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Modesty Blaise 07: Die silberne Lady

Modesty Blaise 07: Die silberne Lady

Titel: Modesty Blaise 07: Die silberne Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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anderes übrigbleibt. Er wärmt sich gern auf vor einem Kampf. Ich komme, auch wenn ich kalt bin, gut in Form, also verliert er hier seinen Vorteil der größeren Schnelligkeit.» Sie bewegte einen Arm. «Nein, lassen Sie hier um den Ellbogen einen Streifen frei, Sir Gerald.»
    Während sie sprach, hatte Tarrant die Vorderseite ihres Körpers von der Stirn zu den Leisten und ihre Arme eingefettet. Sie wandte sich halb um, daß er ihren Rücken einreiben konnte, und sagte nach ein paar Sekunden: «Jetzt die Beine bis ganz hinunter. Das ist hier kein Boden für kunstvolle Tritte und Schläge, also wird er mich packen wollen, und da muß ich ihm überlegen sein. Er ist zu stark.»
    Tarrant kniete nieder und gehorchte ihr. Gesäß, Schenkel, Waden, Knöchel – seine Hände bewegten sich über ihre glatte Haut, und er wunderte sich, wie warm sie war. Kein anderes Gefühl beherrschte ihn, keine Verlegenheit oder Regung von Begierde. Nur Trauer. Er fühlte sich wie ein alter ägyptischer Priester, der einen Begräbnisritus ausführt, der einen schönen jungen Körper salbt, zu früh, noch bevor der Tod zugeschlagen hatte.
    Ein heller Lichtschein zeigte sich, wo die Spalte in die Halle einmündete. «In Ordnung», sagte Modesty.
    «Steigen Sie ins Boot, schnell. Drehen Sie es in diese Richtung, paddeln Sie mit den Händen und seien Sie vorsichtig beim Aussteigen. Sie dürfen nicht naß werden.»
    Sie hockte sich nieder und hielt das Dinghi ruhig, während er hineinkletterte, dann warf sie das Seil, ihr Kleiderbündel und die Lampe vor ihrem Helm ebenfalls in das Boot.
    Aus ein paar Zentimeter Entfernung sah Tarrant in ihr Gesicht und erkannte es kaum. Die Züge schienen aus Bronze gegossen, und eine dunkle Entschlossenheit brannte in ihren Augen. Kalt, lastend, durchdringend, urtümlich.
    Sie sagte: «Wenn Sie auf der anderen Seite sind, nehmen Sie die Lampe und gehen Sie weiter. Von hier aus können Sie den Weg nicht verfehlen. Man muß aus einem Loch steigen, aber es ist nicht hoch, und Sie werden dort eine Strickleiter finden. Ich werde nachkommen.»
    Sie gab dem Boot einen leichten Stoß, und im selben Moment veränderte sich ihr Ausdruck. Sie lächelte, ihre Augenwinkel zogen sich dabei zusammen in dieser Art, die er so gut kannte, und sie nickte ihm aufmunternd zu.
    «Machen Sie sich keine Sorgen», sagte sie freundlich.
    «Diesmal gewinnen wir.»
    Dann stand sie auf, wandte ihm den Rücken zu, stellte sich in die Mitte der flachen Felsplatte und wartete mit hängenden Armen. Tarrant fing an zu paddeln und wußte, daß sie ihn von diesem Augenblick an völlig vergessen hatte.

14
    Sexton war da. Mit gleichmäßigem Schritt kam er die Stufen der Rampe vor dem Spalt herunter und trat in den großen Lichtkegel der Drucklampe. In den Händen trug er eine große Taschenlampe und eine Maschinenpistole. Tarrant zog sich mühsam am anderen Ufer hinauf und wandte den Kopf. Er konnte seine Augen von der Szene vor ihm nicht wegreißen. Es war, als schaue man auf eine hellerleuchtete Bühne.
    Modesty hatte sich ein wenig zur Seite bewegt und umgewandt, so daß sie jetzt im Dreiviertelprofil zu ihm stand, und beobachtete Sexton, als er den Hang herunter und auf sie zukam. Das Licht fiel auf seine goldenen Haare. Die Spiegelung des reflektierten Lichts, das von den glitzernden Nadeln in der Kuppel leuchtete, machte ihren Körper zu Silber. Ihr straff zurückgebundenes Haar glänzte wie ein schwarzer Helm. Wenn ihr ruhiger Atem ihre Brust nicht langsam gehoben und gesenkt hätte, hätte man sie für eine Wappenfigur halten können. Eine Frau aus Silber, schwarz gekrönt.
    Das Blut pochte in Tarrants Kopf, und das Gefühl der Wirklichkeit verließ ihn. Hier, in diesem zeitlosen Schoß der Erde, fühlte er das Gewicht von Jahrtausenden auf sich ruhen, und als er gebannt über den schwarzen See starrte, schien Modesty ein fleischgewordener Mythos zu sein: die Tochter des Mars, die höchste Meisterin der Künste des Kampfes, die eine Atmosphäre von Frische, Spannung und Kampfeslust mit sich brachte. In seiner Erschöpfung und Verwirrung schien es ihm, als höre er den stählernen Klang von Trompeten und kriegerische Musik. Das war der Augenblick, wo alle feineren Abstufungen weggewischt waren, es gab nur noch eine kristallharte Alternative: zu töten oder zu sterben. Sie war zu beidem bereit.
    Ein paar Herzschläge lang spürte Tarrant den berauschenden Glanz ihrer Herausforderung so stark, daß er das dunkle Grauen verwischte, das

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