Modemädchen Bd. 3 - Wie Sahnewolken mit Blütentaft
gut. Er singt und spielt, als wäre er selbst ein Star, und es ist ein komischer Gedanke, dass er nie in der Öffentlichkeit auftritt. Wahrscheinlich könnte er seine eigene Show in Las Vegas haben, wenn er wollte. Solange er es nur nie wieder mit dem britischen Akzent versucht.
Ich bin so beeindruckt, dass mir Ewigkeiten nicht auffällt, dass ich ganz allein auf dem goldenen Seidensofa sitze. Als ich es bemerke, schwant mir Böses. Edie und Jenny sind verschwunden. Sie müssen oben in Jennys Zimmer sein. Was nur heißen kann, dass Edie Jenny von Gloria erzählt. Nicht nur von den Tabletten, das weiß Jenny bereits, sondern davon, was die Krankenschwestern gesagt haben. Wie labil Gloria immer noch ist.
Ich mache mir Sorgen, wie labil Jenny ist, wenn es um ihre Mutter geht. Oje. Ich bin den ganzen Weg hergekommen, um Edie nicht allein auf Jenny loszulassen, und jetzt passiert es direkt vor meiner Nase. So schnell ich kann, ohne unhöflich zu wirken, entschuldige ich mich bei Jackson und gehe nach oben.
Ich brauche einen Moment, bis ich Jennys Zimmer finde. Es gibt so viele Türen in diesem Haus. Als ich endlich die richtige aufmache, drehen sich zwei Köpfe und sehen mich an. Beide haben rosa Flecken auf den Wangen. Ansonsten ist Edies Gesicht weiß und angespannt, Jennys ist fleckig und tränenüberströmt.
»Du gibst mir die Schuld, oder?«, schreit Jenny. »Du denkst, es geht ihr meinetwegen schlecht. Weil ich mich zu wenig um sie kümmere.«
»Ich denke, du kümmerst dich überhaupt nicht um sie!«, schreit Edie zurück.
Jennys Stimme wird leiser, aber sie zittert vor Wut. »Geh weg! Geh weg! Lasst mich in Ruhe!«
Unter diesen Umständen haben wir keine Wahl. Wütend packe ich Edies Arm und ziehe sie hinter mir her.
»Wir gehen«, sage ich zu Jenny. »Aber bitte, bitte ruf mich an. Wir sind extra deinetwegen gekommen, Jenny. Versprich mir, dass du mit mir redest?«
Sie antwortet nicht.
Edie und ich gehen runter ins Wohnzimmer. Drei elegante, verwirrte, verlegene Wards bringen uns höflich zur Tür. Wir fahren mit der U-Bahn nach Hause und erreichen schweigend Isabelles Wohnung. Soeben habe ich Harrys Geburtstagsgeschenk versemmelt, indem ich die wichtigsten fünf Minuten in New York damit verbracht habe, einem alten Mann am Klavier zuzuhören, und es war noch nicht mal Elton John. Ich könnte mich ohrfeigen. Und Edie könnte ich auch ohrfeigen, aber ich tu es nicht.
Beim Frühstück am nächsten Morgen ist Edie kleinlaut. Sie tut, als wäre sie mit ihrem Reiseführer und ihren Superlisten beschäftigt, aber mir kann sie nichts vormachen. Wir starren die Telefone an: meins, Isabelles Festnetz und Edies. Irgendwann bekomme ich eine SMS.
»tut mir leid. nicht deine schuld. sehen wir uns bei den eisbären im central park in 1 stunde? Jxxx.«
Das ist gut. Das ist super. Jenny redet noch mit mir. Und anscheinend gibt es Eisbären im Central Park. Interessant. Ich dachte, da gäbe es nur Bäume und Schaukeln und so was.
»Soll ich mitkommen?«, fragt Edie.
»Nein, schon gut«, sage ich. Was der Code ist für: Nach allem, was du gestern Abend gesagt hast, BIST DU VERRÜCKT?
»Na gut«, sagt sie. Ich glaube, sie hat den Code verstanden. »Richte ihr liebe Grüße aus«, sagt sie, »und … ich hoffe … es geht ihr besser.«
Ich nehme an, das ist der Code für eine große Entschuldigung, und verspreche es auszurichten.
Der Central Park ist wunderschön, selbst im Winter, wenn kaum Blätter an den Bäumen hängen und jeder New Yorker in alle Mäntel und Schals eingepackt ist, die er finden kann. Nach den riesigen Hochhauszeilen und lauten Straßen mit den rasenden gelben Taxis herrscht hier plötzlich Friede, Ruhe, Ordnung, und man bekommt sofort Lust auf einen romantischen Spaziergang. Seltsamer Gedanke, dass Bergdorf Goodman nur zehn Minuten zu Fuß entfernt ist, höchstens. Ich kann verstehen, warum Granny gern mit den Mini-Isabelles und Mini-Harrys herkommen würde. Doch wie Eisbärengebiet sieht es nicht gerade aus.
Ich komme zum Zoo, der ziemlich weit unten auf Edies Liste von kulturellen Pflichtveranstaltungen steht, und folge den Schildern zum Polarkreis. Irgendwann finde ich das große Felsengehege mit dem geräumigen Pool, und da sind sie. Zwei Eisbären, die auf einem Felsen sitzen und sich entspannt den Pelz kraulen. In der Nähe sitzt ein Mädchen mit kurzem kupferrotem Haar und Sonnenbrille, die sich wie ein Häufchen Elend an einen Becher heiße Schokolade klammert.
Als ich näherkomme,
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