Modesty Blaise 03: Die Lady reitet der Teufel
überhaupt aus?»
«Er kommt schon nicht, nur keine Angst.» Mehr sagte sie nicht. Wieder keine Antwort auf die beiläufige Frage, wieder kein Hinweis auf seinen Aufenthalt oder den Zeitpunkt seiner Rückkehr. Willie fand sich damit ab, daß Rita den Mund halten konnte, sobald ein Jack Wish es ihr befohlen hatte.
Abermals schloß sie die Augen und setzte ihre Tätigkeit fort. Willie wußte, daß gegen Ende die wachsende Lust ihre Bewegungen beschleunigen würde, aber bis dahin hatte es noch gute Weile, und sie war jedesmal böse, wenn er nicht auf sie wartete. So dachte er nicht länger an Jack Wish und widmete sich ganz den Aufgaben des Augenblicks.
«Eigentlich war das Kleid gar nicht so übel», sagte Rita gedankenverloren. «Vielleicht schau ich es mir doch noch einmal an.»
Tarrant sagte mürrisch: «Ihnen geht’s ja gut: bloße Arme, eine Mikrobluse und ein winziges Etwas von Rock. Aber Nadelstreifhose und schwarzes Jackett sind weit weniger angenehm.»
Sie saßen auf der breiten, L-förmigen Terrasse von Modestys Wohnung, mit Blick auf den Park. Es war heiß in der Nachmittagssonne.
«Warum ziehen Sie Ihr Jackett nicht aus?» fragte Modesty.
Schockiert schaute Tarrant sie an. «Ich glaube wirklich, ich brächte es einfach nicht fertig. Es ist mir psychisch unmöglich.»
Sie lachte. «Dann gehen wir lieber hinein.»
«Aber nein, was fällt Ihnen ein. Hier ist der richtige Platz für Sie. Ich seh es so gern, wie Sie die Sonne genießen.»
Weng erschien mit einem großen Sonnenschirm unterm Arm und einem Tablett voll beschlagener Gläser mit Fruchtsaft. Er stellte es auf dem niedrigen Tisch ab, öffnete den Sonnenschirm und befestigte den Schaft in einem Ständer, den er so zurechtrückte, daß Tarrant im Schatten saß.
«Oh, vielen Dank», sagte Tarrant, der sich nun sichtlich wohler fühlte.
«Kommt Mr. Garvin, Miss Blaise?» erkundigte sich Weng.
«Er muß jeden Augenblick da sein.»
«Was wird er trinken?»
Sie überlegte kurz. «Ich weiß nicht genau. Am Telefon hat seine Stimme ein wenig gequält geklungen Lassen Sie’s, Weng. Ich mixe ihm dann schon, was er will. Fahren Sie nur zu Soapy um die E. M., die Willie bestellt hat.»
«Sehr wohl, Miss Blaise», erwiderte Weng und zog sich zurück.
«Soapy?» wiederholte Tarrant nachdenklich. «Was für ein Soapy?»
«Ach – nicht wichtig.»
«Explosivmischung?»
Sie nickte. «Deshalb sagte ich ja: nicht wichtig.»
«Ich verstehe. Brauchen Sie das für irgendeinen speziellen Zweck?»
«Nein. Willie sorgt nur dafür, daß unsere Ausrüstung komplett ist.»
Tarrant dachte an die Werkstatt in
The Treadmill
, wo Willie unter anderem kleine technische Wunderwerke herstellte. Doch noch bevor er die nächste Frage stellen konnte, hörte er Stimmen aus der Wohnung. Er wandte sich in seinem Sessel um und sah durch die offene Glastür in den Vorraum hinter dem langen Wohnzimmer.
Willie Garvin stand an der offenen Tür des Privataufzugs und redete mit Weng. Das Jackett hing ihm über einer Schulter, er trug ein kurzärmeliges Hemd und eine leichte Sommerhose.
«Er würde es im Civil Service nicht weit bringen», sagte Tarrant neidvoll.
Weng, zum Ausgehen gekleidet, betrat den Lift, dessen Türen sich hinter ihm schlossen.
Willie Garvin kam die drei Stufen herunter, die vom Vorraum in das an seiner Hinterfront von einem schmiedeeisernen Gitter begrenzte Wohnzimmer führten. Er ging durch das Zimmer und erschien auf der Terrasse. Willie beugte sich nieder und führte Modestys Hand an seine Wange, tauschte einen Händedruck mit Tarrant, zog sich einen Liegestuhl heran, ließ sich hineinfallen und schloß die Augen, ohne ein Wort zu sprechen.
Einen Augenblick lang musterte Modesty sein Gesicht. «Einen langen kalten Drink, prickelnd und mit nur einem Schuß Alkohol», sagte sie. «Eisgekühlten Weißwein mit Soda.»
Willie hielt die Augen noch immer geschlossen und nickte dankbar. «Lieb von dir, Prinzessin. Verdammt gut, wieder daheim zu sein.»
Sie erhob sich und ging in die Küche. Tarrant, ein wenig verwirrt, sagte zunächst gar nichts. Bald darauf kam Modesty zurück und stellte das Getränk vor Willie hin.
«Hast allerhand mitgemacht», sagte sie, während sie sich setzte.
Willie öffnete die Augen und griff nach dem Glas.
«Vielen Dank, Prinzessin», sagte er, tat einen langen Zug und blickte dann von Modesty zu Tarrant. «Wißt ihr, was ich zuletzt – und ich hoffe, zum allerletztenmal – getan hab? Von Geschäft zu Geschäft
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