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Modesty Blaise 11: Die Lady spannt den Bogen

Modesty Blaise 11: Die Lady spannt den Bogen

Titel: Modesty Blaise 11: Die Lady spannt den Bogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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in Wiltshire. Dort waren sie an einen Stand gekommen, wo man Preise gewinnen konnte, wenn man eine Zielscheibe mit einem Spielzeugblasrohr traf, einem etwa einen Meter langen, dünnen Rohr. Die Pfeile waren aus Plastik, mit kurzer Fiederung und Gummisaugnäpfen statt richtigen Spitzen. Willie hatte sich damals sehr über die Treffsicherheit gewundert, die er mit diesem doch scheinbar ziemlich primitiven Schießgerät offenbar erreichen konnte.
    Zwei Wochen danach war Modesty ihn in
The Treadmill
besuchen gekommen, und er hatte sie in seine Werkstatt hinter dem großen Trainingsraum geführt, um ihr ein dünnes Messingrohr mit schön geschwungenem Mundstück und einen Pfeil aus Stahldraht zu zeigen, an dessen hinterem Ende ein Wulst angeschweißt war. Dieser Wulst war genauso breit wie der Innendurchmesser des Blasrohres. Im Trainingssaal hatte er ihr dann an einer seiner Zielscheiben zum Messerwerfen nicht nur gezeigt, wie bemerkenswert präzise diese Waffe war, sondern auch die erstaunliche Durchschlagskraft, mit der die Projektile in ihr Ziel eindrangen.
    Innerhalb von sieben Sekunden hatte er auf eine Distanz von zehn Metern drei Pfeile in einen zehn Zentimeter weiten Ring auf der Zielscheibe geschossen. Der erste war aus nicht angespitztem Draht und bohrte sich mehr als einen Zentimeter tief in das Kiefernbrett. Die nächsten beiden, die vorn nadelspitz zuliefen, drangen noch mehr als doppelt so tief ein.
    »Ich bin völlig geschafft, Prinzessin, weil ich einfach nicht verstehe, wie das möglich ist«, gestand er, als er das Messingrohr sinken ließ. »Das Ding hat keinerlei Visiereinrichtung, also zielt man nur instinktiv, aber es trifft viel genauer, als man es für möglich hält. Und man braucht nicht einmal Stabilisatoren, nur diesen elastischen Wulst da. Außerdem ist da noch die extreme Tiefenwirkung: Ich hab eine Rinderkeule als Ziel aufgehängt und aus dieser Entfernung einen Pfeil bis zum Wulst am hinteren Ende hineingeblasen. Hab auch schon überlegt, wie man das Verhältnis von Atemdruck und Geschwindigkeit ausrechnen könnte, aber das ist ziemlich kompliziert. Vielleicht benutzen die Pygmäenvölker nur deshalb Giftpfeile, weil sie so kleine Lungen haben, aber mit diesem Gerät hier kann man auch ohne Curare jemanden auf bis zu zwanzig Metern töten, wenn man genau trifft.«
    Sie untersuchte das Blasrohr und die Pfeile. Waffenkunde war eigentlich eher Willies Steckenpferd, aber ihr Interesse daran war auch nicht eben gering. Sie wäre auch schon lange umgekommen, wenn es sich anders verhalten hätte. »Darf ich’s selbst mal probieren, Willie?«
    »Na klar.«
    »Es mag schon stimmen, daß man dabei nur mit dem Instinkt zielt, aber etwas anderes machst du doch auch nicht, wenn du deine Messer wirfst. Oder überhaupt irgendeinen Gegenstand. Das ist ja eigentlich dieselbe Kategorie von Waffen. Aber ich hab kein Talent zum Werfen, deswegen bin ich mit diesem Ding wahrscheinlich auch nicht so gut.«
    »Schon möglich. Kommt auf einen Versuch an.«
    Zu ihrer Überraschung war es bereits nach zehn Minuten klar, daß sie weitaus besser schoß als Willie: Wo er seine Pfeile in einem Umkreis von zehn Zentimetern plaziert hatte, saßen ihre alle doppelt so dicht beieinander. Wenn sie danach mit ihm zusammen ihre Fertigkeiten im Nahkampf und mit verschiedenen Waffen trainiert hatte, dann waren sie jedesmal auch eine Zeitlang mit einem kleinen Wettschießen am Blasrohr beschäftigt gewesen, und dabei war ihr Ziel noch genauer geworden.
    Nun stand sie im Krankenzimmer auf dem Unterdeck des Bohrschiffes und betrachtete erst das Blasrohr und den kleinen Pfeil, dann die schmalen, blattförmigen Entlüftungsritzen in der Tür. »Das Rohr ist so dünn, daß es durchpaßt«, flüsterte Willie. »Einen Wulst habe ich so schnell nicht fertigbekommen, aber dafür hab ich diese Plastikfiederung hinten angebracht, damit der Pfeil nicht so leicht aus der Bahn kommt, und vorne ist der Kolben ein bißchen verjüngt, um ihm eine bessere Aerodynamik zu geben. Glaubst du, daß du ohne Mundstück auskommst?«
    Sie nickte. Das war kein Problem. Es blieb nur die Frage, ob der Pfeil richtig fliegen würde. Sie nahm Pfeil und Blasrohr an sich und stellte sich an einer Wand bei der Tür auf. Willie ging lautlos ans andere Ende des Raumes, nahm eine graue Matratze vom nächsten Bett und lehnte sie gegen die Wand. Mit einem roten Filzstift von Jakoubeks Schreibtisch malte er einen fünf Zentimeter großen Kreis darauf und in die Mitte

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