Modesty Blaise 04: Ein Gorilla für die Lady
Modesty da ist und was sich sonst ereignet hat?»
«Nein, Dinah.» Er stand auf, kniete neben ihr nieder und nahm ihre Hand. Sein Benehmen war behutsam, aber sehr bestimmt. «Ich mache mir auch Sorgen. Um beide. Aber wir müssen das einfach durchstehen. Modesty wird uns Bescheid geben, sobald etwas Erfreuliches zu berichten ist. Bis dahin wäre es das einzig Unverzeihliche, ihr mit unserem Anruf in die Quere zu kommen.»
«Dann … dann kann es jetzt also noch nichts Erfreuliches zu berichten geben?»
«Noch nicht. Aber hören Sie zu: Sie wissen, ich bin kein Optimist. Ich habe gar nicht erst versucht, Ihnen etwas vorzumachen, Ihre Sorgen beiseite zu schieben oder Ihnen einzureden, daß alles ohne weiteres gut ausgehen wird. Ist es so?»
Sie nickte, und er fuhr fort: «Also deshalb halten Sie sich am besten weiter daran. Ich habe die beiden schon unter ziemlich schwierigen Bedingungen arbeiten sehen, und sie sind wirklich unglaublich gut. Wenn Willie in der Klemme ist, wird er schon herauskommen, oder sie wird ihn herausholen. Ich glaube daran. Das bringt mich zwar nicht davon ab, mir Sorgen zu machen, aber ich glaube daran.»
Sie drückte tief aufatmend seine Hand. «Gut. Dann werde ich es auch glauben. Aber es ist schwer, wenn man nichts anderes tun kann als sitzen und warten.»
«Es ist das Schwerste von allem. Modesty sagt das selbst.» Collier richtete sich auf. «Können Sie mit Blindenkarten Rommé spielen?»
Überrascht wandte sie hastig den Kopf zu ihm um.
«Gewiß. Judy hat oft mit mir gespielt. Aber ich habe keine Karten. Ich habe ja mein ganzes Gepäck verloren.»
«Ich konnte mir ein paar Stunden vor unserem Abflug aus London noch zwei Päckchen besorgen», sagte Collier. «Ich habe sie im Koffer.»
Dinah lauschte, während er den Koffer öffnete. Auf ihrem Gesicht lag ein verwunderter Ausdruck. «Für jemand, der die Reise nur widerstrebend mitmachte, ist das nicht übel», sagte sie nach einer Weile.
Eine Frau wie Rosita hatte Willie Garvin nie zuvor gesehen. Sie war ziemlich groß und dick, mit einem von Pusteln bedeckten gelben Gesicht. Ihr schwarzes Haar war in der Mitte gescheitelt und zu einem büschelartigen Knoten am Hinterkopf straff zusammengerafft. Sie trug einen düsteren grauen Kittel und alte Schuhe. Aber nicht ihre äußere Erscheinung war es, die Willie so einzigartig fand.
Ein kleiner, billiger Koffer lag geöffnet auf dem Bett.
Rosita saß da, hatte im Schoß eine Handgranate und in der Hand eine Drahtschere. Die Handgranate war noch nicht mit Zündmasse versehen. Sie zog den Stift heraus, schnitt den Ring davon ab, nahm dann aus dem Koffer eine kleine Feile und begann den Stift behutsam zurechtzufeilen, um ihm einen lockeren Sitz zu geben.
Erst fünf Minuten waren vergangen, seit sie erschienen war. Zuerst hatte es im Wohnzimmer eine gedämpfte Unterhaltung mit Gabriel gegeben, dann war Rosita mit ihrem Köfferchen eingetreten. Mit eisiger Würde hatte sie Reilly und Willie ein
Buenos dias
gesagt und sich dann an ihre Arbeit gemacht.
Nachdem sie nun mit dem Stift zufrieden war, ergriff sie das Ende einer Spule dünnen Drahtes und fädelte es durch ein kurzes Stück Kupferrohr von gut einem Zentimeter Durchmesser. Mit einer Zange wickelte sie das Drahtende fest um die Verdickung des Stiftes.
Willie beobachtete sie in unbehaglicher Faszination.
Rosita arbeitete mit einem Ausdruck affektierten Abscheus auf ihrem ungesunden Gesicht, aber ihre Bewegungen wirkten flink und geübt. Sie nahm eine große, zylindrische Dose mit Schraubdeckel aus ihrem Koffer und öffnete dann ein Päckchen, das aussah, als hätte man gelben Glaserkitt in Ölpapier verpackt. Plastiksprengstoff.
Reilly schaute unglücklich drein, als sie Stücke von dem Sprengstoff abriß und sie auf den Boden der Dose preßte. Sie schaute ihn an, und ihre Nase zuckte vor Verachtung oder Unwillen, doch dann nahm sie stirnrunzelnd und murmelnd ihre Arbeit wiederauf und kramte zwischen den Werkzeugen und anderen Utensilien in ihrem Koffer herum wie ein Händler, der in einer Kiste mit altem Kram nach einem ganz bestimmten Stück sucht.
Mit einem Locheisen schlug sie eine Öffnung in den Deckel der Dose und preßte das Stück Kupferrohr hindurch.
Die Tür ging auf und Gabriel trat ein. McWhirter folgte ihm.
Rosita blickte auf und sagte in akzentreichem Englisch: «Da oben muß eine Öse angebracht werden.» Sie wies zur Zimmerdecke hinauf an eine Stelle, die knapp zwei Meter von der Wand entfernt war, wo Willie
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