Modesty Blaise 07: Die silberne Lady
Körper glitt aus seinem schwachen, nicht mehr zupackenden Griff.
In plötzlicher Panik schlug er um sich, um möglichst schnell wieder an die Oberfläche zu kommen, aber jetzt war sie hinter ihm. Ein Arm glitt unter sein Kinn und preßte sich fest gegen seinen Hals, als die Hand am anderen Arm, am Ellbogen Halt fand. Die Hand dieses anderen Arms stemmte sich gegen seinen Hinterkopf. Wenn Sexton nicht so ungewöhnlich stark gewesen wäre, hätte dieser Griff seinen Hals gebrochen. Ihre Beine schlangen sich um seine Mitte und drückten seine Rippen zusammen.
Auf festem Boden hätte er den Halsgriff auf fünf verschiedene Methoden brechen können, oder auch nur durch Einsatz seiner Kraft. Aber hier fanden seine Füße keinen Grund, und die lähmende Kälte zehrte an der Kraft seiner mächtigen Muskeln. Er mußte kämpfen, um sein seelisches Gleichgewicht wiederzufinden, und griff nach ihrem Oberarm, um seine Finger in ein Nervenzentrum zu bohren. Aber seine Finger glitten über ihre fettige Haut, und sie hämmerte mit der Ferse in seine Leiste und verwendete das andere Bein als Paddel, so daß ihre verklammerten Körper langsam hintenüber rollten.
Wasser drang in Sextons Nase. Er blies es aus und verlor dabei kostbare Luft. Plötzlich ergriff ihn Panik, und er schlug um sich, nach Schenkel, Schulter, Arm, Gesicht, nach allem, was er erreichen und aufreißen konnte, um ihren Griff zu lösen.
Irgendwie bekam er ihren Fuß zu fassen und versuchte, den Knöchel zu brechen. In seinem Kopf dröhnte es, seine Lungen brannten qualvoll. Der Griff um seinen Hals lockerte sich. Hoffnung schoß in ihm hoch … und verschwand dann endgültig. Auch durch dieses Nachlassen des Griffs hatte sie ihn getäuscht. Sein Zwerchfell suchte Erleichterung für die gequälten Lungen und reagierte, bevor er sich beherrschen konnte.
Er atmete ein – und atmete Wasser.
Dann schloß sich der Halsgriff wieder, und der Mut verließ ihn. Sein besessener Verstand schrie im Todeskampf, daß er getäuscht worden sei, nicht besiegt. Das letzte, was ihm bewußt wurde, war eine Welle von verzehrendem Haß, der alles andere auslöschte, selbst die Angst vor dem Tod.
Modesty fühlte, wie er schlaff wurde. Es war nicht genug; nicht bei Sexton. Ihr eigener Körper schrie nach Sauerstoff, aber sie unterdrückte das Verlangen. Sie nahm die letzten Reste ihrer Kraft zusammen und legte sie in einen plötzlichen Hebelgriff, um den massiven, starken Hals zu brechen.
Tarrant kniete am Seeufer und starrte ins Wasser.
Die gewellte Oberfläche wurde ruhig. Einmal hatte sich das Wasser bewegt, als ihr Bein kurz über die Oberfläche gekommen war, aber das war schon eine Minute her. Seine Nerven, die schon durch die Spannung des Wartens zerfetzt waren, drohten ihn im Stich zu lassen. Es war vorbei. Vor ein paar Minuten, als er im Dinghi über den See gepaddelt war, hatte er gefühlt, wie das eisige Wasser feindselig nach seinen Händen schnappte wie ein Lebewesen. Solche Kälte war tödlich. Sie war verschwunden und hatte Sexton mitgenommen. Sie waren beide tot. Drei Meter links von dem Punkt, auf den er gestarrt hatte, plätscherte plötzlich etwas im Wasser. Sein Kopf fuhr herum. Er sah das Glänzen ihres Körpers im schwarzen Wasser und hörte das lange, keuchende Einatmen, als sie die Luft in ihre Lungen strömen ließ. Ihr Haar hatte sich gelöst und bedeckte ihr Gesicht. Sie warf es mit einer Kopfbewegung zurück und schwamm langsam drei Stöße zum Ufer, wo Tarrant wartete. Als er seine steifen Glieder in Bewegung gesetzt hatte und auf sie zustolperte, hatte sie sich schon aus dem Wasser gezogen und lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Felsen.
«Aaah-haahh … Aaahh-haah … Aaah – haahh.» Ihr keuchender Atem hallte in dem hohen Raum wider. Er hockte neben ihr, streichelte ihre Schulter und flüsterte heiser: «Meine Liebe, meine Liebe … Sie müssen sich anziehen. Die Kälte …»
Sie hob den Kopf, starrte ihn lange Sekunden mit leeren Augen an, dann keuchte sie endlich: «Kleider …»
Als er das Kleiderbündel brachte, hatte sie sich schon aufgerichtet und hockte auf den Fersen. Sie nahm das Wolleibchen und begann sich damit abzutrocknen. Das Wasser rollte vom Fett ab, das ihren Körper bedeckte, vom Fett, das sie vor Sextons Händen bewahrt, das ihr lebenswichtigen Schutz gegen das eisige Seewasser gegeben hatte. Sie stand auf, gab Tarrant das Leibchen zurück und wandte sich um. Als er ihren Rücken abtrocknete, sah er, daß ihr rechter Arm
Weitere Kostenlose Bücher