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Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Titel: Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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für Mrs. Fothergill?» schlug er schüchtern vor.
    «Wo steckt denn die?» Gabriel war in die Akte versunken, die er aufgenommen hatte, und widmete McWhirter seine Aufmerksamkeit nur in beschränktem Maß.
    «Auf der Terrasse unten.» McWhirter deutete mit dem Kopf zu dem großen, hinter einem Vorhang verborgenen Fenster. Bei den übrigen Männern gab es eine Bewegung, sie sahen interessiert auf.
    «Na schön.» Gabriel legte den Aktendeckel hin. Ein Mann in einer weiten Arbeitshose und einem dicken Sweater ging zum Fenster und zog die Vorhänge zurück.
    «Komm mit, Bürschchen, ich werde dich vorstellen.» McWhirter ging mit seinem federnden Gang zur Tür. Borg gab den Handfesseln einen Ruck, und Grant torkelte mit.
    «Seltsame Sache, so ein Leben der Meditation», sagte McWhirter, die Hände in den Hosentaschen, den Kopf vorgestreckt, als er energisch vorausging. «Selbst habe ich zwar nie die Berufung dazu gefühlt, aber ich glaube, ein Orden, der auf Schweigen eingeschworen ist, hat gewisse Nachteile. Ich bin ein Liebhaber der sterbenden Kunst des Gesprächs, mußt du wissen, und wenn man bedenkt …»
    Grant verschloß sich gegen die Stimme und drängte sie in den Hintergrund seines Bewußtseins. Seine Nerven waren jetzt gespannt, er hatte große Angst, aber sein Verstand blieb kalt und klar.
    Mrs. Fothergill? Der Name sagte ihm nichts. Es war vermutlich ihre Sache, ihn zu töten, aber er versagte sich ein sinnloses Erwägen der Einzelheiten.
    Er konzentrierte sich auf den Gedanken, daß er mit etwas Glück jemanden mitnehmen konnte. Vielleicht Borg, lieber aber noch McWhirter. Es war eine Sache der Wahl des besten Augenblicks. Grant verstand es, einen Mann schnell zu töten, aber er hatte nur eine Hand frei; die andere war an Borgs Handgelenk gefesselt, und Borg war ein schwerer, sehr kräftiger Mann.
    Dennoch: wenn er zuerst auf die Augen losginge, mit steifen Fingern, dann mit dem Knie in die Leistengegend stieße, würde er vielleicht gerade Zeit haben, zu… Sie verhielten kurz an einer offenen Tür, durchquerten dann das Zimmer und blieben an den hohen Balkontüren stehen, die auf eine steinbelegte, breite, halbkreisförmige, von einer niedrigen Steinbalustrade eingefaßte Terrasse führten. Als McWhirter die Türen öffnete, glaubte Grant zu erkennen, daß hinter der Brüstung ein steiler Hang zum Meer abfiel, denn er konnte das Wasser rauschen hören.
    Borg zog einen Schlüssel hervor und sperrte die Fessel an Grants Handgelenk auf. Das kam ganz überraschend, und bevor Grant noch die Gelegenheit nutzen konnte, schleuderte ihn auch schon ein kräftiger Arm quer über die Terrasse, daß er taumelte. Die schweren Terrassentüren schlossen sich hinter ihm.
    Grant gewann sein Gleichgewicht wieder und starrte um sich. Seine Nerven waren angespannt. Die halbmondförmige Terrasse schob sich aus der Mitte eines Kreuzgangs hervor, der fast die ganze Länge dieser Seite des Klosters entlanglief.
    Grant hörte Stimmen und schaute in die Höhe. Etwa neun Meter über ihm befand sich ein langer Balkon, der, wie er erkannte, vor dem Privatgemach des Abtes lag, in dem er Gabriel kennengelernt hatte. Auf dem Balkon standen einige Gestalten – vier oder fünf Männer, undeutliche Schatten in dem Lichtschein des Raumes hinter ihnen. Der eine, etwas abseits stehende, war Gabriel. Alle schauten erwartungsvoll herunter.
    Grant zog sich rückwärtsgehend wachsam zur Mitte der Terrasse zurück. Etwas wie Hoffnung zuckte in ihm auf. Wenn er über den Felshang zum Meer hinuntergelangen und sich irgendwo auf der Insel verstecken könnte – bis sie ihn fänden, würde es Zeit brauchen, vielleicht einen ganzen Tag. Und in einem ganzen Tag konnte allerhand geschehen. Ein rotes Glutpünktchen zuckte über den Rand seines Gesichtsfeldes, und er drehte sich mit einem Ruck um. Vage hörte er von oben das Kichern einer Stimme, die er nun schon kannte. McWhirter war zu den Männern auf dem Balkon getreten.
    Grants Augen waren auf die rote Glut geheftet. Sie schwankte in der Luft vor einem seltsamen Fleck Dunkelheit. Dieser Fleck bewegte sich und verdichtete sich zu einer Gestalt, die auf der niedrigen Steinbrüstung der Terrasse saß, dort, wo sie von Grant am weitesten entfernt war. Die Entfernung betrug etwa acht Meter.
    Ein Mann, der Zigarre rauchte. Jetzt also langsam auf ihn zugehen … nein, bei Gott, das war ja eine Frau!
    Sie trug ein graues Hemd mit langen Ärmeln und eine schwarze, zerknitterte Hose mit einem Ledergürtel.

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