Modesty Blaise 11: Die Lady spannt den Bogen
wutschnaubend auf. Casey schaltete sich ein: »Vielleicht bedrängen wir Miss Blaise ein bißchen zu sehr, Frank. Wäre es nicht besser, wenn ich hier übernehme, während Sie sich mal mit Langley in Verbindung setzen? Soviel mir Ben einmal erzählt hat, steht sie dort in einem ziemlich guten Ruf …«
»Wie bitte?« keuchte Dean. Sein Blick war immer noch auf Willie gerichtet.
Casey war die Ruhe selbst. »Nachdem sie Ben damals bei seinem Auftrag mit den Rauschgiftschmugglern im Mittelmeer das Leben gerettet hatte, ist es ihm gelungen, sich einen Einblick in ihre Akte beim CIA zu verschaffen, zum Beispiel in ihre Rolle bei der Aktion
Säbelzahn
, und später war dann noch …«
Dean unterbrach ihn schon wieder. »Jetzt halten Sie aber mal die Luft an, Tom. Gestern ist jedenfalls ihretwegen Ben Christie gestorben, und bei mir hat sie ganz und gar keinen guten Ruf.«
Casey blickte zu Boden, und als er wieder aufsah, verriet sein Gesichtsausdruck nichts von seinen Gefühlen. Jeans Blick wanderte nun langsam durch das Zimmer. Seine hochmütige Selbstsicherheit war ein wenig abgebröckelt, und er hatte jetzt alle Hände voll damit zu tun, wieder Herr der Lage werden. Von ihrer Beobachtungsposition bei der Tür hatte Beryl den Eindruck, daß ihn vor allem Willie Garvins scheinbar freundliche Miene ziemlich aus der Fassung brachte.
Dean warf Modesty einen wütenden Blick zu. »Gut. Machen wir also weiter.«
Die ganze Zeit hatte sie mit den Händen in den Taschen ihres Bademantels dagestanden, den Kopf ein wenig schief und mit einem abwesenden Gesichtsausdruck, als wäre sie weit weg von der feindseligen Atmosphäre im Zimmer. Nun sah sie Dean ruhig und höflich an und wartete.
Er nahm den Faden wieder auf. »Wir hatten festgestellt, daß Sie Ben Christie im Restaurant getroffen und seine Tarnung zunichte gemacht haben. Dann sind Sie das Risiko eingegangen, ihn noch weiter zu gefährden, indem Sie ihn von Doktor Crozier hier haben beschatten lassen, einem Mann, der nicht die geringste Erfahrung in solchen Angelegenheiten besitzt. Sie haben es für angemessen erachtet, dem CIA in Langley eine Nachricht über das Britische Secret Service zu übermitteln, dem ja wohl kaum die Bedeutung des Begriffs ›Verschwiegenheit‹ bekannt ist, und sind darüber hinaus noch in eine ganz offenkundige Falle getappt, woraufhin Sie an Bord des Fischkutters
Old Hickory
gebracht wurden. Ihrer Aussage zufolge können Sie drei der vier Männer auf dem Schiff genauestens beschreiben. Der Name des vierten war Sandy, aber Sie haben ihn nicht zu Gesicht bekommen. Außerdem können Sie eine Beschreibung der beiden anderen Männer geben, dieser Einsatzgruppe der
Watchmen
, die sich als CIA-Agenten ausgaben und Sie offenbar mühelos gefangennehmen konnten. Als Sie an Bord gebracht wurden, hatte Ben Christie eine frische Schußwunde an der Schulter. Also, machen wir jetzt von da ab weiter. Wer hat auf ihn geschossen?«
»Ben hat mir gesagt, es sei Szabo gewesen.« Weder in ihrer Stimme noch in ihrer Haltung war Ärger über Deans gefühllose Zusammenfassung der Ereignisse zu spüren. »Warum haben sie Christie denn nicht schon vorher erschossen? Seine Legende war doch wertlos ab dem Zeitpunkt, als dieser Oberon Sie beide zusammen gesehen hat.«
»Ich kann Ihnen nicht die Motive von anderen Leuten erklären, Mr. Dean. Mich haben sie ja auch nicht erschossen. Ich nehme aber an, daß sie uns beide noch in guter Verfassung behalten wollten, damit wir zusehen konnten, wie die Brücke in die Luft fliegt.«
»Und warum haben sie dann vorher doch auf Christie geschossen.«
»Als Ben von dem Plan mit der Brücke erfuhr, da hat er seine Tarnung völlig aufgegeben. Wie er mir erzählt hat, wollte er den Sender mit seiner Pistole zerstören, aber Szabo war darauf schon vorbereitet, und Ben bekam aus nächster Nähe eine Kugel in die Schulter, bevor er abdrücken konnte.«
Willie Garvin sah sie nicht einmal an, und trotzdem war er der einzige Mensch im Zimmer, dem klar war, daß dieser letzte Teil ihrer Aussage eine Lüge gewesen war. Modesty fuhr jedoch fort, gab ihr Gespräch mit Oberon wieder und berichtete, wie man sie auf das Achterdeck gebracht hatte. Casey überprüfte währenddessen den Kassettenrecorder. Dean fing an, auf und ab zu gehen, wobei er immer den Kopf drehte, um Modesty im Auge zu behalten. Nach kurzer Zeit unterbrach er sie. »Man hatte Ihnen also zwei Pistolen abgenommen, eine davon war sogar versteckt, außerdem offenbar noch alle
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