Modesty Blaise 08: Heiße Nächte für die Lady
Halazontabletten zum Reinigen des Wassers, ohne Schußwaffe, ohne Ersatzkleidung, ohne Hängematte … fast ohne alles hat man die Chance, in diesem Dschungel wenigstens eine Weile zu überleben. Aber ohne Machete war man verloren.
Aus einer anderen Tasche zog Maude etwas, das wie ein Brocken morsches Holz aussah, steckte es in den Mund und begann es zu kauen. Das war Cambo, das Mark der Corosopalme, geschmacklos, aber mit einem gewissen Nährwert. Willie sparte die Nahrungskonzentrate für den Fußmarsch durch den Dschungel, und sie hatten so lange wie möglich von dem gelebt, was die Natur ihnen bot. Gestern hatten sie Iguanafleisch gegessen, den Tag davor ein Stück von einem kleinen Affen, beides Opfer von Willies einmaliger Geschicklichkeit mit den Wurfmessern. Von beidem war ihr übel geworden, aber sie hatte es fertiggebracht, das Zeug unten zu behalten.
Der Dschungelkursus, an dem sie mit der Armee in Brunei teilgenommen hatte, war schwer gewesen, aber das hier war eine andere Kategorie. Schmerzen und Erschöpfung, Insekten, Hitze, Feuchtigkeit, Angst und die ganze Palette von Mühsal und Leiden, die der Urwald auferlegte, konnte sie stoisch genug ertragen. Aber daß sie von ihren Freunden, denen sie vertraute, an der Nase herumgeführt wurde, das war bitter.
Willie Garvin drehte sich, noch immer kauernd, zu ihr herum, die zusammengefaltete Karte in der Hand.
Sie sah, daß sein Hemd schwarz von Schweiß war, verklebt von der pausenlosen Machetenarbeit, daß sein Gesicht von Insektenstichen verschwollen und zerkratzt war. In den ersten Tagen hatte er sich ihr gegenüber als der gutgelaunte Willie Garvin gegeben, gelöst und fröhlich, wie sie ihn kannte, aber schrittweise war eine gewisse Spannung zwischen ihnen aufgekommen, und als er sie jetzt anblickte, waren seine blauen Augen überhaupt nicht mehr fröhlich.
Er sagte: «Noch eineinhalb Kilometer auf dem Fluß. Ich hoffe, wir schaffen das morgen.»
«Dann gehen wir in den Dschungel?»
«Nicht wir gehen, Maude, sondern ich gehe. Ich werde dir eines der Gewehre und die gesamte Ausrüstung hier lassen. Ich baue dir noch einen Unterschlupf, bevor ich losziehe. Du kannst es da gut ein oder zwei Wochen aushalten, bis ich dich wieder abhole.»
Eisiger Schrecken erfaßte sie, und sie fuhr ihn an:
«Du hast wohl nicht mehr alle beisammen, was?»
«Nein.» Er zuckte kurz die Achseln. «Es funktioniert nicht, Maude. Ich habe einen Fehler gemacht.»
«Funktioniert nicht?» Ihre Stimme hob sich und zitterte. «Sag mir, was ich falsch gemacht habe!»
«Nichts. Du hast gearbeitet wie ein Maultier und hast dich nicht ein einziges Mal beklagt. Aber du bist nicht bei mir, meine Liebe. Du bist eine Million Kilometer weit weg. Und das bißchen, das zu mir durchdringt, sind nur böse Schwingungen.» Er schüttelte den Kopf. «Der Urwald macht die verrücktesten Dinge. Ich glaube, das ist das Problem. Vielleicht siehst du es nicht richtig, vielleicht liege ich falsch. Aber wir sind völlig aus dem Gleichklang, und das ist nicht gut; schlimmer noch, es ist gefährlich. Ich wünschte, ich hätte Zeit, dich zurückzubringen, aber das ist nicht möglich, und ich habe etwas zu tun.» Er stand auf. «Deshalb mache ich das Ganze lieber allein, Maude.» …
Sie erhob sich ebenfalls, starrte ihn an, ihr Körper bebte: «So geht das Possenspiel also zu Ende? Die dumme kleine Maude ein paar Wochen allein im Dschungel, und sie wird bald über das hinwegkommen, was der böse Paxero ihr angetan hat.»
Er zwinkerte verwirrt. «Possenspiel?»
«Mein Gott, du denkst doch nicht, ich hätte das alles geglaubt, oder? In Ordnung, zuerst ja, aber nicht lange.» Sie schluckte schwer. «Ihr habt vielleicht alle gedacht, es wäre gut für mich, das ganze MaudeHilfskomitee. Na schön, dann danke ich dir schön, und Tarrant und Modesty und weiß der Teufel wem noch. Aber nun könnt ihr dahin gehen, wo der Pfeffer wächst.»
Willie Garvin sah das fleckige Gesicht vor sich, auf dem die Insektencreme glänzte, und er begriff vieles, was ihm in den letzten Tagen unerklärlich vorgekommen war. Er bückte sich nach dem Sack mit dem Boot und sagte gelassen: «In Ordnung, Maude. Wir wollen jetzt das Boot aufpumpen.» Er zerrte den zusammengefalteten Bootskörper heraus und schnallte die kleine Fußpumpe von seinem Packen.
Sie stand vor ihm und sah ihm zu, verlegen, dann sagte sie unsicher: «Kein Kommentar?»
«Zeitverschwendung.»
«Richtig. Aber … aber du kannst vergessen, mich ein paar
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