Modesty Blaise 11: Die Lady spannt den Bogen
was sie konnte, um Bens Blutung zu stillen und ihn über Wasser zu halten. Eine Zeitlang war er auch bei vollem Bewußtsein und hat ihr gesagt, Oberon und sein Team seien von den
Watchmen
oder stünden jedenfalls in Verbindung mit den
Watchmen
. Ihm haben sie erzählt, die Aktion mit der Brücke fände im Namen der Armenischen Freiheitskämpfer statt. Ben meinte, daß das wohl Blödsinn war, und Modesty findet das auch, aber das haben sie ihm auf alle Fälle gesagt.«
»Wie lange ist sie mit Ben im Wasser gewesen, bevor sie jemand herausgeholt hat?«
»Etwa fünf oder sechs Stunden, und es hat sie niemand rausgeholt. Sie hat sich völlig verausgabt bei dem Versuch, ihn an Land zu schleppen, aber es ist ihr nicht gelungen. Dann hat sie sich einfach treiben lassen, und so zwischen vier und halb fünf war sie plötzlich dicht vor dem Jachthafen. Ein Mann auf einem der Boote dort hat ihnen herausgeholfen. Er rief für sie die Polizei und einen Krankenwagen, dann hat sie selbst noch mit Kim telefoniert, und ich bin mit ihm direkt nach dem Krankenwagen angekommen. Ben hatte ihr eine Nummer gegeben, um Tom Casey zu benachrichtigen, also hat Kim ihn angerufen, und Casey kam dann zum Krankenhaus. Aber Ben war schon tot. Kim und einer unserer anderen Ärzte sind der Ansicht, daß er wahrscheinlich schon ein paar Stunden lang tot war, bevor sie ihn an Land bringen konnte.«
»Was ist mit der Brücke?«
»Na, ich glaube, die Polizei hat das Ganze zuerst nicht so recht geglaubt, aber Kim ist fuchsteufelswild geworden und hat gebrüllt, wenn sie das sagt, dann sollten sie es ihr gefälligst auch glauben. Dann haben sie sich auf einmal sehr beeilt, die Brücke für den ganzen Verkehr gesperrt und einen Hubschrauber mit einem Sprengstoffexperten hingeschickt. Davon habe ich zwar nichts mitbekommen, aber inzwischen war es schon hell, und später habe ich Casey sagen hören, daß man den Metallring am Brückenseil mit dem bloßen Auge erkennen könne, wenn man nur wußte, wo man ihn suchen sollte. Vom Hubschrauber aus haben sie schließlich einen Armeemajor hinuntergelassen, und der hat das Ding entschärft. Zur Demontage der Bombe hat er zwei Stunden gebraucht, und in den Nachrichten wurde gesagt, daß sie das Kabel seiner Meinung nach tatsächlich ohne weiteres zerfetzt hätte. Sie haben die Meldung erst vor einer Stunde im Radio gebracht, weil nichts an die Reporter weitergegeben werden sollte, bis der Major da oben fertig war. Natürlich war eine Riesenmenschenansammlung rund um die Brücke, aber niemand wußte, worum es eigentlich ging, bis die Polizei dann eine Stellungnahme veröffentlicht hat.«
»Ist Modesty darin erwähnt worden?«
»Nein, überhaupt keine Namen.«
»Na, das ist ja immerhin etwas.« Nach einer Weile fragte er: »Sie sind doch Krankenschwester, Beryl. Ist sie wirklich in Ordnung?«
»Ja, Kim ist sehr zufrieden mit ihr. Er staunt sogar darüber, wie gut es ihr schon geht. Aber …« Sie schüttelte besorgt den Kopf.
»Was, aber?«
»Körperlich sieht man ihr nichts an, aber irgend etwas liegt in ihrem Blick, Willie. Vielleicht sehe ich das besser, weil ich eine Frau bin. Ich glaube, sie hat uns etwas verschwiegen. Etwas, das noch viel schlimmer war, als die ganze Nacht mit Ben in den Armen im Meer zu schwimmen und um sein Leben zu kämpfen und ihn schließlich doch nicht retten zu können.«
»Das klingt gar nicht nach Modesty«, sagte er langsam. »Normalerweise kann sie solche Sachen ganz gut loswerden. Haben Sie es Kim erzählt?«
»Ja, und er war sehr beunruhigt deswegen, aber er hat bis jetzt noch keine Gelegenheit gehabt, mit ihr unter vier Augen zu sprechen. Als wir im Krankenhaus ankamen, war Tom Casey schon da, und sie hat ihm sofort alles berichtet, was geschehen war. Kim wollte sie untersuchen, aber abgesehen davon, daß sie aus ihren nassen Kleidern in einen Bademantel gestiegen ist, hat sie nichts mit sich machen lassen, bevor sie Casey nicht die ganze Geschichte erzählt hatte. Danach mußten wir ihr sagen, daß Ben Christie tot ist. Sie hörte uns nur zu, saß ganz ruhig da, und dann hat sie sich hingelegt und ist eingeschlafen. Das war sehr sonderbar, Willie. Sie ist nicht einmal aufgewacht, als Kim Casey dann endlich rausgeworfen und sie gründlich durchuntersucht hat.«
Vor ihnen schaltete eine Ampel auf Rot. Sie bremste den Wagen sanft ab und drehte sich zu ihm um. »Ich fürchte, das ist so ziemlich alles, was ich Ihnen sagen kann.«
Er warf ihr ein Lächeln zu. »Das war doch
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