Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady
des Mädchens angenommen, aber Willie wird nicht im Hotel anrufen, sondern bei Ihnen.»
«Bis jetzt noch nicht.» Sagasta schaute auf seine Uhr und runzelte die Stirn. «Sieht schlecht aus. Ich möchte aber nicht, daß in meinem Bezirk irgendwer umgelegt wird.»
«Das möchte ich genausowenig.» Ihre Stimme klang rauh. «Ich komme wohl besser hinüber. Können Sie mich abholen lassen?»
«Das ist nicht nötig. Zwei Männer haben die Polizeistation beobachtet. Vor zehn Minuten habe ich sie verhaften lassen. Sie können also selbst hierher fahren.»
Fünfzehn Minuten später betrat sie sein Büro. Sagasta aß von einem Teller in Bananenblätter gehüllte
tamales
.
Er schob ihr den Teller zu. Sie setzte sich, hängte ihre Schultertasche über den Stuhl und nahm eines der würzigen Vierecke aus geschrotetem Mais und Fleisch. Sagasta goß ihr eine Tasse
café tinto
ein und betrachtete dann mit Kennermiene den vergrößerten Bereich von schwarzem Nylonstrumpfgewebe, der durch das Übereinanderschlagen ihrer Beine sichtbar wurde.
«Was haben Sie vor?» fragte er.
«Warten. Hier warten, wenn Sie es mir erlauben, Miguel.»
«Nichts ist mir lieber. Aber wird dieses Warten Garvin helfen?»
«Ich weiß noch nicht sicher, ob er Hilfe braucht.
Wenn sie ihn geschnappt haben, haben sie ihn entweder umgebracht, oder sie versuchen aus ihm herauszukriegen, wo das Mädchen steckt.»
«Das könnte unangenehm für ihn werden. Sie scheinen sich aber keine Sorgen zu machen.»
«Ich mache mir Sorgen.»
Ihre Stimme war ruhig, und doch lag etwas darin, das Sagasta bestürzte. Er war, das wußte er genau, ein Mann, dem es nicht an Mut fehlte, und er trug an sich die Narben eines langen Kampfes um die Säuberung seiner Stadt. Aber in diesem Augenblick war er heilfroh, daß nicht er es war, der Willie Garvin getötet hatte, oder eben versuchte, ihn zum Sprechen zu bringen.
«Ich glaube, sie haben ihn, Modesty», sagte er.
«Warum?»
«Vor einer Stunde wurde auf der Fernstraße zwischen Panama City und Chorrera ein Polizeiwagen gestohlen. Der Fahrer und sein Begleiter wurden bewußtlos geschlagen. Die Beamten glauben, daß die Männer, die sie überfielen, Amerikaner waren, aber ich besitze nur wenige Einzelheiten. Unsere Männer wurden schwer verletzt.»
«Ein Polizeiauto», wiederholte sie, und Sagasta konnte beinahe sehen, wie ihr Verstand die verschiedenen möglichen Bedeutungen überschlug. «Sonst noch etwas?»
«Ja. Etwas später wurde der Polizeiwagen gefunden.
Und eine Meile davon entfernt wurde auf der alten Straße auch ein leerer Pontiac verlassen aufgefunden. Es war nichts vorhanden, mit dessen Hilfe man den Eigentümer hätte ermitteln können, aber wir überprüfen gerade die Werkstätten. Der Wagen war mit einem Amateurfunkgerät unter dem Armaturenbrett ausgerüstet.»
Modesty aß den letzten Bissen ihres
tamale
, wischte sich die Finger ab und nahm eine Zigarette aus ihrer Tasche. «Das war Willies Wagen», sagte sie. «Sie haben das Polizeiauto dazu benutzt, ihn zu schnappen.»
Langes Schweigen.
«Ich bin verdammt wütend», sagte Sagasta. «Wir versuchen, Gabriel aufzuspüren. Meine Männer haben Order, nichts zu unternehmen, sondern nur zu berichten.»
Sie nickte. «Danke, Miguel. Ich kann nicht mit irgendwelchen Tips helfen. Ich besitze hier keine verläßlichen Kontakte mehr.»
«Meine Männer haben angefangen, die Hotels zu überprüfen.»
«Und die Häfen. Gabriel hat eine Yacht.»
«Die Häfen auch. Es ist schwierig. Wir wissen nicht, welchen Namen er benutzt, und wir haben kein Foto – nur die Beschreibung, die Sie mir gegeben haben. Aber ich arbeite auf zwei Linien. Erstens: daß er von einer kleinen Gruppe von Amerikanern, unter denen sich ein Schotte befindet, begleitet ist. So jedenfalls sagten Sie mir. Zweitens: daß einige unserer in Panama ansässigen Ganoven mit ihm Kontakt haben müssen, da er sie ja einsetzt. Die zwei, die die Polizeistation beobachteten und die wir festgenommen haben, sind kleine Fische weit unten an der Befehlskette, aber sie haben uns immerhin einen Anfang verschafft.»
Sie sagte sich, daß Miguel Sagasta seine Beförderung verdient hatte. Er hatte sofort die einzigen zwei Linien erkannt, denen man folgen konnte. «Noch mal schönen Dank, Miguel», sagte sie. «Ich bin Ihnen sehr verbunden.»
Er lächelte. «Davon bin ich überzeugt. Aber wir wollen dieses Thema nicht noch einmal anschneiden.
Spielen Sie Schach?»
Sie nickte.
Er öffnete eine Schublade und
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