Modemädchen Bd. 3 - Wie Sahnewolken mit Blütentaft
die Queen erst fünfundzwanzig war, als sie Königin wurde?«
»Ja, ich glaube schon«, sage ich und hoffe, sie ist damit zufrieden und wir können weiter über Paris reden.
»Und dann stand sie da, total verliebt, frisch verheiratet, mit zwei kleinen Kindern. Sie wollte einfach nur ein schönes Familienleben führen und Pferde reiten, doch plötzlich muss sie ein ganzes Land regieren. Nicht einfach ein Land, ein Weltreich.«
»Ach ja.«
»Prinzessin Margaret hatte dafür ein tolles Leben. Tanzen. Cocktails. Freunde. Und sie ist oft ins Ballett gegangen und hing mit Künstlern rum. Und sie hatte die allerschönsten Kleider.«
»Ach ja«, murmele ich mit meiner uninteressiertesten Stimme, aber bei Jenny kommt die Botschaft immer noch nicht an.
»Alanna – das Mädchen, das Margaret gesungen hat – war supertoll. Sie singt in Musicals, seit sie sechs Jahre alt ist. Wenn die Show je auf den Broadway kommt und sie die Rolle kriegt, schaue ich sie mir auf jeden Fall an.«
»Ach ja.«
Endlich wird Jenny stutzig.
»Du hörst mir gar nicht zu, oder?«
»Na ja, ich war eben nicht dabei. Aber ich freue mich für dich, Jenny. Ehrlich.«
Sie seufzt.
»Und, ist irgendwas passiert, als ich weg war?«
»Also, der süße Phil findet, Edie stresst sich zu sehr, und will mit ihr surfen gehen …«
»Mhmm.«
Jenny findet die Phil-Geschichte auch nicht sehr fesselnd, das höre ich ihr an.
»Oh, und die Leute von der Vogue haben sich gemeldet.«
»Mhmm?«, fragt sie. Plötzlich ist ihre Stimme ganz leise. Wir sind beide froh, dass uns die Belles nicht zuhören.
»Der Fotograf ist gebucht, und das Atelier auch«, erkläre ich. »Du musst dir nächste Woche nur noch die Haare schneiden und tönen lassen, aber das organisieren sie auch alles.«
»Mhmm.«
Diesmal ist es kein gelangweiltes »Mhmm«. Diesmal ist es das supernervöse »Mhmm« der alten Jenny.
»Du wirst fantastisch aussehen!«, versichere ich ihr.
»Mhmm?«
Sie sieht mich an, als hätte ich sie als Gladiatorin im Kolosseum angemeldet. Und den Löwen vorgeworfen.
Wir reden hier nicht davon, uns die Vogue zu kaufen oder vielleicht die Redaktion zu besuchen. Oder davon, dass Isabelle in der Vogue ist (was sie natürlich regelmäßig ist). Wir reden davon, dass Jenny in die Juni-Ausgabe kommt. Rein und drauf. Auf die Titelseite. Und in Jennys Augen ist das alles meine Schuld.
Wobei es eigentlich nicht meine Schuld ist, sondern Krähes. Vorletzte Weihnachten hat Krähe ihre erste große Kollektion für Miss Teen präsentiert. Nur ein paar Teile. Hauptsächlich bonbonfarbene Partykleider, Blütenblätterröcke und mit Glitzersteinen bestickte T-Shirts. Endlich konnten Tausende von Mädchen Krähes Sachen tragen statt nur einer glücklichen Handvoll. Die Kollektion war fast über Nacht ausverkauft. Natürlich hat Miss Teen Krähe gebeten, noch eine Kollektion für sie zu entwerfen. Diesmal ist es eine Sommerkollektion – jede Menge weiße Baumwolle, fließende Lagen und clevere Schnitte. Sie soll im Mai in die Läden kommen, aber mit der Publicity geht es jetzt schon los.
Zugegebenermaßen war es meine Idee, Jenny zum Gesicht der neuen Kollektion zu machen. Jenny hat tolle Kurven und ist wunderschön und sieht in Krähes Sachen einfach zum Anbeißen aus. Als sich herumsprach, wie gut Krähes neue Kollektion ist, hat die Redakteurin der britischen Vogue beschlossen, aufs Ganze zu gehen und Jenny in einem von Krähes neuen Entwürfen auf die Titelseite zu nehmen, obwohl sie Kleidergröße 40 hat und nicht gerade mega-berühmt ist. Erst war Jenny begeistert, aber je näher das Fotoshooting rückt, desto mehr kommt sie von der Meinung ab, dass ich ein Modegenie bin, und findet mich stattdessen VÖLLIG DURCHGEKNALLT UND GRAUSAM.
Das sind nur die Nerven, sage ich ihr immer wieder. Sie sieht toll aus, auf ihre rothaarige, knackige, quirlige Art. Und selbst wenn sie den Pickelausbruch des Jahrhunderts bekäme, können die Bilder mit Photoshop nachbearbeitet werden. Jenny muss einfach nur lächeln. Schließlich ist sie Schauspielerin. So schwer kann das nicht sein.
Würde man meinen.
Jennys siebzehnter Geburtstag steht vor der Tür und sie hat in den letzten Jahren viel gelernt. Zum Beispiel, dass man einem Hollywood-Teenager-Sexgott nicht weiter trauen darf, als man ihn werfen kann. Oder dass gelbe Hosenanzüge (Tokyo-Premiere des Hollywood-Films vor drei Jahren) gar nicht gehen. Und dass du dich, wenn du nicht wahnsinnig viel Selbstvertrauen hast, was
Weitere Kostenlose Bücher