Modesty Blaise 08: Heiße Nächte für die Lady
Sehr viele meiner Agenten haben natürlich kein Recht, dort zu sein, wo sie sich aufhalten. Und, soviel ich weiß», fügte er entschuldigend hinzu, «ist der Name dieses Landes jetzt Belize.»
«Auf dieser Karte steht aber Britisch-Honduras.»
«Ich nehme an, daß die Kartographen heutzutage eine verlorene Schlacht gegen die ständigen Veränderungen führen, Herr Minister.»
«Ja.» Der Minister lehnte sich zurück und starrte gedankenverloren gegen die Decke. «Mir wurde gesagt, daß wir eine Garnison von etwa sechshundert Mann dort haben.»
«Ja. Ich trage gerade die Bitte vor, daß ein Trupp in Zugstärke in Alarmbereitschaft stehen und durch Hubschrauber eingeflogen werden soll, wenn der Funkspruch kommt. Falls er kommt.»
«Garvin steht in Funkverbindung?»
«Nicht direkt. Die Menge dessen, was er mitnehmen konnte, war begrenzt. Er hat nur ein kleines Gerät, das etwa zehn Minuten lang ein Signal aussendet, den sich fortwährend wiederholenden Buchstaben G. In Benque Viejo halten ständig zwei Leute Wache, um die Signale abzuhören.»
Der Minister runzelte die Stirn. «Ich bin sicher, etwas darüber gelesen zu haben, daß Guatemala Ansprüche auf Belize erhebt.» Er lächelte distanziert. «Ist das nicht der Grund dafür, daß Belize ungefähr die einzige Kolonie ist, die sich der Unabhängigkeit widersetzt? Weil man dort weiß, daß dann eine Invasion zu erwarten ist?»
Tarrant tat, als überlegte er. Dann entgegnete er:
«Wäre es Ihnen recht, wenn ich das überprüfe, Herr Minister?»
Der Minister warf ihm einen kurzen Blick zu und antwortete hastig: «Nein, nein, ich bin sicher, daß ich recht habe. Und in diesem Falle wollen wir doch keinen Zwischenfall mit Guatemala, nicht wahr? Die CIA hat doch diese Ente losgelassen, wieso können die dann nicht ein paar Soldaten einsetzen?»
«Sie haben in diesen Tagen die Idee, irgendwo Soldaten einzusetzen, so ziemlich fallengelassen, Herr Minister.»
Der Minister blickte auf die Uhr. «Das ist eine komplizierte Angelegenheit. Ich kann nicht behaupten, daß ich viel von Ihren Hilfsmaßnahmen halte, Tarrant, oder von dem ganzen Unternehmen überhaupt.»
«Es ist de facto gar nicht mein Unternehmen. Modesty Blaise ist entführt worden, und Garvin und eine andere Person sind sie suchen gegangen. Ich versuche jetzt nur, Hilfsmaßnahmen einzuleiten.»
«Ich kann den Einsatz von Truppen nicht genehmigen, nicht einmal den Einsatz eines einzigen Zuges, nicht zu diesem Zweck.»
«Ich dachte daran, daß eine Manöverübung arrangiert werden könnte, Herr Minister. Die Grenze verläuft durch die Maya-Berge und ist nicht allzu genau festgelegt. Ein Fehler beim Kompaßablesen könnte einen Hubschrauber leicht achtzig Kilometer oder so vom Kurs abbringen. Keiner weiß genau, was er eventuell vorfinden wird, aber es muß so etwas wie eine … menschliche Ansiedlung sein. Und derjenige, der das Kommando über die Truppenübung hat, könnte tatsächlich dort landen, auf irgendeinen Notruf hin … wobei er natürlich annimmt, daß der Notruf aus dem Urwald von Belize kommt.»
Nach kurzem Schweigen sagte der Minister: «Es ist ein Jammer, daß wir nichts unternehmen können. Wenn das, was Sie befürchten, wahr ist, könnte es uns eine Menge wertvoller Pluspunkte in nützlichen Bereichen einbringen. Aber da haben wir es. Ich kann einfach nicht den Einsatz von Truppen genehmigen.» Er blickte wieder auf seine Uhr. «Ich danke Ihnen, Tarrant.» Er erhob sich, schaltete das Tonbandgerät aus und begleitete Tarrant zur Tür. «Sie halten mich natürlich über alle Entwicklungen auf dem laufenden.»
«Gewiß, Herr Minister.»
«Und ich bin sicher, Sie werden einen durch und durch zuverlässigen Piloten für den Hubschrauber auswählen.»
Die Öllampe in der kleinen hölzernen Kirche verlosch nie. Sie hing über dem einfachen Altar. Bänke waren nicht vorhanden. Zu dieser Zeit, eine Stunde nach dem Abendessen, befanden sich sieben Personen in der Kirche. Danny Chavasse war eine von ihnen. Er stand neben der angelehnten Tür und paßte auf. Die übrigen drängten sich hinter ihm, und ihre Stimmen klangen gedämpft.
Marker sagte gerade aufgebracht: «Du willst uns doch nicht weismachen, daß Modesty es wußte? Daß sie davon wußte, bevor sie hierherkam? Dann zum Teufel, warum hat sie nichts Richtiges unternommen?»
Crosier antwortete: «Sie wußte es nicht direkt, sie vermutete es nur. Und wenn sie versucht hätte, etwas Offizielles zu unternehmen, wären wir inzwischen
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