.
Ich höre, wie Kommentare wie »architektonisch« und »skulptural« gemurmelt werden. Die Gesichter sind sehr ernst und es ist unmöglich zu erraten, was sie denken. Außerdem stehe ich immer noch unter Schock wegen der Vorstellung, dass jemand dir deinen eigenen Namen wegnehmen kann. Ich wusste nicht, dass so was möglich ist, aber anscheinend haben wir es irgendwo in einem der Verträge unterschrieben. Nächstes Mal muss ich die Dinger aufmerksamer lesen. Falls es ein nächstes Mal gibt.
»Die Teile sehen komplizierter aus, als sie sind«, erkläre ich und versuche dabei nicht verzweifelt zu wirken. »Wenn der Schnitt richtig gemacht wird, sind sie sogar ziemlich einfach herzustellen. Glauben wir. Wir haben ein paar ausprobiert und es scheint zu funktionieren. Ich meine, die Schnittmuster sehen wahrscheinlich ziemlich komisch aus, aber Krähe ist eine Zauberkünstlerin, was Schnitte angeht, ha ha, und es gibt da einen unglaublichen Wasserfalleffekt, oder hier, den bauschigen Ärmel, der von einer Kuppel inspiriert ist, und hier diese Ausschnitte, durch die man die Lagen darunter sieht, die auch weiß sind …«
Ich brabbele. Dann bremse ich mich. Andy sieht Krähe und mich an und alle werden still.
»Nur um eins klarzustellen«, sagt er. »Ihr wollt, dass ich diese Entwürfe produziere. Und im Gegenzug dafür, dass Edie sagt, ich bin kein böser Sklaventreiber, wollt ihr die volle Kontrolle darüber, wie die Sachen hergestellt werden. Und darüber, wie ich mit meinen Mitarbeitern in Indien umgehe. Und was auf den Etiketten steht. Habe ich etwas ausgelassen?«
»Äh, ja«, sagt Edie. »Ein Prozentsatz der Profite soll an die ausgebeuteten
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