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Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Titel: Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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längs ihrer Hosennaht zurückgleiten.
    Gemeinsam gingen sie leise durch das Refektorium.
    Der Pfeil war knapp unter dem Brustbein und zwei Zentimeter links durch den Körper hindurch in die feste hölzerne Stuhllehne gedrungen. Willie hob den halbautomatischen Colt des Mannes auf und sah Modesty an. Sie schüttelte den Kopf und sagte: «Zu unhandlich. Sieh nach, ob er eine Handwaffe hat.»
    Willie fand keine. Dann ergriff er den Pfeilschaft, stemmte den Fuß gegen die Brust des Mannes und zog mit Mühe den Pfeil heraus. Er wischte ihn am Hemd des Toten rein, schraubte die Teile auseinander und übergab sie Modesty.
    Hinter dem Refektorium lagen drei kleine, durch Türen miteinander verbundene Zimmer. Von dem dritten ging eine Fenstertür auf einen langen Kreuzgang hinaus. Willie und Modesty traten ins Freie. Fünfzig Schritte entfernt erweiterte sich der enge Kreuzgang zu einer halbmondförmigen Terrasse mit einer niedrigen Steinbalustrade. Über der Terrasse lag ein langer Balkon, auf den ein Lichtstreifen aus einem nachlässig verhängten Fenster fiel.
    «Das wird der Raum sein, in den sie die Diamanten gebracht haben», flüsterte Modesty. «Ich nehme das Fenster, du die Tür, Willie. Wie lange wirst du brauchen?»
    Er ließ im Geist den Film von Treppen und Gängen abrollen. «Vier Minuten.»
    «Gut. Im Abteizimmer werden zwei Männer sein, vielleicht mehr. Ich gehe zuerst, um ihre Aufmerksamkeit anzuziehen, und werde genügend Lärm machen, damit du hörst. Komm sehr schnell hinein.»
    Er berührte ihre Schulter zum Zeichen, daß er verstanden hatte, und ging in das Kloster zurück. Modesty lief durch den Kreuzgang; ihre gummibesohlten Stiefel machten kaum ein Geräusch.
    Zwanzig Schritte vor ihr schlenderte ein Mann aus einem der engen Bogen heraus. Sein Profil war ihr zugewendet; er ging, die Hände in den Taschen, zur Balustrade, eine Zigarette zwischen den Lippen. An der Hüfte trug er eine Luger in einem Gurthalfter. Er vernahm den Hauch eines Geräuschs und drehte sich um.
    An seiner Reaktion war der erfahrene Professionelle zu erkennen; es gab nicht einen Augenblick einen Schock bei ihm, nur die Augen wurden schmal. Die geschmeidige Aufwärtsbewegung seiner Hand wurde vom Herausziehen der Luger kaum unterbrochen.
    Als der zwanzig Zentimeter lange Lauf aus dem Halfter fuhr, war Modesty eben fünf Schritte von dem Mann entfernt und hatte ein sehr hohes Tempo. Kraft spannte ihre Muskeln, und sie sprang. Sie riß die Beine derart hoch, daß sie mit den Füßen voran an ihn prallte, den Körper parallel zum Boden. Ihre gekreuzten Füße legten sich ihm in dem Augenblick um den Hals, als er sich eben zu ducken begann, und ihr ausgestreckter Körper drehte sich wild in der Luft herum, die Arme ausgebreitet, um den Beinen zusätzliche Drehkraft zu verleihen.
    Der Mann rollte seitlich über die niedrige Balustrade, wobei sein Hals die Nabe der Drehung bildete.
    Modesty fiel mit dem Gesicht nach unten auf die Mauerkrone, die Unterarme flach, um den Sturz aufzufangen, und spürte, wie der Gewichtswiderstand abrupt aufhörte, als der Mann in seinem Purzelbaum von ihren Füßen loskam und in die Tiefe stürzte. Von unten kam ein leiser, dumpfer Aufschlag und das schwache Geklapper der Pistole, die über felsigen Boden rutschte.
    Modesty lag in voller Länge auf der Mauerkrone, hielt sich an den Kanten fest und sah hinunter. Der Abhang fiel zunächst sechs Meter fast senkrecht in die Tiefe ab, bis zu einer vorragenden Felsplatte, von der es weiter senkrecht hinunterging. Modesty sah den schlaffen Körper zum Rand der Platte rollen und schlittern; dahinter verschwand er in die Dunkelheit, und Modesty hörte nichts mehr von ihm.
    Ihre innere Uhr sagte ihr, daß sie zehn Sekunden verloren hatte. Schnell lief sie weiter und begann die Mauer an der einen Seite des Balkons zu erklettern.
    Die Steine waren groß und derb behauen; da ein Großteil des uralten Mörtels abgebröckelt war, fand sie genügend Halt für Finger und Zehen, so daß sie ohne Schwierigkeiten emporklettern konnte.
    Sie erreichte das Seitengitter des Balkons und griff danach. Als sie mit beiden Händen daran hing, bereit, einen Fuß an die Kante des dicken Eichenbodens hochzuziehen, wurde innen der Vorhang zurückgezogen. Ein Mann stieß die Türflügel auf und trat auf den Balkon. Er war dunkelhäutig und trug einen dünnen Schnurrbart, der in einem Halbkreis um die Mundwinkel herunterhing. Er gähnte und starrte trüb auf das Meer hinaus.
    Modesty

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