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Moderne Piraten

Titel: Moderne Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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die »Thuringia« ist heute früh um elf Uhr im Amerikahafen angekommen. Die »Columbia« ist mit der Mittagsflut nach Cuxhaven gegangen. – Hamburger Börse, Kurse von Chemikalien – das interessiert dich wohl mehr als mich. – Letzte Nachrichten. Was gibt’s denn da noch? Ah, das ist ja merkwürdig. Hör mal, Väterchen, was hier fettgedruckt steht!, Freiballon auf rätselhafte Weise verschwunden. Telegramm unseres Sonderberichterstatters aus Gorla. Der Ballon »Greif« des Aeronautischen Vereins Erfurt, der heute früh in den Gorla-Werken aufsteigen sollte, ist über Nacht spurlos verschwunden. Als die Werkarbeiter heute früh um fünf Uhr auf den Platz kamen, um ihn zu füllen, lag nur noch die Plane da. Hülle, Netz. Korb und alles andere fehlten. Man steht vor einem Rätsel. Die Polizei arbeitet fieberhaft und verfolgt eine bestimmte Spur. – Kannst du mir sagen, was das zu bedeuten hat? Ein ganzer Ballon ist einfach weg.«
    Rasmussen schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung, mein Kind. Heutzutage wird ja alles mögliche und unmögliche gestohlen.Wer weiß, vielleicht ist es irgendein Seidenliebhaber gewesen. Ballonseide pflegt erster Güte zu sein. Sie ist allerdings gefirnißt, aber vorzügliche Regenmäntel lassen sich immer daraus machen.«
    »Ja, aber Väterchen, du vergißt doch, daß Netz und Korb auch weg sind.«
    »Hm, ja, Susanne, das hatte ich im Augenblick übersehen. Dann sieht’s ja doch beinahe so aus, als ob irgendein dunkler Anhänger des Luftsportes den Ballon heimlich gefüllt habe und kurzerhand damit fortgeflogen sei. In der Tat eine merkwürdige Geschichte. Weit dürfte er kaum kommen, bei der Landung wird man ihn doch sicher erwischen.« Er wandte sich zur Tür, durch die ein Diener hereinkam. »Was gibt’s, John?«
    »Herr Rasmussen, es ist ein Herr – ein Mann draußen, der Sie sprechen möchte.«
    Rasmussen machte eine unwillige Bewegung. »Sie wissen, John, daß ich um diese Zeit nicht zu sprechen bin. Schicken Sie den Menschen fort!«
    »Das wollte ich auch tun, Herr Rasmussen. Da hat er mir diesen Brief gegeben und gesagt, den soll ich dem Herrn geben.«
    Rasmussen schüttelte ärgerlich den Kopf. »Unglaublich, John! Ich habe Sie als Diener und nicht als Briefträger verpflichtet.«
    Der Diener wurde verlegen. »Verzeihung, Herr Rasmussen! Der Mann sagte, es sei eine Angelegenheit von äußerster Wichtigkeit, und – Sie würden später sehr böse sein, wenn ich Ihnen den Brief nicht gleich brächte.«
    »Unsinn, John! Irgendein Bettelbrief wird es sein.«
    »Sieh doch einfach nach, Väterchen! Dann weißt du ja gleich, was es ist«, mischte sich Susanne ein.
    »Meinetwegen!« Rasmussen griff nach einem Messer und öffnete das Schreiben. Ein einfacher Zettel mit ein paar Worten steckten in dem Umschlag. Er überflog den Inhalt und sank schwer atmend in seinen Sessel zurück.
    Zeichen der geheimen Chiffre waren es, die auf dem Papier standen, eine Buchstabengruppe darunter, die äußerste Dringlichkeit bedeutete.
    »Es ist gut, John«, – Rasmussens Stimme klang heiser – »führen Sie den Mann in mein Arbeitszimmer!«
    »Väterchen, ich fürchte, der Besuch regt dich auf. Schicke den Menschen doch fort! Laß ihm sagen, daß er ein andermal kommen soll.«
    Rasmussen war schon aufgestanden. »Laß nur, mein Kind, Geschäft ist Geschäft. Ich will sehen, daß ich schnell mit ihm fertig werde.« Er verließ den Raum und ging in das Arbeitszimmer hinüber. Dort saß ein Mann auf einem Stuhl. Ein schwerer Rucksack stand neben ihm auf dem Smyrnateppich. Übernächtig, verstaubt und angegriffen sah der Mensch aus. Beim Eintritt Rasmussens erhob er sich.
    »Was wünschen Sie von mir?« fragte Rasmussen. Während er den Mann anblickte, schien ihm eine Erinnerung zu kommen. »Ich glaube, ich kenne Sie. Sie sind – Sie sind doch …«
    »Ich bin Henke, Herr Rasmussen, der Henke, dem Sie mal die Stellung in Gorla besorgt haben.«
    »Ach ja – Henke, ich erinnere mich. Bitte, behalten Sie Platz und sagen Sie mir, was Sie wünschen.«
    Rasmussen ließ sich in einen Sessel nieder. Henke drehte seine Mütze in den Händen und suchte nach einer Einleitung für seine Rede. »Ja also, Herr Rasmussen, um es kurz zu sagen: die Sache in Gorla fliegt auf.«
    Rasmussen wurde blaß. »Was soll das heißen, Herr Henke? Erklären Sie sich deutlicher.«
    Henke hatte inzwischen seine Sicherheit wiedergewonnen. »Da ist nicht viel zu erklären, Herr Rasmussen. Die Leute in Gorla sind uns hinter die

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