Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Modesty Blaise 11: Die Lady spannt den Bogen

Modesty Blaise 11: Die Lady spannt den Bogen

Titel: Modesty Blaise 11: Die Lady spannt den Bogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
Vom Netzwerk:
Gewebebezirke völlig zu entspannen. Als sein Körper die Ruhe gefunden hatte, rief er sich das Bild eines kleinen, runden schwarzen Steines vor Augen. Mit Hilfe dieses symbolischen Objekts hatte er damals viele Tage lang in der Wüste unter Anleitung von Sivaji meditiert. Er hatte es seither nie wieder gesehen, und es war ein ganz einfacher Stein, aber er hätte ihn unter Millionen anderer Steine wiedererkannt, an der Wesenheit, die ihm innewohnte. In seinem inneren Ohr hörte er die rhythmischen Silben des
Mantras
, das ihm damals gegeben worden war, und nach kurzer Zeit verblaßten Bild und Klang, und er glitt in den Schlaf.
    Ein Teil seines Bewußtseins blieb jedoch wach, als hätte sich ein Stück seines Wesens aus dem Körper gelöst, um Wache zu halten. Es schwebte nicht über ihm in der Luft oder war irgendwie dreidimensional zu beschreiben, noch war dieses Bewußtsein visuell. Den visuellen Zustand hatte er nur ein einziges Mal erreicht, nach mehreren Tagen geistiger Einstimmung. Modesty hatte es einige Male geschafft, und einmal war es ihr sogar gelungen, ihren Gesichtssinn über die Wände des Raumes, in dem sie lag, hinauswandern zu lassen, eine Fähigkeit, die Sivaji jederzeit zur Verfügung stand.
    Aber trotz zwei oder drei weiterer Versuche hatte sie diesen Grad der Konzentration nicht wieder erreicht.
    »Ich bin wohl ganz einfach nicht rein genug, Willie-Schatz«, hatte sie damals im Scherz geklagt. »Aber eigentlich ist es mir auch lieber so.«
    Im Laufe des Vormittags hielt sich Dr. Jakoubek eine halbe Stunde im Lazarett auf, um auf seinem Schreibtisch einige Papiere zu ordnen, und später noch einmal zehn Minuten, um die Schnittwunde eines der Küchenjungen zu reinigen und zu nähen. Beide Male hatte er die Gefangenen einer oberflächlichen Untersuchung unterzogen. Puls und Atem gingen verlangsamt, und die Pupillen waren stark erweitert. Dr. Jakoubek wäre kaum darauf gekommen, daß die Symptome einer Schlafmitteleinwirkung ziemlich exakt durch eine selbst herbeigeführte Trance imitiert werden konnten.
    Um ein Uhr kehrte er zurück, um eine weitere Spritze zu verabreichen. Diesmal begleiteten ihn Colonel Golitsyn und Earl St. Maur. »Reicht die Betäubung aus, Doktor?« wollte der Major wissen.
    Jakoubek zog die Nadel aus Modestys Oberschenkel und stach damit von neuem durch den Gummieinsatz der Flasche. »Absolut«, antwortete er. »Darüber hat nie ein Zweifel bestanden.«
    »Gut.« Der Major warf Golitsyn einen Blick zu.
    »Dann werden Sie ja wohl zufrieden sein, Colonel?«
    Der Russe nickte. Die kurzfristige Selbstvertrauenskrise war nun vorüber, und er ärgerte sich, daß er sie gezeigt hatte. »Wir sollten alle damit zufrieden sein, daß wir diese beiden hier fest in der Hand haben«, bemerkte er. »Wissen Sie, daß Garvin die polnischen Zwillinge erledigt hat?«
    »Wirklich? Donnerwetter.« Ausnahmsweise zeigte sich der Earl einmal beeindruckt. »Dann ist er tatsächlich recht gut. Wirklich ein Pech, daß wir ihn nicht anwerben konnten, aber so ist das eben.«
    »Um wieviel Uhr möchten Sie die beiden angezogen und fertig zur Übergabe auf das Mutterschiff haben?« fragte Golitsyn. »Ich werde ein paar von Szabos Leuten kurz vor dem Ablegen herunterschicken. Rechnen wir eine Viertelstunde für das Ankleiden – das ist nicht so leicht mit reglosen Körpern. Es wäre mir sehr recht, wenn Sie ihre Sachen zum Anziehen bis neunzehn Uhr herbringen ließen.«
    »Dafür werde ich sorgen, Major. Vermutlich wollen Sie ihnen auch die Waffen wieder zustecken, die sie dabei hatten?«
    »Ja, aber nur Garvins Messer und ihre Pistolen. Ach ja, und dann noch dieses Kongo-Ding, das sie immer verwendet. Die Dietriche und das sonstige Kleinzeug können Sie vergessen. So etwas würden sie bei einer Aktion wie
Morgenstern
nicht bei sich tragen.«
    »In Ordnung.«
    Dr. Jakoubek stellte die Injektionsspritze und die Flasche auf dem Schränkchen ab. »Brauchen Sie mich noch, Genossen?«
    Golitsyn schüttelte den Kopf. St. Maur erwiderte mit eiskalter Stimme: »Nennen Sie mich nicht Ihren Genossen, verdammt nochmal!« Golitsyn kicherte und ging zur Tür. Er war sich seiner nun wieder sicher, aber er würde auf keinen Fall vorschlagen, Szabo von seinem Wachposten im Korridor wieder abzuziehen.
    Damit würde er nur von neuem an seine unnötige Furcht von vorhin erinnern.
    »Denken Sie bitte daran, die Bestände an Erste-Hilfe-Material auf dem Inselstützpunkt zu überprüfen«, bat er. »Geringfügige

Weitere Kostenlose Bücher