Modemädchen Bd. 3 - Wie Sahnewolken mit Blütentaft
Gut, dass Jenny nicht da ist. Miss Teen startet werbetechnisch durch, weil die Einführung von Krähes Kollektion kurz bevorsteht. Sie machen eine massive Werbekampagne mit einem Foto, das letzte Weihnachten in Indien entstanden ist. Und Jenny gefällt das Foto sogar, weil außer ihr noch ein Elefant, die handgemalte Kulisse des Taj Mahal und mehrere Bollywood-Tänzer zu sehen sind.
»In der Menge wirke ich richtig mager«, hat sie gesagt, als wir es zum ersten Mal gesehen haben. »Perfekt.«
Ihre Komplexe wegen ihrer Figur auf Fotos machen mir Sorgen. Denn für Krähe und mich ist es echt wichtig, dass sie auf der Treppe zum Metropolitan Museum posiert, wenn sie mit Isabelle zum Met Ball geht. Ich habe Angst, dass sie einfach an den Fotografen vorbeiläuft und sich möglichst schnell verdünnisieren will. Oder schlimmer noch, dass sie sich hinter jemandem versteckt. Das funktioniert sowieso nie. Wir haben Andy Elat Publicity versprochen, und ich hoffe, dass meine Chuzpe sich auszahlt.
Am Tag nach dem Met Ball suche ich im Internet nach Fotos. Es ist nicht schwer. Über den Met Ball wird in jedem Mode-Blog, in jeder Online-Zeitschrift und Netzzeitung berichtet. Das meiste ist das übliche begeisterte Blabla, der Ball sei der beste seit Jahren gewesen. Es gibt jede Menge Fotos von Isabelle in ihrem blassgoldenen McQueen-Abendkleid mit dem Schwalbenschwanz, in dem sie aussieht wie eine Prinzessin aus dem Mittelalter. Und alle sind sich einig, dass dieses Jahr auf dem Met Ball Retro-Vintage angesagt war. Wer dieses Gefühl am besten rüberbrachte, war die Newcomerin mit dem kurzen kupferroten Haar. Die zusammen mit Isabelle kam, in einem wunderschönen Ballkleid aus schwarzem Samt mit rückenfreiem weißem Satinoberteil. Jenny Merritt, die Schauspielerin, die kürzlich in der Vogue war. Und deren Kleid im Vintage-Stil von der »Oscar-Designerin« Krähe Lamogi stammt, deren neue Kollektion in Kürze in England in die Läden kommt …
Ich bin so dankbar, dass ich weinen könnte.
Das Timing ist perfekt. Der offizielle Start findet zwei Tage später statt, und wieder stehen die Mädchen rund um den Häuserblock Schlange, weil sie unbedingt Krähes Entwürfe in die Finger kriegen wollen. Glücklicherweise werden die Sachen diesmal nicht so schnell ausverkauft sein, aber das auch nur, weil Miss Teen genug produziert hat, um praktisch jedes Mädchen in England einzukleiden.
Das ist der Teil, der mir am meisten Spaß macht. Krähe und ich treffen uns nach der Schule und schlendern durch Kensington und spielen, wer als Erstes Teile der neuen Kollektion an echten Leuten entdeckt. Allmählich tauchen sie überall auf: auf der Straße, im Park, im Bus, samstagmorgens im Fernsehen an Moderatorinnen. Es ist spannend zu sehen, wie Krähes Entwürfe mit Sachen von Topshop, New Look und anderen Läden kombiniert werden. Die echten Trendsetter machen Dinge damit, die wir nie für möglich gehalten hätten. Leggings als Schals. Tuniken als Minikleider mit bunten Strumpfhosen. Lange Kleider als Unterröcke unter femininen Rüschenröcken von H&M. Lakshmi e-mailt mir aus Indien, dass in den Läden in Mumbai bereits Imitate auftauchen, was schmeichelhaft ist.
Außerdem besprechen wir, was wir als Nächstes vorhaben. Krähe hat so viele Ideen, dass sie sich kaum entscheiden kann. Sie will mehr Entwürfe im Stil der fünfziger Jahre machen, mit Glockenröcken und Wespentaillen. Ich finde, sie sollte mit modernen Materialien und Techniken experimentieren, Neopren und Laserschnitt zum Beispiel. Edie schlägt eine One-World-Linie vor, mit fair gehandelter Baumwolle aus Uganda. Krähe ist sofort begeistert. Jetzt muss sie sich nur noch für die beste Idee entscheiden und Andy Elat anrufen und sich von ihm erklären lassen, was wir tun müssen, um unser eigenes Label zu gründen.
Das ist keine gute Zeit für Prüfungen. Es ist fast unmöglich, sich zu konzentrieren, aber ich tue, was ich kann. Mum hat mir einen neuen Laptop versprochen, wenn ich in diesem Jahr gut abschneide. Und den brauche ich dringend, denn über meinen habe ich einen Smoothie gekippt, und seitdem ist er nicht mehr der Alte.
Eigentlich soll ich für BWL lernen, aber Jenny verkündet, dass sie aus New York zurück ist, und fragt, ob wir uns treffen wollen. Natürlich wollen wir. Wir verabreden uns zum Pizzaessen. Edie und Krähe sind auch mit dabei.
Wir reden Ewigkeiten darüber, wie toll Jenny in dem Ballkleid und den Diamanten aussah. Selbst jetzt hat sie noch
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