Modemädchen Bd. 3 - Wie Sahnewolken mit Blütentaft
sich darum, von ihr auserwählt zu werden. Ich habe gelesen, dass sogar Sarah Burton sofort Interesse angemeldet hat. Und wenn Isabelle Krähe gefragt hat, wieso hat Krähe mir nichts davon erzählt?
Krähes Entwurf ist schön, aber irgendwas fehlt noch. Ehrlich gesagt ist er bis jetzt fast ein bisschen kitschig. Aber Krähe hat bestimmt ein Ass im Ärmel, mit dem sie das Kleid aufpeppt, wenn sie sich morgen wieder dransetzt. Und bestimmt ist Isabelle am Ende glücklich damit. Mum wird hin und weg sein. Und Granny wird im siebten Himmel schweben.
Und schon bin ich wieder da, wo ich angefangen habe. In Gedanken bei Granny und Hochzeiten und Mum.
Ich knipse das Licht im Atelier aus und schleppe mich nach oben in mein Bett.
»Oh nein, du auch noch?«
In der Schule sieht Edie die dunklen Ringe unter meinen Augen.
»Lear«, sage ich vielsagend. »Und ich meine nicht den Jet.«
Glücklicherweise glaubt Edie mir. Es ist bekannt, dass ich auf Shakespeare tragisch reagiere.
Jenny dagegen ist quietschfidel. Sie will wissen, wo genau in SoHo Isabelles Wohnung ist und welche Filme auf dem Flug nach New York gezeigt werden. Sie summt zwei der neuesten Lieder, die sie für den Workshop lernt. Insgesamt wirkt Jenny wie jemand, der letzte Nacht gut geschlafen und beim Frühstück eine Überdosis Schokopops zu sich genommen hat.
Sie nimmt mich noch mal in den Arm.
»Mum sagt Ja. Wenn Isabelle da ist, lässt sie mich gehen. Nonie, du bist ein Genie.«
Ich lächele bescheiden. Wenn die Beinahe-Verwandtschaft mit Leuten mit mehrfachen Mega-Wohnungen mich zum Genie macht, bin ich froh, dass ich helfen konnte.
Edie mustert uns. Wahrscheinlich fällt ihr auf, wie wir angezogen sind.
»Oje. Ist heute Ballflachfreitag?«, fragt sie mitfühlend.
Wir nicken. Es gibt keine Schuluniform an unserer Schule, weshalb ich normalerweise irgendein zauberhaftes Strickteil von Krähe anhätte, meine schottengemusterte Strumpfhose und ein Paar silberne Glitzer-Doc-Martens oder ein Paar umgemodelte Gummistiefel wie die von Krähe. Jenny trägt neuerdings gerne Vintage-Abschlussballkleider mit Bolerojäckchen, die ich für sie mit Filzblumen und einer wachsenden Broschen-Kollektion verschönere. Heute hat sie Jeans und einen weiten dunkelblauen Pullover an, und ich trage einen grauen Faltenrock, ein weißes Hemd, schwarze Strumpfhosen und karierte Converse-Schuhe, was ungefähr die konservativste Kombination ist, zu der ich körperlich in der Lage bin.
Im September fing es an, und seitdem ist es kontinuierlich schlimmer geworden.
Jenny und ich haben Französisch als Prüfungsfach. Allerdings hatte unsere Direktorin dieses Jahr die brillante Idee, unseren Kurs mit einem Kurs der örtlichen öffentlichen Schule zusammenzulegen, damit die Wetherby-Schüler in den Genuss unserer alten Lehrerin Madame Stanley kommen, einer Art Legende, und wir die neuen Sprachlabore der Wetherby-Schule benutzen können, die mit modernster Technik ausgestattet sind. Als die brillante Idee verkündet wurde, fanden wir sie eigentlich ganz okay. Eine nette Gelegenheit, neue Leute kennenzulernen, mit denen wir ins Kino gehen, Lernkrisen meistern und anderweitig rumhängen können. Jungen in unserem Alter eingeschlossen. Interessant. Vor allem, wenn man seit seinem elften Lebensjahr auf einer Mädchenschule ist.
Allerdings hatten wir nicht mit den Belles gerechnet.
Annabelle Knechtli tauchte Anfang des Jahres an unserer Schule auf. Zuerst fand sie es super, ein Mädchen in der Klasse zu haben – Jenny –, die in einem Kinofilm und in einem Theaterstück im West End war. Annabelle will nach der Schule zum Fernsehen, und sie wollte sich unbedingt bei Jenny einschleimen, alles über das Geschäft lernen, ihre Neue Beste Freundin sein und sie auf Facebook total in Beschlag nehmen. Doch Jenny hat schon zwei beste Freundinnen – mich und Edie –, und Annabelles Plan ist nicht aufgegangen. Danach hat sie sich mit Maybelle aus dem Französischkurs zusammengetan, die auf die Wetherby geht, und gemeinsam sind sie die Belles. Die Belles haben zwei Ziele im Leben. Erstens, wahnsinnig beliebt zu sein, vor allem bei den Jungs. Und zweitens, Jenny und mich »auf unsere Plätze« zu verweisen.
Ich weiß immer noch nicht genau, wo »unsere Plätze« sind, aber ich weiß, dass wir im Kurs in der letzten Reihe sitzen und versuchen, uns aus allen Unterhaltungen und Verabredungen herauszuhalten, weil wir sonst gemobbt werden. Sprüche wie »Müsstest du nicht gerade bei einer
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