Modesty Blaise 02: Die Lady bittet ins Jenseits
deshalb für sie schiefging, weil ihr Gabriel in die Quere gekommen war. Die Beute war groß genug, um glaubhaft zu machen, daß Modesty ihretwegen wieder ins Geschäft eingestiegen sei.»
«Sehr gut. Wie entstand dieses Gerücht?»
«Wir setzten es selbst in Umlauf. Man braucht bloß ein oder zwei Worte an einem halben Dutzend richtiger Orte fallenzulassen, und die Sache läuft von selbst.»
«Könnte meine gesellschaftliche Verbindung mit Modesty eine Gefahr bedeuten?»
Willie überlegte. «Kein Grund, sich darüber Kopfzerbrechen zu machen. Es gibt bloß eine Handvoll Menschen, die wissen, daß Sie den Geheimdienst leiten, und die würden sich nicht wundern, daß Sie mit ihr in Verbindung stehen. So, wie die es sehen, ist es ein Aktivposten, sofern Modesty tätig ist. Ist sie nicht im Geschäft, dann spielt es überhaupt keine Rolle.»
Die Tür zu der großen, L-förmigen Terrasse ging auf, und Modesty kam heraus. In ihren Augen lag ein Glanz, und in ihren Bewegungen drückte sich beherrschte Begierde aus, während sie auf die beiden Männer zuging. Tarrant hatte sie noch nie so erregt gesehen wie eben jetzt.
«Willie», sagte sie und legte eine Hand auf die seine, die auf der Balustrade ruhte. «Ich glaube, es müßte uns gelingen, das hinzukriegen. Es gibt zwei oder drei Dinge, die für uns arbeiten, wenn wir entsprechend schnell sind. Willst du?»
«Ich kam mit meinem Veilchenstrauß und der Pastete bei Melanie nicht sehr gut an», sagte er. «Also hält mich hier weiter nichts. Die Frage ist nur, werden wir zurecht kommen? Wenn jemand Söldner rekrutiert, weiß man nie, wie lange es dauern wird.»
«Es gibt eine Unbekannte, und gegen die können wir nicht an. Aber ich glaube, wir können uns ziemlich schnell einschalten. Und wir werden es mit dieser Idee versuchen, die du mir vor ein paar Wochen erklärtest, erinnerst du dich? Erst sieht man es, und dann ist es weg.»
«Du lieber Bimbam!» Ein frohes Grinsen zog über Willies Gesicht. «Ich hatte doch bloß herumprobiert und nie daran gedacht, daß wir es jemals verwirklichen könnten.»
Tarrant verstand kein Wort. Also beschloß er, zum Hauptpunkt zurückzukehren. «Wie lange wird es dauern, bis Sie soweit sind?» fragte er.
Sie stützte sich mit den Unterarmen auf die Balustrade und sah auf den Park hinunter, der sich nach Süden hin erstreckte. «Zwei Wochen, schätzungsweise. Und dann, sofern Ihre Vermutungen stimmen, werden wir die Spur der Söldner verfolgen können und sehen, wer am anderen Ende steht.»
Tarrant blickte auf den bloßen Arm, der neben seiner Hand lag, auf den langen Nacken, der aus der Bluse aufstieg, und auf den festen, lieblichen Schwung von Brust, Taille und Hüfte. Mit einem plötzlich aufsteigenden Schmerz dachte er daran, wie verwundbar menschliches Fleisch und Knochen waren, und er spürte auf seiner Zunge den vertrauten Geschmack des sauren Widerwillens gegen sich selbst und seine Arbeit.
«Ich hoffe zu Gott, daß meine Vermutungen nicht stimmen», sagte er.
6
Hitze lastete über dem großen Tal. Die Schneekuppen auf den tiefergelegenen Kämmen waren kleiner geworden, doch die fernen, hoch aufragenden Gipfel lagen noch immer unter ihrer Decke ewigen Eises.
Sarrat saß auf einem kleinen Felsen neben Hamid und sah einem rasch vorbeifahrenden kleinen Lastwagen mit langem Anhänger nach. Der Anhänger war mit Lebensmitteln beladen, die vor einer halben Stunde mit einer riesigen Hercules-Frachtmaschine hereingeflogen worden waren. Die Maschine stand auf der Piste unterhalb des Sees. Als der Lastwagen hielt, eilten einige Männer herbei, luden die Fracht auf kleine Handkarren um und rollten sie in das Kühlhaus, das an der einen Seite des Palastes untergebracht war.
Etwa fünfzig Meter davon entfernt hielten sich im Schatten leichter Markisen etwa dreißig Frauen auf; einige lagen auf Binsenmatten, einige standen plaudernd beisammen. Sie entstammten den verschiedensten Nationalitäten. Die meisten kamen zwar aus Asien, doch waren auch Südamerikanerinnen und hellhäutige Europäerinnen darunter. Dem Alter nach waren sie von etwas unter zwanzig bis Mitte Dreißig. Es waren durchwegs hübsche, gutgepflegte und wohlgenährte Frauen.
Der Betreuung und Verpflegung der Bewohnerinnen des
Seraglio
wurde große Bedeutung zugemessen.
Einige der Frauen trugen dünne Seidenkleider, einige Strandanzüge und andere wieder Badekostüme nach neuestem modischem Schnitt.
Eines der Mädchen lag mit ausgestreckten Armen und Beinen, die
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