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Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Titel: Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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sind.»
    «Richtig. Also in Ordnung.»
    Sie gingen leise in den Gang hinaus und die kurze Wendeltreppe aus Steinstufen hinunter. Ein breiter, dunkler Gang verlief in völliger Finsternis. Nichts rührte sich. Anscheinend waren diese oberen Stockwerke unbewohnt; Gabriels Leute und die Mönche schliefen im Erdgeschoß und im ersten Stock, und dort patrouillierten auch die Wächter.
    «Wir gehen zum Westende dieses Stockwerks», flüsterte sie. «Besser, als dort vorzugehen versuchen, wo sie dicht beieinander sind.»
    Sie hielt eine der winzigen Stablampen, benützte sie auf ihrem Weg durch den Gang nur sparsam und bedeckte sie teilweise mit der Hand. Willie ging einen Schritt hinter ihr und etwas an der Seite. In der rechten Hand hielt er ein Messer, die Klinge zwischen Daumen und zwei Fingern.
    An der Westseite des Klosters waren aber keine Stufen, also mußten sie zu einer Treppe zurückkehren, die von der Mitte des langen Ganges aus hinunterführte.
    Drei Minuten später standen sie am Eingang eines langen Refektoriums. Es war gut beleuchtet; am entgegengesetzten Ende saß ein Mann in einem schweren Holzstuhl mit einer Waffe auf den Knien. Es war ein Colt AR-15, halbautomatisch, mit einem Fünf-Schuß-Trommelmagazin. Der Mann rieb eben den Schaft mit einem Öllappen ab und sprach leise Französisch auf die Waffe ein, summte ihr etwas vor, kicherte und riß sie plötzlich zielend hoch.
    Modesty zog Willie zurück und legte ihre Lippen dicht an sein Ohr. «Müssen durch», hauchte sie. «Keine Zeit, einen Umweg zu machen. Zu weit für ein Messer?»
    Willie spreizte eine Hand mit der Handfläche nach unten und wackelte mit ihr in einer zweifelnden Geste.
    Der Mann war gut achtzehn Meter entfernt. Modesty nickte und zog das Stahlrohr aus ihrer rechten Schenkeltasche. Willie nahm es und schraubte den Verschluß auf. Es enthielt vier dünne Stahlruten, kaum fünf Millimeter dick. Eine der Ruten verjüngte sich zu einer Nadelspitze, und alle vier hatten Gewinde. Willie schraubte sie fest zu einer einzigen langen zusammen.
    Das zweite, stärkere Rohr war jetzt in Modestys Händen. Plötzlich streckte es sich wie ein Teleskop aus, in beiden Richtungen glitten Teile zu einer Gesamtlänge von eineinviertel Meter heraus, dicker in der Mitte und sich gegen die Enden verjüngend. Der Mechanismus funktionierte perfekt, und in den Gleitteilen, die beim Übergreifen sperrten, deutete nicht das leiseste Geräusch auf einen Spielraum.
    Das war der kurze Stahlbogen, den Tarrant in Willie Garvins Kampfhalle gesehen hatte. Bowyers hatte behauptet, man könne ihn nicht herstellen. Sie hatten über Masse und Energie diskutiert, über Hystereseverlust, Spannung und Druckspannungen. Willie hatte den Bogen auf Grund von Versuchen und Fehlern zustande gebracht. Das achte Modell hatte funktioniert.
    Modesty zog eine lange Darmsaite heraus, mit einer Öse an jedem Ende, die in den Saum ihres Pullovers gepaspelt lag. Sie ließ die Öse in die Nocke des tieferen Glieds gleiten, stemmte den Bogen gegen ihren Fuß und glitt mit der Hand an ihm entlang, bis die zweite Öse in die obere Nocke rutschte.
    Willie hatte die einzelnen Teile des Pfeils fertig zusammengeschraubt. Aus dem doppelten Futter des weichen Ledergürtels zog Modesty drei Befiederungen aus Plastik. Der Schaft des Pfeils war am unteren Ende fünf Zentimeter tief ausgehöhlt und hatte drei feine Schlitze, in die Willie nun die Befiederungen sorgfältig eindrückte und sie dann auf ihre Symmetrie prüfte. Der ganze Vorgang, Bogen und Pfeil zu montieren, hatte knapp etwas über eine halbe Minute gedauert.
    Der Mann am anderen Ende des langen Refektoriums polierte noch immer seinen Colt und streichelte ihn, wie ein Mann eine Frau liebkost. Modesty stellte sich zwei Meter hinter der offenen Tür auf und legte den Pfeil auf. Den Sekundärzug mit dem zweiten und dritten Finger an der Sehne benutzend, spannte sie den Bogen und zielte sorgfältig. Das Surren der Bogensehne, das kurze Zischen des Pfeils im Flug, das leise Geräusch des Anpralls – dem Mann in dem Lehnstuhl gab es einen leichten Ruck.
    Modesty senkte den Bogen. Der Mann war in derselben Stellung wie vorher geblieben, die Hände am Colt, der quer über seinem Schoß lag, den Kopf etwas vorgebeugt. Der einzige Unterschied war nur, daß sich seine Hände nicht mehr bewegten und sich jetzt der kleine weiße Fleck der Befiederung von seinem dunklen Hemd abhob. Modesty entspannte den Bogen, ließ ihn zusammenfallen und in die Tasche

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