Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Moderne Piraten

Titel: Moderne Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
Vom Netzwerk:
erwiderte Rübesam. »Ja, wenn des Dienstes ewig gleichgestellte Uhr nicht wäre, die uns Fabrikmenschen tagaus, tagein zur Arbeit ruft! Immerhin, bis acht Uhr sind’s noch fast drei Stunden. Die Füllung des Ballons und Ihren Abflug will ich mir doch mitansehen. Wir können uns übrigens den Weg abkürzen, meine Herren, ich habe die Schlüssel zum Nordtor bei mir. Wir wollen hier den Wiesenpfad neben der Bahn entlanggehen, da sparen wir eine gute Viertelstunde.«
    Sie wanderten über die Wiesen neben dem Bahndamm und kamen schnell zum Tor. Unter Führung des Chemikers mußten sie im Werk erst einige Höfe durchschreiten. Dann folgte noch ein kurzer Weg über freies Gelände und der Gaskessel lag vor ihnen. Schon von weitem sahen sie eine Gruppe von Werkarbeitern, die aufgeregt beisammen standen und gestikulierten.
    »Nanu, was halten die denn für ein Palaver ab? Haben ja noch gar nicht mit der Füllung angefangen«, sagte der vorher als Baumeister von Rübesam Angeredete.
    »Merkwürdig!« Rübesam schüttelte den Kopf. »Da scheint irgend etwas nicht zu stimmen, meine Herren.«
    Sie waren inzwischen näher gekommen, und einer aus der Gruppe lief ihnen entgegen.
    »Was ist denn los, Meister Schulz?« rief ihm Rübesam schon von weitem zu. »Warum füllt ihr noch nicht?«
    Der Mann, vom Laufen noch außer Atem, stand vor dem Chemiker. »Herr Rübesam, der Ballon ist weg!«
    »Was?« – »wie?« – »Was soll das heißen?« – »Ist doch unmöglich!« Von allen Seiten prasselten Fragen und Ausrufe auf den Meister.
    Rübesam faßte ihn am Ärmel. »Erstmal ruhig Blut, Meister Schulz! Der Ballon kann doch nicht spurlos weg sein.«
    »Er ist aber weg, Herr Rübesam! Alles weg! Hülle, Netz, Korb und Ballastsäcke. Wie ich vor zehn Minuten mit den Leuten hierher kam, um mit der Füllung anzufangen, da fanden wir nur die Plane. Na, und die liegt ja auch noch hier.«
    »Ruhig Blut, Meister Schulz!« Rübesam suchte den Aufgeregten zu beschwichtigen. »Die Sachen sind vielleicht noch im Schuppen eingeschlossen.«
    »Nein, Herr Rübesam, wir haben ja schon gestern abend alles hierher gebracht, damit’s heute früh schneller gehen sollte. Wir hatten die Hülle schon auf die Plane gelegt – trotzdem. Wir haben auch im Schuppen noch einmal nachgesehen, aber da ist natürlich nichts mehr drin.«
    Rübesam faßte sich an die Stirn. »Schockschwerenot, Leute, nehmt doch Vernunft an! Wer soll denn den ganzen Kram hier weggeschleppt haben?«
    »Das weiß ich nicht, Herr Rübesam. Aber der Ehrhardt« – er wies auf einen der Werkarbeiter – »der meint, der Gaskessel sei gestern abend viel höher gewesen.«
    »Höher gewesen? Unsinn! Heda, Sie, Ehrhardt, kommen Sie doch mal her! Was wollen Sie an dem Gaskessel beobachtet haben?«
    Der Angerufene trat heran. »Ja, Herr Rübesam, gestern abend stand der Gaskessel bis oben an den vierten Ring, und jetzt ist er herunter bis zum zweiten.«
    Rübesam schaute nach dem Gaskessel. »Stimmt, was der Mann sagt, meine Herren. Der Mann muß recht haben. Vor einem Ballonaufstieg wird der Gaskessel stets bis zum obersten Ring gefüllt. Es muß eine sehr bedeutende Gasmenge aus ihm entnommen worden sein.« Eine Weile schwieg er nachdenklich. Dann sprach er weiter. »Ich glaube, meine Herren, ich sehe die Spur, die zur Lösung des Rätsels führt. Ihr Ballon muß während der Nachtstunden von unbefugter Hand gefüllt und entführt worden sein.«
    »Unmöglich!« – »Kaum denkbar!« – »Dazu gehören doch Hilfsmannschaften.« – »Wie konnte das unbemerkt geschehen?« – »Kaum glaublich, daß ein Unkundiger bei dem kräftigen Wind mit dem großen Ballon klar abgekommen ist.«
    »Ja, meine Herren, ob glaublich oder unglaublich, die Tatsache steht fest, daß der Ballon und eine bedeutende Menge Gas fehlen. Im Werk ist jetzt um halb sechs noch keiner von den maßgebenden Herren anwesend. Es ist wichtig, daß Sie sofort zur Polizei gehen und dort Meldung machen. Von Polizei wegen müssen gleich alle Behörden in nordwestlicher Richtung telegraphisch benachrichtigt werden. Dringen Sie darauf, daß das geschieht und besonders auch die Landratsämter mobil gemacht werden. Dann besteht die Wahrscheinlichkeit, daß man den Ballon und die Unbekannten, die ihn weggeholt haben, bei der Landung abfaßt. Ich selber werde die Angelegenheit unserm Generaldirektor Geheimrat Scheffer melden, sowie er ins Werk kommt. Etwas anderes können wir im Augenblick nicht tun.«
    Der Chemiker brachte die beiden

Weitere Kostenlose Bücher