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Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Titel: Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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Hose wegschleuderte. Darunter trug er eine weiß-gelb gestreifte kurze Unterhose. Rasch hatte sich eine Menschenmenge angesammelt, und es ertönten empörte Ausrufe.
    «Est-il fou?»
    «Ah, c’est dégoûtant!»
    «Devant les enfants, voyons!»
    Ein Polizist überquerte die Straße und drängte sich durch die Menge. Chaldier torkelte ins Meer. Er setzte sich bis zur Taille ins Wasser, mit einer Hand hielt er sich verzweifelt den Kopf, die andere war unter dem Wasser. Die gestreifte Unterhose schaukelte davon.
    Grimmig schritt der Polizist zum Rand des Wassers. Er tat einen schrillen Pfiff auf seiner Dienstpfeife, um Chaldier auf sich aufmerksam zu machen, und drohte ihm mit dem Finger.
    Willie hatte das Gefühl, daß das eigentlich genügen müßte. Er schaltete den Gang ein, trat aufs Pedal und fuhr zu der Straße, die quer über das Cap d’Antibes führt. Er war froh, daß er sich die Lambretta geborgt hatte, statt den Mietwagen zu nehmen, den er in der Nähe des Marktes zurückgelassen hatte. Bei dem dichten Verkehr würde ihn der Roller schneller als der Wagen nach Cannes bringen.
    In zwanzig Minuten war er an der Croisette und am Hafen. Als er die engen, gewundenen Straßen des alten Stadtviertels hinauffuhr, sah er vor sich einen Mann mit einem Spazierstock gemächlichen Schrittes dahingehen. Er war groß und grauhaarig, trug eine dunkle Hose, dazu eine hellbeige Leinenjacke und braune Halbschuhe. Willie fuhr vor dem Mann an den Randstein heran.
    «Hallo, Sir G.! Habe nicht damit gerechnet, Sie hier zu treffen.»
    Tarrant stützte sich auf seinen Stock. Er bemerkte die Spur einer Spannung an Willie Garvin und fragte sich, ob wohl Hagan Schwierigkeiten machte.
    «Es ist nicht direkt dienstlich», sagte er. «Bei mir war längst ein Urlaub fällig, und Seine Hoheit verlangte nachdrücklich, daß ich mit ihm hierherkommen sollte.
    Da man mir aufgetragen hatte, dieser Angelegenheit meine persönliche Aufmerksamkeit zu widmen, hielt ich es für eine gute Idee, herzukommen.»
    «Dann ist also auch der Scheich hier?»
    «Komplett, inklusive Gefolge.» Tarrant rieb sich müde die Stirn. «Wir sind alle im
Gray d’Albion
untergebracht, eine fröhliche Schar von Brüdern. Ich fange an, mich wie Lawrence von Arabien zu fühlen – mit dem einzigen Unterschied, daß dem anscheinend eine bizarre Gesellschaft
wirklich
Freude machte.»
    «Nur Mut, mein alter Liebling.» Willie betrug sich scherzhaft, aber die heimliche Spannung war immer noch da. «Schweres mag eine Nacht lang dauern, aber Freude kommt mit dem Morgen.»
    Tarrant starrte ihn an. «Wie bitte?»
    «Psalm 30, Vers 5.»
    «Sie fühlen also auch noch eine zweite – äh – Berufung in sich?»
    «Kaum, was man so eine Berufung nennen könnte. Aber ich habe einmal ein Jahr im Knast in Kalkutta verbracht und hatte nur einen Psalter zum Lesen, daher kann ich die Psalmen auswendig.»
    «Ach so.» Tarrant machte eine Pause. «Was bedrückt Sie eigentlich, Willie?»
    «Weiß ich noch nicht genau. Könnten Sie mir eine kleine Gefälligkeit erweisen?»
    «Was denn für eine?»
    «Mir zwei Minuten Vorsprung geben, dann weiter zu Hagans Wohnung gehen. Erste Gasse links, Nummer 16. Gehen Sie die Treppe hinauf und drücken Sie den Summer.»
    «Und dann?»
    Willie zuckte die Achseln. «Sehen, was passiert.»
    Modesty verschloß sich gegen die tobende Qual in ihren Händen und sperrte sie aus ihrem Bewußtsein aus.
    Genau eine halbe Stunde seit dem Anruf bei Nicole, also würde Willie jetzt jeden Augenblick hier sein. Sie lauschte gespannt nach dem leisesten Geräusch einer Bewegung – nicht auf der Treppe draußen, sondern in der Wohnung. Diese Konzentration half den Schmerz ausschalten. Sie half auch, nicht zur Kenntnis zu nehmen, daß sich Didis Hand auf ihrem Körper bewegte. Auf der anderen Seite des Zimmers lag Paul Hagan da und starrte unverwandt zu ihnen herüber. Wilder Haß brannte in seinen Augen, sein Gesicht glänzte von dem Schweiß, den dieser Haß ausbrechen ließ.
    Didi schaute auf die Uhr und stand auf. «Wenn Garvin kommt», sagte er und schwenkte die Pistole von Hagan zu Modesty und zurück, «und einer von euch schreit auf, erschieße ich den anderen zuerst. Entendu?»
    Plötzlich erstarrte er und lauschte. Das schwache Geräusch von Schritten, die die Treppe heraufkamen, wurde lauter. Jemand blieb vor der Tür stehen. Der Summer ertönte. Hagans Augen waren auf Modesty gerichtet; der Blick verlangte dringend, daß sie schreie.
    Sie bewegte leise

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