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Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Titel: Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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wandte sich vom Fenster ab. Seine farblosen Augen waren blutunterlaufen. «Wen?» zischte er. «Wir haben noch achtzehn Stunden Zeit. Die Aufgabe bedarf Geschicklichkeit. Bedarf Mut. Bedarf Unternehmungslust. Bedarf eines Mannes, der idiotisch genug ist, von außen zu kommen, eine Beute im Werte von zehn Millionen für uns auszuheben und zu glauben, daß wir ihn am Leben ließen, damit er nachher darüber quatscht. Wen also?»
    McWhirter saß sehr still da und wich Gabriels Augen aus. Die Tür öffnete sich, und Mrs. Fothergill kam mit einem jungen Ägypter in einem weißen Anzug herein.
    «Er kommt von Hakim», sagte sie, «mit einer Nachricht. Nur für Sie persönlich.»
    Der junge Ägypter nahm eine Fotografie aus der Tasche, schaute sie an, dann betrachtete er Gabriel sorgfältig. Er nickte, steckte das Bild ein und zog einen versiegelten Umschlag aus seiner Innentasche.
    Gabriel nahm den Umschlag, riß ihn auf und entfaltete das Papier. Nach langer Zeit blickte er ausdruckslos auf und sagte: «In Ordnung.»
    Mrs. Fothergill öffnete die Tür und begleitete den Ägypter hinaus. Gabriel ging zu dem langen Fenster der Kabine. Er las die Nachricht noch einmal.
    McWhirter räusperte sich. «Was einen Techniker betrifft, mit der nötigen Geschicklichkeit und dem Mut, den zu finden –» begann er, brach aber nach einem warnenden Blick Borgs ab. Als Gabriel aufsah, war sein Gesicht zwar ausdruckslos, aber ausnahmsweise war eine Spur Farbe in den kalkigen Wangen.
    «Wir haben einen gefunden», sagte er. «Modesty Blaise gerät uns allmählich doch zwischen die Füße.
    Und sie besitzt gerade den richtigen Mann.»
    Willie Garvin stand neben dem Vorhang vor dem Fenster des Hotelzimmers im zweiten Stock. Durch einen zollbreiten Spalt konnte er auf die Westseite der Ezbekeya-Gärten hinuntersehen, durch die der abendliche Verkehr strömte. Der schwarze Chevrolet stand noch immer da.
    Nur wenige Meter von Willie entfernt lag Modesty Blaise auf dem Bett und blätterte in einem französischen Modejournal. Sie trug einen weißen Bademantel über einer schwarzen Stretch-Strumpfhose und einem Büstenhalter. Die Verbindungstür zu Willies Zimmer stand weit offen.
    «Sie stehen jetzt schon zwei Stunden da», sagte Willie und sah auf die Uhr. «Dürften ein bißchen schwitzen. Meinst du, ob eine Chance besteht, daß sie vielleicht hereinkommen und versuchen, uns zu entführen?»
    «Uns?» sagte Modesty ernst und blätterte um. «Nein, nicht aus einem Hotel voller Leute. Sie müssen es mit irgendeinem Trick versuchen, um uns hinauszubekommen, Willielieb. Und wir müssen auf den Trick warten. Die Sache muß richtig aussehen. Wie viele sind in dem Wagen?»
    «Vier. Einer von ihnen ist Borg. Die anderen kenne ich nicht.»
    Das Telefon neben dem Bett läutete, und Modesty hob den Hörer ab. «Ja?» Eine lange Pause. «Oh –? Aber ich dachte, die Provision sei Ihnen zu niedrig gewesen, Hakim. Nein, ich habe noch keine endgültigen Abmachungen getroffen.» Wieder eine lange Pause. «Heute abend? Ich glaube ja. Schön, wir fahren in zwanzig Minuten ab.» Sie legte den Hörer hin und setzte sich auf. «Hakim meint, er möchte die Sache doch für uns übernehmen. Er will, daß wir zu ihm nach Ismailia hinauskommen.»
    «Sehr netter kleiner Trick», sagte Willie. Er hob einen großen Koffer auf, stellte ihn auf das Bett und öffnete ihn. «Bevor wir gehen, den besten Sonntagsanzug für die Gesellschaft.» Er begann sein Hemd auszuziehen.
    Modesty stand auf der anderen Seite des Bettes auf, nahm den Bademantel ab und öffnete den Verschluß ihres Büstenhalters am Rücken. Flüchtig kam ihr in den Sinn, daß Tarrant, wenn er sie jetzt sehen könnte, entsetzt wäre. Es amüsierte sie.
    Sie wußte, wenn Willie sie ansah, dann nur, weil er zufällig herblickte. Das Unternehmen hatte begonnen, und für Willie war sie nicht länger eine Frau. Wenn er ihren Körper bewußt ansah, dann nur mit dem scharfen, professionellen Blick der instinktiven Überprüfung von Bewegung und Muskelspiel, wie ein Mann fachmännisch ein Rennpferd prüfen würde. Das war immer so, solange eine Unternehmung lief, und manchmal auch nachher, wenn Wunden zu pflegen waren. In den vergangenen Jahren hatte sie Willie gepflegt – einmal knapp am Tod vorbei. Und zweimal hatte er sie gepflegt, sanft und mit objektivem Können.
    Zwischen ihnen gab es nichts Geheimnisvolles. Paul hatte von Willie als einem dressierten Hund gesprochen, der ihr bei Fuß ging. Vielleicht stimmte das

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