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Modesty Blaise 02: Die Lady bittet ins Jenseits

Modesty Blaise 02: Die Lady bittet ins Jenseits

Titel: Modesty Blaise 02: Die Lady bittet ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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bin ich fertig.» Sie erhob sich und ging in die große Duschkabine.
    Noch im Gehen löste sie die scharlachrote Schärpe ihres chinesischen Mantels.
    Das Boot lag im Schatten einer großen Buche vertäut.
    Modesty, die Augen halb geschlossen, lehnte in ihren Kissen. Die Sonne war schon fast untergegangen. Achtern im Boot stand ein Korb, in dem zwei oder drei Rotaugen, ein zwei Pfund schwerer Barsch und ein fetter zehnpfündiger Karpfen lagen.
    Tarrant angelte mit einer gespaltenen Rohrrute nach Norfolker Art mit zwei Haken. Willie angelte von einer fixierten Stelle aus; seine Rute stak in einer Manschette, die am Innenrand des Bootes befestigt war. An der Leine hatte er zwischen zwei Laufringen ein Stückchen Teig befestigt, so daß er sofort feststellen konnte, wenn die Schnur auslief. Er saß faul zurückgelehnt und rauchte.
    Eine halbe Stunde verging, ohne daß ein Wort fiel.
    «Wie gehen die Geschäfte jetzt, Sir Gerald?» fragte Willie schließlich unvermittelt.
    «Mal auf, mal ab, Willie. Sie wissen, wie das ist. Die vergangene Woche war schlecht. Aber wenn ich bedenke, daß es der erste Mann war, den ich heuer verlor, dann darf ich nicht klagen.» Er machte eine Pause und beobachtete seine Angel. «Ich bin jedenfalls besser dran als René Vaubois.» Vaubois war der Chef des Deuxième Bureau in Frankreich und nicht nur Tarrants Kollege, sondern auch sein Freund.
    «Muß ihm sehr nahegegangen sein, daß er Bigorre und Castellane verlor», meinte Willie. «Nicht sehr nett, zu entdecken, daß die eigenen Leute im Untergrund für die OAS beschäftigt sind, anstatt ihre Arbeit zu tun.»
    «Sehr unangenehm», stimmte Tarrant düster zu.
    «Die Arbeit ist hart genug, auch wenn man nicht jedem einzelnen auf die Finger schaut. Ich weiß nicht, wie René damit fertig wird – jedenfalls zeigte er sich ganz ruhig, als ich ihn letzten Monat sah.»
    «Er wird damit fertig», sagte Modesty. «Ich stufe Vaubois in eine ganz eigene Klasse ein.» Sie öffnete die Augen und sah, wie Tarrant lächelnd auf den Korkschwimmer blickte.
    «Das soll kein unhöflicher Vergleich sein, Sir Gerald.»
    «Sie haben recht. Das ist bloß ehrlich und wahr.»
    «Sie unterschätzen sich. Ich stelle Sie auf die gleiche Stufe, aber in eine andere Klasse. Vaubois arbeitet mit Logik, sie arbeiten hauptsächlich mit Instinkt. Jeder von Ihnen hat seine Stärke, worin der andere sich nicht mit ihm messen kann – Erfolg haben Sie jedoch beide den gleichen.» Sie rückte sich mit den Schultern in den Kissen zurecht und fügte hinzu: «Das ist kein übereiltes Urteil, das wissen Sie. Wir hatten Sie beide unter der Lupe, während das ‹Netz› noch in Aktion war.»
    «Ich verlaß mich ganz gerne auf den guten alten Instinkt», meinte Willie. «Denken Sie nur an die GabrielSache, an die Sie uns ansetzten, Sir Gerald. Da fingen wir bloß auf Grund einer Vorahnung an.»
    Tarrant spürte eine leichte Aufregung in sich hochsteigen. «Meine Chefs sind anderer Ansicht, Willie. Sie lieben Tatsachen. Ich setze selten Menschen und Geld nur auf eine Vorahnung hin ein … zumindest nicht offiziell.»
    Ein nachdenkliches Schweigen setzte ein. Modesty hatte die Augen wieder geschlossen. Sie sagte: «Sie dürfen denen deshalb keinen Vorwurf machen. Aber für Sie muß das manchmal enttäuschend sein …»
    «Manchmal sehr.» Eine Spur von Nachdruck lag auf dem letzten Wort.
    «Erst kürzlich wieder?» fragte Willie und warf die Zigarette über Bord.
    Tarrant zog seine Leine ein, machte einen neuen Wurf und setzte sich wieder zurecht. «Meinen Sie jetzt?»
    «Ja, er meint jetzt», sagte Modesty und öffnete die Augen. «Haben Sie etwas?»
    Tarrant entspannte sich und empfand ein seltsames, aus Erleichterung und Bedauern gemischtes Gefühl.
    Das war die Eröffnung, und er war sich dessen voll bewußt. Er schürzte die Lippen und schüttelte gedankenvoll den Kopf. «Nein, ich habe im Augenblick nichts, das auf Ihrer Linie läge.» Sorgfältig dosierte er die Pause, die er nun eintreten ließ, dann fügte er hinzu: «Zumindest nicht direkt.»
    «Wenn Sie sagen, nicht direkt …?» Modesty ließ die Frage unausgesprochen.
    «Oh, es ist bloß so; es gibt da eine verrückte Sache, die an mir nagt, aber das ist nichts Neues.» Tarrant lachte ein kurzes selbstbewußtes Lachen. «Diese Affäre ist sogar noch geringfügiger als die letzte.»
    Modesty setzte sich langsam auf, ordnete ihre Kissen und zündete sich eine Zigarette an. «Können Sie darüber sprechen?» fragte

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