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Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady

Titel: Modesty Blaise 01: Die tödliche Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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Innenwand ein breiter Schornstein durch, dessen Mauerwerk schief vorragte und die Zelle etwas verkleinerte.
    «Gabriel hat dir nicht gesagt, daß die Handschellen bleiben», sagte Modesty.
    Borg zuckte humorlos die Achseln. «Er hat auch nicht gesagt, daß sie abgenommen werden sollen.»
    Modesty ging in die Zelle und hörte das feste Einschnappen des Schlosses hinter sich. Als sie sich umsah, tauchte das Gesicht des Spaniers am Gitter auf, und sie hörte Borgs Schritte die Wendeltreppe hinab verklingen.
    Kniend begann sie Matratze und Decken zu richten. Willie lag mit geschlossenen Augen dreißig Minuten da – genau die halbe Stunde, die ihm Modesty angedeutet hatte.
    Dann stand er leise auf und ging zur Tür. Als er durch das Gitter spähte, konnte er den Spanier, der sie bewachte, auf einem Stuhl auf halbem Weg des Ganges sitzen und ein schmieriges Taschenbuch im Licht der einzigen Lampe, die über ihm hing, lesen sehen.
    Willie legte den rechten Fuß über das linke Knie.
    Sorgfältig zupfte er an dem Rahmen der dünnen Gummikante, die die Ledernaht bedeckte. Sie klebte nur leicht und war in wenigen Sekunden rundherum gelöst. Er zog die ganze Gummihülle um Absatz und Sohle ab. Dazwischen ständig den Wächter beobachtend, drehte er mit dem Daumennagel einen kleinen, in die Sohlenspitze eingelassenen Schraubenkopf auf und zog aus dem Loch eine dünne Metallsonde mit einer eigenartig gebogenen Spitze heraus.
    In ihrer Zelle schlug Modesty leise mit den Fesseln an das Gitter. Der Spanier stand auf, ging zu ihr und sah durch die Gitterstäbe zu ihr hinein.
    «Gibt es irgend etwas zu trinken – Wasser?» fragte sie.
    «Morgen.» Er wandte sich ab.
    «Warte. Mir ist so heiß.»
    Mit einem schmierigen Grinsen blieb der Spanier zögernd stehen und kehrte zum Gitter zurück. In den rotgeränderten Augen erwachte Gier. Der Mann hieß Canalejas. Seine Fotografie war in Modestys alten Akten, und sein Ruf war ihr gut bekannt. Bevor er sich Gabriel angeschlossen hatte, war er ein Mietling der OAS gewesen. Er hatte ein angeborenes Talent für die Kunst des Verhörs unter Folter. Am liebsten bearbeitete er Frauen. Modesty wußte von zweien, die seine Behandlung überlebt hatten – weil sie sehr schnell zusammengebrochen waren. Aber wenn diejenigen, die gestorben waren, die beiden Überlebenden hätten sehen können, dann hätten sie sich wahrscheinlich wegen ihres eigenen Loses glücklich gepriesen.
    «Wovon ist dir denn heiß?» fragte er lüstern.
    «Der Kamin von der Küche führt durch diese Zelle. Er ist wie ein Ofen. Und ich kann mir nicht einmal den Pullover ausziehen.»
    Er bedeutete ihr, von der Tür zurückzutreten; sie gehorchte. Der Schlüssel drehte sich im Schloß, und er kam herein, ein schweres Jagdmesser in der Hand.
    «Zieh ihn vorn hoch», sagte er.
    Sie zog den eng anliegenden Pullover ungeschickt bis über die Brüste hoch.
    «Dreh dich um.» Sie gehorchte und spürte seine Hand den Pullover hinten fassen und ihn mit einem Ruck über ihren Kopf ziehen. Die Finger ihrer rechten Hand tasteten nach dem Kongo, den sie unter die linke Achselhöhle geklemmt hatte; erst Minuten zuvor hatte sie sachte die kleine Waffe aus dem fest zusammengebundenen Haarknoten in ihrem Nacken gezogen.
    «Dreh dich herum.»
    Sie stand vor ihm, die Pulloverfalten eng über die Brust gezogen, mit bloßen Schultern. Er streckte die freie Hand nach dem Pullover aus, um ihn ihr über die Arme herunterzuziehen. Sie spürte, wie seine Finger nach der Kante ihres Büstenhalters tasteten, so daß er, wenn er mit einem Ruck an dem Pullover zog, zugleich den Büstenhalter herunterziehen würde. Jetzt grinste der Mann und brachte seine Messerhand auf einen halben Meter an ihren Körper heran. Sie schlug von der Seite her mit dem Kongo zu, und der vorstehende Knopf aus Hartholz fuhr in den Handrücken Canalejas’. Die hilflosen Finger zuckten im Reflex der getroffenen Nerven hoch, das Messer flog im Bogen durch die Luft und fiel auf die Matratze.
    Modesty stand bereits in Balance und stieß mit einem Knie in seine Leistengegend. Er schrie erstickt auf, keuchte und krümmte sich langsam wie ein Bogen, der angespannt wird. Den Kongo mit beiden Händen fest gepackt, um dem Schlag größere Wucht zu verleihen, hieb sie mit aller Kraft kalt und bewußt auf den tödlichen Punkt an der Schläfe.
    Willie öffnete die zweite Handschelle und zog die Sonde zurück. Er streifte die Gummihülle vom zweiten Stiefel, stand von der Matratze auf und ging

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