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Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Titel: Modesty Blaise 05: Die Goldfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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genützt haben, wenn du in Baumwipfeln, im Wasser oder mitten in einem zehn Meter hohen Heuhaufen gelandet wärst. Du wärst auf keinen Fall unverletzt davongekommen.»
    Er lachte. «Ich hab noch was Besseres gemacht. Aber es ist trotzdem kein Rekord.» Seine Stimme hatte einen bedauernden Unterton. «Eigentlich ist es nicht fair, weil man nie schneller als mit der Endgeschwindigkeit fliegt, auch wenn man in sechstausend Meter Höhe aussteigt. Ich muß also genauso viel Schwung gehabt haben wie die anderen.»
    «Welche anderen?»
    «Ach, da war einmal ein Typ namens Worsfold, ein Heckschütze in einer Lancaster während des Krieges. Sie wurde über Frankreich abgeschossen, und er fiel im Schwanz der Maschine über zweitausend Meter in die Tiefe. Er hatte nur ein Bein und ein paar Rippen gebrochen.»
    Sie hatte sich schon immer gewundert, wie genau sich Willie an alles erinnerte, was er je gehört oder gelesen hatte. Es gab kaum ein Thema, zu dem er nicht irgendeine sonderbare Anekdote beisteuern konnte, die meistens überraschend und oft bizarr war. Sie sagte:
    «Der hat unwahrscheinlich Dusel gehabt, aber eigentlich hat er gemogelt. Denn du hast ja nicht im Heckteil eines Flugzeugs gesteckt.»
    «Nein. Aber auch Alkemade nicht. Er sprang über Deutschland in sechstausend Meter Höhe ab. Die Maschine brannte. Kein Fallschirm, der war verbrannt, bevor er ihn anschnallen konnte. Aber er sprang lieber, als in der Maschine zu verbrennen. Er fiel beinahe zwei Minuten lang und landete dann auf einem riesigen Reisighaufen, der von einer Schneewehe bedeckt war. Ein verrenktes Knie und eine Rückgratprellung waren alles, was er sich dabei zuzog.»
    Sie rüttelte ihn ungeduldig am Arm. «Bei dir gab es aber keine Bäume und keinen Schnee. Spann mich nicht so auf die Folter, Willie.»
    «Ja, schon gut. Aber ein bißchen Schnee gab es doch, nur konntest du’s nicht sehen.»
    «Aber wir waren doch unterhalb der Schneegrenze, nein?»
    «Ja. Aber zwei Nächte vorher war viel Schnee gefallen. Erinnerst du dich an die Ausläufer der Berge? Also –» Er hielt inne. «Nein, ich erzähle besser alles schön der Reihe nach. Bis zum Moment, in dem ich aus dieser Zwangsjacke rutschte, war ich zu beschäftigt, um Angst zu haben. Ich versuchte noch immer, Jacko zu erdrosseln oder ihn mit mir aus dem Flugzeug zu ziehen. Aber als die Jacke mir vom Körper gezogen wurde und ich ins Bodenlose fiel, wurde mir doch ganz schön angst.»
    Er kicherte trocken. «Es kam mir vor, als würden sogar meine Füße bleich, ehrlich, Prinzessin. Na, jedenfalls, als ich merkte, daß ich fiel, ging ich sofort in die
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Lage. Ich weiß bis heute nicht, warum ich das tat. Es war ein bißchen komisch, weil ich doch noch immer an den Stuhl gefesselt war, aber ich machte ganz schön Fahrt.»
    Sie hatte sich selbst auch schon öfter dieser Lage im freien Fall bedient, wenn sie beim Fallschirmspringen den Schirm erst weiter unten öffnete. Es war eine Art von nach vorne gebeugtem Zusammenkauern, bei dem man sich durch den Luftwiderstand während des Falls auch horizontal fortbewegte. Man konnte damit eine horizontale Geschwindigkeit von bis zu sechzig Stundenkilometer erreichen.
    «Das Interessante ist», fuhr Willie fort, «daß ich durch die Geschwindigkeit des Flugzeugs sowieso schon einen Zahn drauf hatte. Ich schätze, daß ich ungefähr dreihundert Stundenkilometer hatte, als ich herausfiel. Ich konnte einen felsigen Kamm vor mir sehen, und irgendwie wollte ich diesen Berg noch überqueren, bevor ich landete. Ich weiß nicht, warum, außer daß unter mir nur nackter Fels war, und vielleicht dachte ich, daß es auf der anderen Seite besser sein würde.»
    Sie spürte, wie er mit den Achseln zuckte. Dann fuhr er fort: «Weiß der Himmel, was ich mir erhofft habe. Ich meine, ich konnte zu diesem Zeitpunkt noch keinen Schnee sehen, und selbst eine fünf Meter hohe Wächte hätte mich nicht nennenswert gebremst. Aber – na ja, du weißt schon, Prinzessin. Man versucht eben alles, für den Fall, daß sich doch noch was ergibt.» Er brach ab, und als er weitersprach, klang seine Stimme verwundert. «Und es tauchte tatsächlich auf. Ich flog in einer Höhe von etwa hundert Meter über den Bergkamm, und dann sah ich’s unter mir.»
    «Schnee?»
    «Nicht bloß Schnee. Eine Wächte. Der Wind hatte sie in der Nacht zuvor an der Ostseite des Berges angehäuft. Der Schnee war nur auf den Osthängen, deshalb konntest du ihn nicht sehen. Du weißt ja, daß es manchmal

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