Modesty Blaise 03: Die Lady reitet der Teufel
und wurde neuerlich abgeblockt.
Collier lag auf der Seite, die Augen weit geöffnet. Er war bei Bewußtsein, aber seine Muskeln gehorchten ihm nicht. Er beobachtete den Kampf wie im Traum.
Modesty hatte zweimal sehr rasch zugeschlagen, und jedesmal hatte Luzifer schon vorher reagiert. Auf keine ihrer Finten war er hereingefallen. Es sah aus, als wäre der Schlag die Folge seiner Abwehr, nicht umgekehrt.
Als ob die Wirkung zur Ursache würde.
Also doch Vorwissen!
Mein Gott, er ist ihr voraus! dachte Collier in Panik und versuchte zu schreien, aber Luzifers bloße Faust hatte ihn auch der Sprache beraubt. Der Schlagwechsel zwischen Modesty und Luzifer hatte nur Sekunden gedauert, aber Collier schien es eine Ewigkeit, wohl als Folge seiner körperlichen Lähmung.
Als Modesty zum drittenmal mit dem Kongo zuschlug, fing sie Luzifer am Handgelenk. Sie gab seiner Armdrehung nach und versuchte, ihn mit dem Knie in die Leisten zu treffen, während ihre freie Hand nach seiner Kehle griff, aber ein muskulöser Schenkel fing ihren Kniestoß ab, und die Hand wurde ihr zur Seite geschlagen. Sie streckte das Bein, um ihm die Füße wegzuziehen, aber sie kam nicht durch. Sie schnellte zurück und warf sich voran, um ihn mit dem Kopf in den Magen zu treffen, und trat dabei nach seinem Rist, sie stieß mit gespreizten Fingern nach seinem Solarplexus – aber jede Bewegung wurde abgewehrt.
Luzifer lächelte noch immer. Er schien nur überrascht und seiner eigenen Bewegungen kaum bewußt.
«Eine Rebellin», wiederholte er verwundert. Dann griff er nach ihr, zog ihren Kopf unter seinen Arm, wehrte dabei mit dem Unterarm noch einen Aufwärtsschwinger mit dem Kongo ab, und traf sie dann mit der geballten Faust auf die Schläfe.
Gleich darauf ließ er sie los, und sie flog zur Seite.
Collier sah, wie sie gegen die Wand schlug, dort abprallte und dann mit ausgebreiteten Armen quer über Jack Wish fiel. Der Kongo entglitt ihrer Hand, und sie rührte sich nicht mehr. Unter der hinaufgeschobenen Bluse kam ihre nackte Taille mit dem umgeschnallten Colt zum Vorschein.
Mit einem gewaltigen Willensakt versuchte Collier, seine gelähmten Muskeln unter Kontrolle zu bringen.
Taumelnd kam er wieder auf Hände und Knie.
«Luzifer … So hören Sie doch –»
In diesem Augenblick erschien Seff, von Bowker gefolgt, in der Tür.
«Der erste Rebell», sagte Luzifer und blickte freudestrahlend auf Modesty. «Stellen Sie sich vor, der erste meiner kleinen Untertanen, der sich gegen mich auflehnt, ist eine Frau. Und der dort ist ihr Verbündeter.»
Er wies auf Collier, der auf allen vieren schwankte, und blickte dann auf Jack Wish. «Sie haben sogar einen meiner Diener besiegt.»
Bowkers Gesicht war aschfahl. Er trat an Modesty heran, nahm ihr die Pistole aus dem Halfter und richtete sich auf. «Wer, zum Teufel, ist die Person?» fragte er heiser und starrte Seff an.
«Ich bin außerstande, Ihre Frage zu beantworten, Dr. Bowker.» Seff knirschte vorwärts und musterte Modesty Blaise. Sein gelbes Gesicht sah knochiger und hohlwangiger als je aus. «Aber vielleicht kann uns Mr. Collier Auskunft geben. Oder Mr. Wish, wenn er zu sich kommt. Ich nehme inzwischen die Pistole an mich, während Sie kaltes Wasser bringen. Außerdem würde ich vorschlagen, daß Sie Regina um etwas Riechsalz bitten. Aber sagen Sie ihr, sie möge sich nicht inkommodieren.»
Bowker reichte Seff die Pistole und wies mit dem Kopf unmerklich auf Luzifer. Seff nickte und wandte sich mit einer leichten Verbeugung an den jungen Mann: «Sicher wird es Ihnen recht sein, wenn wir uns im folgenden dieser Rebellin annehmen. Wozu sollten Sie sich noch weiter mit der Angelegenheit befassen.
Vielleicht möchten Sie sich inzwischen ein wenig mit Regina unterhalten.»
«Nein», sagte Luzifer ruhig, aber entschieden. Er ließ sich in einen Sessel fallen, lehnte sich zurück und ließ Modestys reglosen Körper nicht aus den Augen. Zum erstenmal hatte er Seff und Bowker glatt widersprochen.
Sie fand sich auf einer Couch liegend, die Hände auf den Rücken gebunden. Genick und Kopf schmerzten.
Die Erinnerung kehrte zurück. Da war doch dieser bronzefarbene, schwarzhaarige Mann gewesen. Der kurze, unglaubliche Kampf lag ihr noch immer in den Knochen. Der Mann war nicht trainiert gewesen.
Schnell schon, aber gar nicht besonders schnell. Trotzdem war er ihr immer zuvorgekommen.
Sie schlug die Augen auf. Da saß er im Sessel und beobachtete sie. Collier stand mit dem Gesicht zur Wand,
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