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Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Titel: Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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Mauer dahinter führte. Die Häuser an diesen Straßen waren leer und verfallen.
    Die nächste Kreuzung war die, die sie brauchte. Vor ihr sah sie den Möbelwagen einbiegen und auf sie zukommen. Sie hielt mitten auf der Straße an und stellte den Motor ab. Der Lastwagen konnte nicht an ihr vorbeikommen. Er blieb stehen. Ein, zwei Leute beobachteten durch das Fenster eines schäbigen Cafés, wie Willie Garvin ihr irgend etwas auf deutsch zurief.
    Mit schriller Stimme antwortete sie in ebenso fließendem Deutsch und erklärte dem Mann, daß ihre Batterie leer sei. Wenn er zurück und aus dem Weg fuhr, konnte sie ihren Wagen vielleicht auf der leicht abwärts führenden Straße wieder zum Anspringen bringen.
    Brummend schaltete Willie Garvin den Retourgang und fuhr den großen Lastwagen um die Kurve und in die Sackgasse hinein. Jetzt war kein Lachen in ihm.
    Seine Augen bewegten sich in gespanntester Konzentration von links nach rechts, während er das Auto genau in der Straßenmitte hielt … und weiter zurückfuhr.
    Modesty ließ den Wäschereiwagen etwas vorrollen.
    Jetzt konnte sie seitlich an dem Möbelwagen vorbeischauen. Als sein Heck nur noch einen halben Meter vom Stacheldraht entfernt war, pfiff sie einmal kurz.
    Der Möbelwagen hielt an. Sie schob den Ärmel zurück und blickte auf die große Stoppuhr an ihrem Arm. 10 Uhr 14. Noch 60 Sekunden Wartezeit. Ihr Mund wurde ein wenig trocken.
    Der nächste Beobachtungsposten war gute zwanzig Meter entfernt. Obwohl die Wache dort den Lastwagen jetzt nicht sehen konnte, mußte sie ihn die Straße entlangfahren gesehen haben. Und sie waren auf Mißtrauen geschult. Ihre Maschinengewehre würden schußbereit sein, auf den Streifen zwischen Zaun und Mauer gerichtet. Vielleicht riefen sie über Funk einen Patrouillenwagen.
    Von fern, von der anderen Seite der Mauer, ertönte ein Lautsprecher. Eine amerikanische Stimme. «Ruhe auf dem Gelände. Alles bereit zur Aufnahme. Kamera. Achtung,
Aufnahme

    Sie fragte sich nicht, was Tarrant da arrangiert hatte, sie dankte Gott für seine Klugheit, eine gefährliche Minute des Wartens erspart zu haben. Mit der Hand signalisierte sie Willie.
    In der Fahrerkabine des Möbelwagens waren zwei Seile angebracht, die durch Löcher nach hinten liefen.
    Willie hob den Holzgriff eines Seilendes auf und zog fest an. Während des ersten Meters spürte er einen Widerstand, dann wurde das Seil schlaff; hinten fiel die Plache herab und gab das gewaltige Kanonenrohr für einen unbehinderten Schuß frei. Das Rohr war immer noch nicht zu sehen, außer wenn man direkt hinter dem Lastwagen stand, und bis jetzt waren keine patrouillierenden Soldaten im Todesstreifen aufgetaucht.
    Nur zwanzig Sekunden waren vergangen, seit der Möbelwagen zu reversieren begonnen hatte. Willie nahm das zweite Seil und riß kräftig an. Der Wagen vibrierte ein wenig. In der mit Sägemehl bestreuten Zirkusarena hätte es Rauchwolken und einen lauten Krach gegeben, um die Wirkung zu steigern.
    Jetzt entstand erstaunlich wenig Lärm, als die Druckluft in der Kammer explodierte – bloß ein dumpfer, schwerer Knall.
    Aus ihrem Wäschereiwagen konnte Modesty einen Augenblick lang das schwarze, wurstförmige Geschoß sehen, das über Todesstreifen und Mauer flog, immer noch stieg, um dann – langsam sich überschlagend – abwärts zu sinken. Es war verschwunden, und sie bezweifelte, daß ein anderes Auge diesseits der Mauer es erspäht hatte.
    Sie startete den Motor. Willie war aus dem Möbelwagen gestiegen und kam auf sie zu, offenbar nicht in Eile, aber mit langen Schritten. Sie öffnete ihm die Tür und kuppelte ein, während er sich neben sie setzte. Die ferne Stimme rief über den Lautsprecher: «Schnitt! Okay, Kinder – Das wird kopiert!»
    Sie bog um eine Ecke und entfernte sich von der Mauer – offenbar ohne Eile, aber doch ein gutes Tempo haltend. Hinter ihnen glitt der Strahl eines kleinen Suchlichtes vom nächsten Beobachtungsturm die Mauer entlang und fuhr unsicher auf und nieder.
    Eine deutsche Stimme erteilte über ein Megaphon Befehle. Fünf Minuten später, als dieser Mauerabschnitt von den verschiedensten Aktivitäten belebt war, aber bereits weit hinter ihnen lag, ließen sie den Wäschereiwagen in einer schwach beleuchteten Seitengasse der Prenzlauer Allee stehen. Willie hatte seinen Overall ausgezogen und war wieder Herr Jorgensen. Modesty hatte Kopftuch und Pullover abgelegt und war wieder seine Sekretärin. Sie bogen in die Prenzlauer Allee ein und

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